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MELDUNG/1450: Hoffnungsträger heizen Strohfeuer des Schwergewichts (SB)




Der junge Neuseeländer Joseph Parker besiegt Brian Minto

Sollte Joseph Dennis Parker eines Tages Boxgeschichte schreiben, was nach Lage der Dinge zumindest nicht auszuschließen ist, wird man gerne auf folgende Details aus seinem Leben zu sprechen kommen: Der Vater des am 9. Januar 1992 in South Auckland geborenen Neuseeländers trägt den Vornamen Dempsey, der in der Tat auf den legendären Schwergewichtler zurückgeht. Als sei es ihm in die Wiege gelegt (oder vom Vater nahegebracht) worden, begann der junge Joseph bereits mit elf Jahren, sich diesem Sport zu widmen. Auch sein jüngerer Bruder John ist inzwischen ein erfolgreicher Amateurboxer.

Der gläubige Mormone Joseph Parker kann auf eine vielversprechende, wenngleich an entscheidender Stelle recht unglücklich verlaufene Amateurkarriere zurückblicken. Bei den Commonwealth Games 2010 trat er im Superschwergewicht für Neuseeland an und gewann seinen ersten Kampf gegen den Kanadier Didier Bence. Damit stand er bereits im Viertelfinale des Turniers und hätte mit einem weiteren Sieg eine Medaille sicher gehabt. Gegen Tariq Abdul Haqq konnte er zwar in letzter Sekunde einen Gleichstand herbeiführen, doch gab das Kampfgericht seinem Gegner den Zuschlag. Vor den Olympischen Spielen 2012 in London wurde er als einer der Favoriten auf eine Goldmedaille gehandelt, doch scheiterte er in zwei Qualifikationsturnieren jeweils ganz knapp.

Angesichts seiner verflogenen Olympiaträume wechselte Parker bereits im Mai 2012 ins Profilager, wo er sich bislang erfolgreich geschlagen hat und mittlerweile in neun Kämpfen unbesiegt ist, von denen er acht vorzeitig gewinnen konnte. Da er in Mangere lebt und in einem Gym in Papatoetoe trainiert, waren es bislang vorzugsweise Gegner aus der Region, die im Ring mit ihm den kürzeren zogen. Mitunter reisen jedoch auch namhafte Kontrahenten wie Francois Botha an, die von einer prominenten Vergangenheit zehren. "Der weiße Büffel" hat viermal um die Weltmeisterschaft gekämpft, darunter bekanntlich auch gegen Axel Schulz, der dabei eine unglückliche Figur machte.

Botha, der den 1,92 m großen Neuseeländer zunächst als "Baby Joseph" verspottet hatte, lag bei ihrem Kampf am 13. Juni 2013 bereits in der zweiten Runde geschlagen am Boden, worauf er seine Einschätzung revidierte: Baby Joseph sei verschwunden, sehe er doch einen prächtigen Mann vor sich. Auch der aus Samoa stammende Landsmann Afa Tatupu hielt nur bis zur zweiten Runde durch, doch zog sich Parker bei einem Zusammenstoß mit den Köpfen eine böse Rißwunde über dem Auge zu, die ihn veranlaßte, den Rest des Jahres 2013 keinen Kampf mehr auszutragen.

Da er sich inzwischen einen gewissen Namen gemacht hatte, bekam er die Chance, am 26. April 2014 im Vorprogramm Wladimir Klitschkos aufzutreten. Während der Ukrainer in Oberhausen dem überforderten Australier Alex Leapai eine Lektion erteilte, besiegte Parker den Brasilianer Marcelo Luiz Nascimento durch technischen K.o. in der siebten Runde. Nach dem Veteranen Botha und dem als Aufbaugegner europäischer Schwergewichtler recht bekannten Nascimento wurde ein weiterer halbwegs namhafter Gegner gesucht und mit Brian Minto gefunden.

Nun fällt zum zweiten Mal der Name Axel Schulz, da es bekanntlich Minto war, den sich der Frankfurter für sein Comeback ausgesucht hatte, das dann in einem Desaster endete. Seither ist der inzwischen 39 Jahre alte Amerikaner ein Boxer, der immer wieder gern für Aufbaukämpfe junger und aufstrebender Boxer verpflichtet wird. Brian Minto ist in Neuseeland kein Unbekannter, da er zuletzt im Dezember 2013 den erfahrenen Shane Cameron in der siebten Runde besiegt hatte. Er unterstrich damit, daß er gewiß kein Fallobst ist, und verbesserte seine Bilanz auf 39 Siege sowie sieben Niederlagen.

Am 5. Juli bestand der 22jährige Joseph Parker vor heimischem Publikum in Auckland auch diese Bewährungsprobe mit Bravour. Er zeigte eine hervorragende Leistung und erzielte jeweils mit einer wuchtigen Rechten zum Kopf in der fünften und siebten Runde einen Niederschlag. Mintos Ecke hatte ein Einsehen und ließ ihn nicht mehr zur nächsten Runde antreten, die er kaum unbeschadet überstanden hätte. Allerdings muß man berücksichtigen, daß Brian Minto eher ein Cruiser- als ein Schwergewichtler und wesentlich kleiner als der Neuseeländer ist. Der Amerikaner boxte beherzt mit, mußte aber jeden gelungen Schlag mit einem schweren Konter bezahlen, dessen schiere Wucht ihm zwangsläufig zu schaffen machte. [1]

Der junge Parker wird weiter als Hoffnungsträger gehandelt, was im recht tristen Schwergewicht längst ein wohlfeiles Attribut ist, das mangels Alternativen frühzeitig und vorschnell vergeben wird. Sein Umfeld wäre gut beraten, den zweifellos talentierten Boxer vorsichtig aufzubauen und nicht auf dem Feld schnellen Geldes und verlockender Titel zu verheizen. Läßt man diese Umsicht walten, könnte es vielleicht sogar eines Tages dazu kommen, daß die Geschichte des Joseph Dennis Parker in die Annalen des Boxsports Einzug hält.


Fußnote:

[1] http://www.boxen.de/news/joseph-parker-stoppt-brian-minto-32335

8. Juli 2014