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MELDUNG/1102: Der US-Schwergewichtler Amir Mansour hat es eilig (SB)




Als 40jähriger muß er sich bei seinem Gipfelsturm sputen

Der US-amerikanische Schwergewichtler Amir Mansour hat es eilig. Er ist in 18 Profikämpfen ungeschlagen und könnte sich in aller Ruhe an die Spitze der Ranglisten hocharbeiten, wäre er nicht bereits 40 Jahre alt. Da er einen beträchtlichen Teil seines Lebens im Gefängnis verbracht hat und für einen Boxer inzwischen nicht mehr der Jüngste ist, muß er sich sputen, um bei seinem Wettlauf nicht von den über kurz oder lang näherrückenden physischen Grenzen ausgebremst zu werden. Zwischen 2001 und 2010 hatte Mansour eine Haftstrafe wegen Drogendelikten verbüßt. Nach seiner Entlassung kehrte er in den Ring zurück und kämpfte sich mit sieben Siegen in Folge, bei denen er sechs Gegner vorzeitig bezwang, bis auf Platz sieben der WBO-Rangliste voran. Im Dezember 2011 war er unter dem Vorwurf, gegen seine Bewährungsauflagen verstoßen zu haben, zu vierzehn Monaten Gefängnis verurteilt worden, von denen er sieben absitzen mußte. Mithin konnte er erst in einem Alter seine professionelle Karriere fortsetzen, in dem andere die Boxhandschuhe längst an den Nagel gehängt haben.

Er traut sich zu, schon jetzt mit namhaften Gegnern in den Ring zu steigen, doch stößt er dabei auf wenig Gegenliebe. Wegen seiner beträchtlichen Schlagwirkung gilt er als ein Kandidat, der in absehbarer Zeit die Chance auf einen Titelkampf bekommen könnte. Gerade dies macht ihn aber zu einem Gegner, den sich kein prominenter Schwergewichtler als Kanonenfutter holt. Er wandte sich an Tomasz Adamek, Chris Arreola, Seth Mitchell und Tony Thompson, doch nahm keiner von ihnen die Herausforderung an. Wie solle er einen attraktiven Kampf auf die Beine stellen, wenn alle vor ihm wegliefen, fragt sich Mansour. Zeitweise schien es, als habe Fres Oquendo Interesse, der sich als möglicher Herausforderer Wladimir Klitschkos ins Gespräch brachte, jedoch mit diesem Vorhaben gescheitert ist. Wunschgegner Amir Mansours bleibt Tomasz Adamek, da der in New Jersey lebende Pole in den Ranglisten sehr gut plaziert ist. Im Falle eines Sieges gegen Adamek würde Mansour in eine Position vorrücken, die ihn ganz in die Nähe der Klitschkos brächte. Daß der Pole enormen Druck entfalten kann, ist ihm durchaus bewußt. Er selbst sei jedoch so konditionsstark und schlage derart hart zu, daß niemand ihn im Vorwärtsgang bezwingen könne.

Mangels namhafter Gegner mußte Amir Mansour kleine Brötchen backen, als er am 25. Januar den ersten Kampf seit seiner Haftentlassung bestritt. Er bekam es mit Dominique Alexander zu tun, für den 23 Siege, 15 Niederlagen sowie ein Unentschieden zu Buche standen. Alexander hatte immerhin schon mit prominenten Kontrahenten wie Deontay Wilder, Odlanier Solis oder Shannon Briggs im Ring gestanden. Als dann der Kampf eröffnet wurde, war fehlende Praxis zwischen den Seilen Mansours geringstes Problem. Er benötigte keine halbe Minute, um Alexander auf die Bretter zu schicken. Bevor sich die Zuschauer im Dover Downs Hotel & Casino (Delaware) so recht auf das Geschehen im Ring eingestellt hatten, konnte Mansour zwei schwere Körpertreffer landen, denen er eine Kombination zum Kopf folgen ließ. Alexander stürzte zu Boden und wurde vom Referee nach nur 24 Sekunden ausgezählt. Noch schneller hatte ihn nur Shannon Briggs geschlagen, der in 20 Sekunden erfolgreich gewesen war. Wenngleich Alexander dafür bekannt ist, im Zweifelsfall besser nicht stehenzubleiben, konnte man Amir Mansour doch einen überzeugenden Auftritt attestieren.

Nun suchte er für seinen von ESPN übertragenen Kampf am 12. April dringend einen Gegner, der in den Ranglisten plaziert ist, um sich zügig an die Spitze hochzuboxen. Ein idealer Kandidat war auch Jason Gavern nicht, der schließlich verpflichtet wurde, gilt der US-Amerikaner doch lediglich als passabler Aufbaugegner. Ein ernsthafter Prüfstein war er nicht: Vor heimischem Publikum im Dover Downs endete auch Amir Mansours zweiter Kampf in diesem Jahr bereits in der ersten Runde.

An derselben Stelle will der dann bereits 41jährige am 23. August endlich Geschichte schreiben, auch wenn es noch nicht die ganz große ist. Für seinen nächsten Auftritt hat er Carlos Takam ins Auge gefaßt, für den 28 Siege und nur eine Niederlage zu Buche stehen. Vor wenigen Tagen konnte der in Frankreich lebende Kameruner einen wichtigen Sieg gegen den US-Amerikaner Michael Grant feiern. Takam suchte gegen den deutlich größeren Grant immer wieder den Infight und hatte mit dieser Taktik Erfolg. Nachdem er einige Male Schlagwirkung erzielen konnte, gewann er durch Abbruch in der achten Runde.

Was Carlos Takam für Amir Mansour so interessant macht, ist der Umstand, daß der Kameruner als Weltmeister des kleinen Verbands WBF firmiert. Wie Mansour für sich geltend macht, sei er Intercontinentalchampion und Pflichtherausforderer Takams, der ihm folglich nicht mehr aus dem Weg gehen könne. Carlos Takam wurde vor seinem Sieg gegen Grant an Nummer 13 der WBO-Rangliste geführt und dürfte im aktuellen Ranking einen Sprung nach vorne machen. Sollte sich der Kameruner zum Kampf stellen und Amir Mansour gewinnen, könnte sich dieser nach 19 siegreichen Auftritten erstmals mit dem Gürtel eines Weltmeisters schmücken, auch wenn es nur ein marginaler ist. Zudem stünde er mindestens bei der WBO auf einer Position, die ihn zu einem möglichen Kandidaten für einen bedeutenden Titelkampf machen würde.

Fußnote:

[1] http://www.boxen.de/news/amir-mansour-mein-naechster-gegner-ist-carlos-takam-26731

28. Mai 2013