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MELDUNG/1360: Tyson Fury und Dereck Chisora wetzen das Messer (SB)




Revanche der britischen Schwergewichtler nimmt Gestalt an

Am 26. Juli treffen die beiden britischen Schwergewichtler Tyson Fury und Dereck Chisora in Manchester zu ihrer seit geraumer Zeit angekündigten Revanche aufeinander. Da der Verband WBO dieses Duell als Ausscheidungskampf klassifiziert hat, winkt dem Sieger ein Titelkampf gegen Wladimir Klitschko oder Alex Leapai. Das Motto des Spektakels, das bei den englischen Fans auf reges Interesse stößt, lautet denn auch "The Fight for the Right". Während Fury in 22 Kämpfen ungeschlagen ist, stehen für den amtierenden Europameister Chisora 20 gewonnene und vier verlorene Auftritte zu Buche.

Bei ihrem ersten Aufeinandertreffen im Juli 2011 hatte sich Fury gegen den indisponierten Chisora deutlich nach Punkten durchgesetzt, wobei er allerdings einige kritische Situationen überstehen mußte. Seither hat der Londoner Niederlagen gegen Robert Helenius, Vitali Klitschko und David Haye bezogen, doch wirkt er in jüngerer Zeit disziplinierter und entschlossener, seiner Karriere noch einmal einen gehörigen Schub zu verleihen. Demgegenüber hat Fury zwar noch nie den kürzeren gezogen, jedoch gegen schwächere Gegner als sein Rivale geboxt. [1]

Im vergangenen Jahr setzte Tyson Fury auf ein spektakuläres Duell mit seinem nicht minder großspurigen Landsmann David Haye. Da dieser Kampf jedoch aufgrund einer Verletzung Hayes nicht zustande kam, mußte Fury seine Karten neu mischen. Als er nach einer Zwangspause von zehn Monaten seine nächste Vorstellung gab, ließ seine körperliche Verfassung zu wünschen übrig. Am 15. Februar traf er in der Londoner Copper Box Arena auf Joey Abell, dessen Zeitlupenschläge den 2,06 m großen Riesen gehörig traktierten, bis dieser dem Trauerspiel mit Brachialgewalt ein Ende machte. Chisora, der den Hauptkampf derselben Veranstaltung bestritt, setzte sich gegen Kevin Johnson besser in Szene, wobei auch er einen relativ leichten Sieg einfahren konnte. [2]

Kaum hatte Promoter Frank Warren den Ausscheidungskampf angekündigt, als der 25jährige Tyson Fury auch schon in den sozialen Medien über seinen fünf Jahre älteren Rivalen herzog: Diesmal werde sein Aufbaugegner Chisora überhaupt kein Land sehen und auf den Brettern landen. Davon abgesehen, daß Fury dem Munde nach schon längst der weltbeste Schwergewichtler ist, verfügt er im Kampf gegen den nur 1,83 m großen und fast 10 kg leichteren Rivalen aus London tatsächlich über physische Vorteile, die ihm die Favoritenrolle in ihrem Duell zuweisen.

Bei seinem Debüt in den USA bezog Fury allerdings Prügel von dem ehemaligen Cruisergewichtler Steve Cunningham, der ihn sogar an den Rand eines Niederschlags brachte. Erst als der Brite seine schiere Masse einsetzte und sich regelrecht auf seinen Gegnern wälzte, war dieser schließlich so geschwächt, daß ihn eine Serie schwerer Treffer ausschaltete. Chisora ist jedoch weder so wendig noch technisch so versiert wie Cunningham. Seine Stärke ist die Brechstange furioser Angriffe, mit denen er jedoch gegen Fury wenig ausrichten dürfte. Er muß sich also etwas einfallen lassen, will er dem körperlich überlegenen Kontrahenten nicht in einem aussichtslosen Aufeinanderprallen ungleicher Massen zum Opfer fallen. [3]

Daß keiner von beiden schlecht vorbereitet in diesen Kampf gehen wird, darf man wohl annehmen. Unterliegt Chisora, müßte er seine Titelträume aller Voraussicht nach endgültig zu Grabe tragen. Verliert Fury, stünde ihm die Ochsentour bevor, sich mühsam in den Ranglisten wieder nach oben zu arbeiten. Er hat mit dem mißlichen Kapitel David Haye bereits so viel Zeit verloren, daß er sich im Grunde keine weitere Verzögerung leisten kann. Da Wladimir Klitschko Superchampion der WBA und WBO sowie Weltmeister der IBF und IBO ist, ziehen sich seine Pflichtverteidigungen lange hin. Weil die Verbände bei Titelkämpfen mitkassieren, legen sie dem Ukrainer keine Steine in den Weg und setzen ihn nicht rigoros unter Termindruck. Wer mit Klitschko in den Ring steigen will, muß daher sehr viel Geduld mitbringen und seinen Anspruch mitunter mehrfach erneuern.

Die naheliegende Frage, wieso ausgerechnet Fury und Chisora einen Ausscheidungskampf der WBO bestreiten dürfen, läßt sich nicht schlüssig beantworten. Ein Grund mehr für die beiden, die Gelegenheit beim Schopf zu packen und sie keinesfalls leichtfertig zu verspielen.


Fußnoten:

[1] http://www.boxen-heute.de/artikel/5641-chisora-vs-fury-iiwbo-eliminator-am-26-juli-in-manchester.html

[2] http://bleacherreport.com/articles/1995456-dereck-chisora-vs-tyson-fury-fight-confirmed-for-july-26-in-manchester

[3] http://www.boxingnews24.com/2014/03/tyson-fury-and-dereck-chisora-to-fight-for-british-heavyweight-title/

18. März 2014