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MELDUNG/891: An Sergio Martinez kommt keiner vorbei (SB)




Argentinier entthront Chavez als WBC-Champion im Mittelgewicht

Sergio Martinez gilt derzeit als bester Boxer im Mittelgewicht. Wenngleich man sich über die Bedeutung einer solchen Klassifizierung durchaus streiten kann, bleibt doch festzuhalten, daß Julio Cesar Chavez jun. beim Versuch, diese Einschätzung zu widerlegen, gescheitert ist. Der Mexikaner mußte sich in einem Kampf über die volle Distanz von zwölf Runden geschlagen geben und den Titel des Verbands WBC an den Argentinier abtreten. Martinez bot eine überzeugende Vorstellung und konnte fast alle Durchgänge für sich entscheiden (117:110, 118:109, 118:109). Allerdings wäre es Chavez nach einem Glückstreffer in der letzten Runde um ein Haar gelungen, den Kampfverlauf auf den Kopf zu stellen.

Der Argentinier war dank seiner Schnelligkeit und variablen Kampfesweise von Beginn an überlegen. Er ließ Chavez nicht zur Entfaltung kommen, boxte den Mexikaner immer wieder aus und machte auch im direkten Schlagabtausch die bessere Figur. Der Titelverteidiger legte zunächst die für ihn in der Anfangsphase typische Passivität an den Tag und überließ Martinez das Feld, der fast nach Belieben schalten und walten konnte. Zwar gelang es dem Mexikaner, mittels einer recht soliden Deckung schwere Treffer zu verhindern, durch trug er schon in der dritten Runde durch die zahlreichen schnelle Schläge des Herausforderers eine Verletzung im Mundraum davon. Selbst als sich Martinez mitunter in die Seile drängen ließ, schlug er aus dieser Bedrängnis eher Kapital als der angreifende Titelverteidiger.

Erst in der sechsten Runde schien Chavez endlich besser in den Kampf zu finden, doch ging die Mehrzahl der Treffer auch in dieser Phase an den Argentinier. Im folgenden Durchgang zog Martinez das Tempo deutlich an und deckte den Mexikaner mit Kombinationen ein, der jedoch enorme Nehmerqualitäten bewies und seinerseits den Schlagabtausch suchte. Wann immer Chavez besser zur Geltung kam, revanchierte sich Martinez postwendend und baute seinen Vorsprung auf den Zetteln der Punktrichter uneinholbar aus. Eingangs der zwölften Runde sah der Argentinier wie der sichere Sieger aus, als ihn Chavez plötzlich mit einer Rechten überraschte, weitere Treffer im Infight anbrachte und den Gegner schließlich mit zwei linken Haken zu Boden schickte.

Eine sensationelle Wende lag in der Luft, als Martinez nur mühsam wieder auf die Beine kam und weitere wuchtige Schläge einstecken mußte. Zwangsläufig wurden Erinnerungen an den gleichnamigen Vater des Mexikaners wach, hatte der legendäre Julio Cesar Chavez sen. doch in ähnlich aussichtslos erscheinender Lage den US-Amerikaner Meldrick Taylor in letzter Minute niedergekämpft. Martinez überstand jedoch die kritische Situation und verpaßte dem Titelverteidiger kurz von dem Schlußgong seinerseits einige Treffer. Mit diesem insgesamt gesehen souveränen Auftritt verbesserte Sergio Martinez seine Bilanz auf 50 Siege, zwei Niederlagen und zwei Unentschieden. Er ist nun wieder Weltmeister des WBC, das ihm den Titel vor einiger Zeit am grünen Tisch aberkannt hatte. Für den als Champion entthronten Julio Cesar Chavez stehen 46 gewonnene Auftritte sowie je ein verlorener und unentschieden beendeter Kampf zu Buche.

Wie Martinez im anschließenden Interview mit dem Sender HBO hervorhob, habe sich der Mexikaner besser als erwartet geschlagen. Chavez habe mutig gekämpft, nie aufgegeben und schließlich sogar mit seinem linken Haken einen Niederschlag herbeigeführt. Auf jeden Fall sei dieser Kampf eine Werbung für den Boxsport, da man den Zuschauern beste Unterhaltung geboten habe.

In Anspielung auf seinen Vater bedauerte Chavez den mißlungenen Versuch, die Geschichte zu wiederholen. Martinez habe sich unablässig bewegt und ihn daran gehindert, in den Kampf zu finden. Wenngleich es ihm am Ende nicht gelungen sei, den Argentinier zu besiegen, habe er doch der Welt gezeigt, daß er auf dessen Level boxe. Martinez habe mehr einstecken müssen als jemals zuvor, weshalb ein Rückkampf gerechtfertigt wäre. Im übrigen sei es ihm eine Ehre gewesen, am 15. September zu kämpfen, dem mexikanischen Nationalfeiertag.

Wenngleich Julio Cesar Chavez mit seinem Fazit, er sei Martinez ebenbürtig gewesen, dem Kampfverlauf nicht gerecht wird, hat er doch auf respektable Weise durchgehalten und bis zuletzt seine Chance gesucht. Der Argentinier war über lange Strecken eindeutig Herr des Geschehens im Ring und bot den Zuschauern gemeinsam mit Chavez eine attraktive Darbietung, die in einem dramatischen Finale kulminierte.

16. September 2012