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MELDUNG/1199: Ricky Burns kommt mit einem blauen Auge davon (SB)




Höchst schmeichelhaftes Unentschieden gegen Raymundo Beltran

Der Mexikaner Raymundo Beltran wird seine Reise nach Schottland zeitlebens in schlechter Erinnerung behalten. Er forderte in Glasgow den Lokalmatador Ricky Burns heraus und bestimmte überraschend den Kampf, der jedoch zu seinem Leidwesen mit einem für den WBO-Champion im Leichtgewicht höchst schmeichelhaften Unentschieden endete. Der 32jährige Gast aus Mittelamerika erwies sich zwölf Runden lang als der aggressivere Boxer, der das Geschehen im Ring weitgehend bestimmte und sogar einen Niederschlag erzielte. Hingegen boxte der zwei Jahre jüngere Schotte meist im Rückwärtsgang, nutzte viel zu selten seine Vorteile aus der Distanz und ließ sich immer wieder auf die Halbdistanz ein, in der er klare Schwächen an den Tag legte.

Der Titelverteidiger hatte den Kampf schwungvoll eröffnet, geriet aber bereits in der zweiten Runde erstmals in leichte Schwierigkeiten. Beltran erhöhte zusehends den Druck und brachte vor allem seinen gefährlichen linken Haken sehr viel häufiger ins Ziel, als dem Schotten lieb sein konnte. Burns revanchierte sich kurz vor der Pause mit einigen Treffern, wirkte aber im folgenden Durchgang erneut angeschlagen und verschanzte sich an den Seilen hinter seiner Deckung.

Dieses Bild setzte sich in der fünften Runde fort, als der Mexikaner in der Halbdistanz und im Infight seinen linken Haken ein ums andere Mal wirkungsvoll einzusetzen verstand. Der Titelverteidiger behalf sich mit Klammern, machte dabei aber zwangsläufig die schlechtere Figur. Erst im siebten Durchgang besann sich der Schotte wieder auf seine Vorteile aus der Distanz und sicherte sich damit die Punkte. Doch schon in der nächste Runde wäre es um ein Haar um ihn geschehen gewesen, als er nach einem Schlag die Deckung nicht schnell genug wieder hochzog und erneut von einem linken Haken voll getroffen wurde. Diesmal fand er sich auf dem Boden wieder und wirkte sichtlich angeschlagen, als er wieder auf die Beine kam und den Kampf beherzt fortsetzte. Während der Titelverteidiger versuchte, sich mit eigenen Angriffen Luft und Respekt zu verschaffen, drang der Herausforderer auf ihn ein und versetzte ihm an den Seilen heftige Körpertreffer.

Im neunten Durchgang schien sich Burns wieder gefangen zu haben, doch mußte er nach wie vor zu viele Konter hinnehmen. Als Beltran seinen Gegner in der zehnten Runde wiederum in die Seile drängte, dürfte die Mehrzahl der Zuschauer den Vorsprung des Mexikaners für kaum noch aufholbar eingeschätzt haben. Erst in den letzten beiden Runden ließ der Druck des Herausforderers etwas nach, da der Schotte endlich Wert auf eine behende Beinarbeit legte und sofort klammerte, wenn es dennoch zum Infight kam.

Als die Punktzettel ausgewertet waren und das Ergebnis verkündet wurde, herrschten ungläubiges Staunen und erboster Protest vor, der sich nur deshalb in Grenzen hielt, weil es der Lokalmatador war, der mit einem blauen Auge davongekommen war. Ein Punktrichter hatte den Kampf unverständlicherweise mit 115:112 für Burns notiert, ein zweiter Beltran mit 115:113 in Front gesehen, und der dritte das Duell unentschieden gewertet (114:114). Die drei Resultate summierten sich zu einem schmeichelhaften Unentschieden, so daß der Schotte seinen Gürtel behalten durfte.

Seitdem Ricky Burns zuletzt vor mehr als sechs Jahren gegen Carl Johanneson verloren hatte, konnte er 21 Siege in Folge einfahren. Er gewann die WBO-Titel im Superfeder- und Leichtgewicht, wobei nun bei der vierten Verteidigung des letzteren seine langjährige Siegesserie gerissen ist. Während für den Schotten jetzt 36 Siege, zwei Niederlagen und ein Unentschieden zu Buche stehen, werden für Raymundo Beltran 28 gewonnene und sechs verlorene Kämpfe sowie ebenfalls ein unentschieden beendeter Auftritt notiert. Der Mexikaner hätte es verdient gehabt, sich den Gürtel des Weltmeisters umzulegen, wobei selbst der übertragende Sender Sky Sports zunächst nicht mit Kritik an Burns sparte.

Nachdem der Schotte jedoch im Interview mit Sky Sports dargelegt hatte, worauf seine verhältnismäßig schwache Leistung zurückzuführen sei, ergab sich ein anderes Bild. Wie Burns berichtete, habe er sich frühzeitig den Kiefer ausgerenkt und in der Folge unter starken Schmerzen gelitten. Zudem habe er natürlich Angst vor weiteren Treffern an der Kieferpartie gehabt und sei deshalb in seinen Möglichkeiten stark eingeschränkt gewesen. Dennoch habe er nach dem Niederschlag nicht klein beigegeben, sondern den Kampf erwidert.

Wie Promoter Eddie Hearn in einer ersten Stellungnahme erklärte, werde man Ricky Burns zuallererst ins Krankenhaus bringen. Daß er zehn Runden mit einem ausgerenkten Kiefer durchgehalten habe, sei einfach unglaublich. Bevor es zu einer Revanche mit Raymundo Beltran komme, stehe wohl zunächst eine Pflichtverteidigung an.[1]

Fußnote:

[1] http://www.boxen.de/news/burns-bleibt-nach-schmeichelhaftem-unentschieden-wbo-weltmeister-28824

9. September 2013