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MELDUNG/1456: Grobe Reden, volle Kassen? (SB)




Tyson Fury befeuert Prestigekampf gegen Dereck Chisora

Am 26. Juli kommt es in Manchester zu einem richtungsweisenden Kräftemessen der britischen Schwergewichtler Tyson Fury und Dereck Chisora. Als die beiden im Jahr 2011 erstmals aufeinandertrafen, setzte sich Fury nach Punkten durch, brachte seinem Rivalen die erste Niederlage bei und nahm ihm die Titel des Britischen und Commonwealth-Meisters ab. Während er weiter ungeschlagen blieb und inzwischen 22 Siege vorzuweisen hat, glich Chisoras Karriere seither einer Achterbahnfahrt. Er mußte sich Robert Helenius, Vitali Klitschko und David Haye geschlagen geben, brachte es aber mit einer Bilanz von 20 gewonnenen und vier verlorenen Auftritten zum Europameister. Wenngleich dieser Titel in Manchester auf dem Spiel steht, geht es doch vor allem um die Führungsposition in der WBO-Rangliste und damit die Aussicht, als Pflichtherausforderer mit Wladimir Klitschko in den Ring zu steigen.

Der 2,06 m große Fury wirkt angesichts seiner makellosen Bilanz auf den ersten Blick wie der klare Favorit, hat aber im letzten Jahr bei seinem bislang bedeutendsten Kampf gegen den ehemaligen Cruisergewichtler Steve Cunningham eine schlechte Figur gemacht. Fast hätte ihm der körperlich weit unterlegene Gegner das US-Debüt gründlich verdorben, da er den Briten sogar auf die Bretter schickte. Bei seinem letzten Auftritt im Februar trat Fury in sichtlich schlechter Verfassung an und hatte Mühe, den allenfalls zweitklassigen Joey Abell zu besiegen. Hingegen hat Chisora zwar viermal verloren, jedoch gegen wesentlich stärkere Gegner geboxt, so daß der Ausgang ihres bevorstehenden Duells durchaus offen ist.

Entgegen seiner zwischenzeitlichen Ankündigung, er werde fortan keine großen Reden mehr schwingen und sich statt dessen auf die Vorbereitung konzentrieren, zieht Tyson Fury derzeit vom Leder wie eh und je. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz verweigerte er Chisora den Handschlag, warf seine Jacke ab und wollte auf den Rivalen losgehen. Chisoras Trainer Don Charles reagierte erbost, worauf vier kräftige Ordner einschreiten mußten, um die beiden Parteien zu trennen und die Pressekonferenz zu Ende zu bringen. Solche Einlagen sind Teil der Vermarktung und mithin inszeniert, was natürlich nicht ausschließt, daß tatsächlich persönliche Animositäten mitschwingen und mitunter auch ausarten. Während David Haye mit seinen platten Provokationen seinerzeit den höchst lukrativen Kampf gegen Wladimir Klitschko und später auch jenen gegen Chisora herbeigeredet und beworben hat, mußte letzterer seine groben Ausfälle nach der Niederlage gegen Vitali Klitschko mit dem vorübergehenden Verlust der Lizenz und einigen weiteren Sanktionen bezahlen.

Mag sein, daß Fury jetzt das große Wort führt, um Chisoras nach wie vor etwas ramponierten Ruf zu schonen. Jedenfalls haben die beiden an Ort und Stelle eine Wette in Höhe von 10.000 Pfund abgeschlossen, wer den Kampf gewinnt. Tyson Fury erklärte großspurig, für ihn handle es sich lediglich um eine weitere Zwischenetappe. Während es für Chisora fast schon die letzte Chance sei, stehe er selbst vor der nächsten Stufe auf dem Weg nach oben. Der Londoner sei ein Aufbaugegner und folglich dazu da, von einem Champion auseinandergenommen zu werden. Sollte es ihm nicht gelingen, diesen Gegner komplett zu zerstören, sei er selber nichts weiter als ein Aufbaugegner, so Fury.

Die Titel des Britischen und Europameisters bedeuteten ihm nichts, weshalb Chisora sie gerne zurückhaben könne, sobald er fertig mit ihm sei. Er rangiere zehn Stufen über ihm und werde das unter Beweis stellen, indem er ihm das Gesicht einschlage. Jedesmal, wenn Chisora künftig den Namen Tyson Fury höre, werde er sich wünschen, Fury nie begegnet zu sein. Chisora sei der häßlichste Mann, den er jemals gesehen habe, und er werde dieses fette, häßliche Gesicht einschlagen. Dieser Mann könne nicht reden und sei total nutzlos. Das einzige, was er halbwegs beherrsche, sei Schläge einzustecken, anzugreifen und den einen oder andern Schwinger abzufeuern. [1]

Chisora komme hierher, um ein bißchen Geld zu verdienen und ansonsten davonzulaufen, so Fury. Für ihn selbst gehe es darum, das Duell mit Wladimir Klitschko endlich klarzumachen, da sich der Ukrainer bislang nicht getraut habe, gegen ihn anzutreten. Er könne nur hoffen, daß die Promoter diesen Kampf gegen den sogenannten besten Schwergewichtler der Welt auf die Beine stellen, der anscheinend schreckliche Angst vor ihm habe, nimmt der Brite auch den Weltmeister aufs Korn, den er - wie könnte es anders sein - natürlich kurzerhand auf die Bretter schicken würde. [2]

Daß man mit Deontay Wilder, Chris Arreola, Andy Ruiz, Bryant Jennings, Mike Perez, Alexander Powetkin, Carlos Takam, Tony Thompson, Kubrat Pulew oder "Zar" Glatskow gleich auf Anhieb fast ein Dutzend Schwergewichtler nennen kann, die von ihrem Können her zwischen ihm und Klitschko stehen dürften, ficht den Briten augenscheinlich nicht an. [3]

Obgleich Tyson Fury auf David Haye nach wie vor nicht gut zu sprechen sein dürfte, nachdem dieser ihren geplanten Kampf verletzungsbedingt abgesagt hat, scheint er doch mit dem Londoner darin übereinzustimmen, daß man jede Menge Unsinn reden darf und muß, um das Publikum zu ködern. Er sollte dabei jedoch nicht vergessen, daß Hayes Reputation nach der Niederlage gegen Klitschko gerade wegen seiner endlosen Tiraden im Vorfeld schwer gelitten hat. Mit seinem Gerede hat sich Fury selbst unter Zugzwang gesetzt, den Kampf gegen Dereck Chisora nicht nur zu gewinnen, sondern dabei eine klare Überlegenheit zu demonstrieren. Gelingt ihm das nicht, wird ihm seine eigene abschätzige Aussage vom Aufbaugegner auf die Füße fallen.


Fußnoten:

[1] http://www.boxen-heute.de/artikel/6181-10000-pfund-wettefury-und-chisora-teilen-kraeftig-aus.html

[2] http://www.boxen-heute.de/artikel/6175-tyson-fury-meint-klitschko-hat-schreckliche-angst-vor-mir.html

[3] http://www.boxingnews24.com/2014/07/fury-if-i-cant-smash-a-journeyman-like-chisora-to-bits-then-im-a-journeyman/#more-179029

16. Juli 2014