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MELDUNG/796: Francesco Pianeta beweist sich gegen Oliver McCall (SB)




Gelsenkirchener Schwergewichtler gewinnt klar nach Punkten

Der Gelsenkirchener Schwergewichtler Francesco Pianeta hat mit Oliver McCall den bislang prominentesten Gegner seiner Karriere bezwungen. Bei einer Veranstaltung seines Boxstalls SES in Frankfurt an der Oder behielt der 27jährige in einem Kampf über zehn Runden klar die Oberhand (98:92, 97:93, 99:91) und blieb damit weiter ungeschlagen. Er hat dank dieses Erfolgs nun 26 gewonnene Auftritte sowie ein Unentschieden vorzuweisen. Ursprünglich war Francois Botha für dieses Duell vorgesehen, doch mußte der Südafrikaner wegen einer Handverletzung kurzfristig absagen. Für ihn sprang der 47 Jahre alte Exweltmeister aus den USA ein, der nun nach 56 Siegen und zwölf Niederlagen die Boxhandschuhe endgültig an den Nagel hängen will. Der frühere Juniorenweltmeister Pianeta hatte seine Laufbahn vor zwei Jahren wegen einer Krebserkrankung unterbrochen. Mit seiner überzeugenden Leistung in Frankfurt konnte er ein weiteres deutliches Signal setzen, daß er seinen Aufstieg zielstrebig fortzusetzen gedenkt.

Wie gut Oliver McCall in konditioneller Hinsicht antreten würde, konnte man im Vorfeld dieses Kampfs nur mutmaßen. Der US-Amerikaner hielt sich ausgezeichnet und ließ in dieser Hinsicht keine Schwäche erkennen, wenngleich er dem 20 Jahre jüngeren Kontrahenten in punkto Schnelligkeit nicht gewachsen war. Pianeta wußte indessen nur zu gut, daß er dem erfahrenen und wuchtig schlagenden ehemaligen Weltklasseboxer kein Ziel bieten durfte, wollte er nicht unverhofft auf den Brettern landen. So machte der Gelsenkirchener denn auch eine gute Figur, solange er die taktische Marschroute durchsetzte und in Bewegung blieb. Verfiel er aber in eine statische Position vor den Fäusten seines Gegners, ließ dieser seine Gefährlichkeit aufblitzen.

Von Beginn an ging Pianeta deutlich aktiver zu Werke als der US-Amerikaner, wobei er in der zweiten Runde seine linke Schlaghand mehrfach ins Ziel brachte. Oliver McCall, der bekanntermaßen viel einstecken kann, zeigte sich jedoch nicht einmal irritiert. Als sich der Gelsenkirchener im folgenden Durchgang vor seinem Gegner aufbaute und diesen auf die Deckung schlagen ließ, konnte man schon ein mulmiges Gefühl bekommen. Erst kurz vor der Pause kam Pianeta wieder in Bewegung und er setzte dies in der vierten Runde mit gelungenen Kontern und Körpertreffern fort. Kaum ließ es der deutsche Schwergewichtler an Frische vermissen, war McCall sofort zur Stelle, um Maß zu nehmen.

Folgte Pianeta den Anweisungen seiner Ecke, fand er zu seiner boxerischen Linie zurück. Dann manövrierte er den US-Amerikaner aus und konnte variabel seine Schläge ins Ziel bringen. Blieb er vor dem Gegner stehen und ließ sich in den Seilen festnageln, kassierte er seinerseits etliche schmerzhafte Treffer. Da McCall wußte, daß er inzwischen nach Punkten im Rückstand lag, verlegte er sich in der neunten Runde auf gewaltige Schwinger, um das Blatt womöglich mit einem Glückstreffer zu wenden. Diese Ansätze waren für Pianeta jedoch so vorhersehbar, daß er die Gefahr abwenden konnte. Auch in der letzten Runde boxte der Gelsenkirchener konzentriert weiter, worauf sich sein Gegner wegen angeblicher Benachteiligung beschwerte und häufig wegdrehte, als spekuliere er auf eine Disqualifikation.

Nach seiner deutlichen Niederlage verkündete Oliver McCall auf der anschließenden Pressekonferenz dann aber vorbehaltlos, er sei nun ein Fan Francescos, der eine gute Linke habe. Lege er sich ins Zeug und lerne weiter dazu, könne er es sicher noch weit bringen. Was ihn selbst betreffe, wolle er sich jetzt wieder mehr um seine Familie kümmern. Im Gegenzug räumte Francesco Pianeta ein, daß Oliver gewaltig zuschlagen könne. Er sei stolz, daß er gegen eine Legende boxen durfte, und betrachte es als eine Ehre, von diesem namhaften Gegner gelobt zu werden. Jetzt werde er noch härter arbeiten, um auf diesen Kampf aufzubauen.

Trainer Dirk Dzemski sprach von einem wichtigen Test seines Schützlings, mit dessen Auftritt er sehr zufrieden sei, wenn man einmal von einer gewissen Konditionsschwäche gegen Ende absehe. Oliver McCall sei ein echter Prüfstein gewesen. Promoter Ulf Steinforth nahm Bezug auf eine Äußerung des US-Amerikaners im Vorfeld und erklärte, der "grüne Junge" habe eine Menge dazugelernt und einen sehr guten Kampf gemacht. Er sei sehr stolz auf Francesco, bei dem er positiv in die Zukunft sehen könne. Daß Pianeta Aufmerksamkeit erregt, läßt sich auch daran ablesen, daß ihn Wladimir Klitschko als Sparringspartner zur Vorbereitung auf seine Titelverteidigung gegen Tony Thompson eingeladen hat, die am 7. Juli in Bern ausgetragen wird.

18.‍ ‍Mai 2012