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MELDUNG/1487: Keilerei in Kalifornien (SB)




Anthony Dirrell löst Sakio Bika als WBC-Weltmeister ab

Anthony Dirrell ist neuer WBC-Weltmeister im Supermittelgewicht. Im südkalifornischen Carson setzte er sich in einem Kampf über zwölf Runden einstimmig nach Punkten gegen den Titelverteidiger Sakio Bika durch (114:113, 116:111 117:110). Dirrell blieb weiter ungeschlagen und verbesserte seine Bilanz auf 27 Siege sowie ein Unentschieden. Für Bika stehen nun 32 gewonnene, sechs verlorene und drei unentschieden gewertete Auftritte zu Buche. Bei ihrem ersten Aufeinandertreffen im letzten Dezember hatten sich die beiden unentschieden getrennt.

Während sich Dirrell damals sehr häufig in die Seile gelehnt hatte, um Bika kommen zu lassen, stürmte er diesmal aus seiner Ecke auf den Gegner zu, um den Kampf sofort von der Ringmitte her zu dominieren. Wenig später nahm das Duell recht unerfreuliche Züge an, da regelwidrig auf den Hinterkopf oder zu tief geschlagen, geklammert, geschoben und teilweise gerungen statt geboxt wurde. Vor allem der Titelverteidiger bediente sich immer wieder unzulässiger Mittel, so daß er von Glück reden konnte, mit einem einzigen Punktabzug wegen eines Tiefschlags in der achten Runde davonzukommen. [1] Der erfahrene Ringrichter Jack Reiss hätte Bika andernfalls so viele Punkte abziehen oder ihn sogar disqualifizieren müssen, daß es zu einer mißlichen Entscheidung des Kampfs durch den Referee gekommen wäre.

Dirrell suchte zunächst einen frühzeitigen Niederschlag, indem er regelrecht Jagd auf den zurückweichenden Bika machte und ihn mit mehreren wuchtigen Treffern traktierte. Da der Titelverteidiger diesen Ansturm überstand, ging der Herausforderer von der dritten Runde an etwas ruhiger zu Werke und begnügte sich damit, genügend gute Schläge ins Ziel zu bringen, um die Punktrichter zu überzeugen. Sein Trainer forderte ihn dazu auf, verstärkt mit dem Jab zu arbeiten, was Dirrell jedoch weitgehend unterließ.

In der fünften Runde kam Bika nach mehreren Kopftreffern schwer in Bedrängnis und wurde kurz vor der Pause unfreiwillig vom Ringrichter gerettet, der Dirrell in die Quere kam, als dieser seinem Gegner gerade den Rest geben wollte. In den folgenden drei Runden war der Titelverteidiger sichtlich auf der Hut und hielt sich zurück, um weitere schwere Treffer zu vermeiden. Gegen Ende war es dann Dirrell, der es vorsichtiger angehen ließ, weniger schlug und den Gegner nun auch häufig verfehlte, zumal es immer wieder zum Clinch kam. Dennoch kontrollierte er das Geschehen, da Bika konditionell nicht mehr auf der Höhe und deshalb außerstande war, das Blatt noch zu wenden. [2]

Da sich die Kontrahenten des öfteren einen offenen Schlagabtausch geliefert hatten, kamen die Zuschauer zumindest phasenweise auf ihre Kosten. Leider gingen diese Szenen zumeist in ein wildes Handgemenge über, in dem vor allem der Herausforderer trotz der engagierten Intervention des Referees jede Menge regelwidriger Schläge abbekam. Alles in allem konnte man froh sein, am Ende einen verdienten Sieger als neuen Weltmeister ausrufen zu dürfen.

Sakio Bika erhielt gewissermaßen als Trostpflaster für den Titelverlust mit 700.000 Dollar die höchste Börse der Veranstaltung des Senders Showtime in Carson. Für den Herausforderer Dirrell fielen ebenfalls ansehnliche 500.000 Dollar ab. Daß Bika zumindest finanziell einen guten Schnitt machte, hängt wohl damit zusammen, daß er sich dem wachsenden Kreis prominenter Boxer angeschlossen hat, die der einflußreiche Berater Al Haymon um sich schart.

Anthony Dirrells erster Herausforderer wird am 20. September in London in einem Ausscheidungskampf zwischen dem Briten George Groves und Europameister Christopher Rebrasse aus Frankreich ermittelt.

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Deontay Wilder läßt sich Zeit mit Jason Gavern

Im Vorprogramm derselben Veranstaltung in Carson stieg auch der Schwergewichtler Deontay Wilder in den Ring, um die Wartezeit bis zum Titelkampf gegen WBC-Weltmeister Bermane Stiverne zu überbrücken. Als Gegner war kurzfristig Jason Gavern verpflichtet worden, dem man zumindest zutraute, den Favoriten etwas länger zu beschäftigen als dessen 31 vorangegangene Opfer. Daraus wurde jedoch insofern nichts, als Wilder nur deswegen vier Runden brauchte, weil er den Kampf wie eine Sparringsübung streckte.

Der von Beginn an überforderte Gavern ging in der dritten Runde nach einem seitlichen Kopftreffer erstmals zu Boden, den er unzutreffend als regelwidrigen Schlag auf den Hinterkopf monierte. Im vierten Durchgang bereitete Wilder mit mehreren Jabs einen weiteren Niederschlag vor, der seinen Gegner schwer angeschlagen auf die Bretter schickte. Gavern kam zwar wieder auf die Beine und überstand die verbliebene Spanne bis zur Pause, trat aber nicht mehr zur fünften Runde an.

Damit baute Deontay Wilder seine außergewöhnliche Serie auf 32 Siege aus, die er ausnahmslos innerhalb der ersten vier Runden erzielt hat. Der US-Amerikaner bot eine überzeugende Leistung, bekam jedoch auch diesmal keine Gelegenheit, sein Durchhaltevermögen über eine längere Strecke zu erproben.

Da Wilder erst nachträglich in das Programm der Veranstaltung aufgenommen worden war, wurde sein Auftritt von Showtime nicht übertragen. Seine Börse betrug lediglich 50.000 Dollar, womit er nicht viel mehr als Jason Gavern bekam, der 32.500 Dollar erhielt. Im Kampf gegen Stiverne wird Wilder wohl mindestens 500.000 Dollar einstreichen, und sollte er tatsächlich neuer WBC-Weltmeister werden, dürften seine Einkünfte im US-amerikanischen Bezahlfernsehen noch einmal sprunghaft steigen.


Fußnoten:

[1] http://www.boxen-heute.de/artikel/6346-bika-mit-konditionsproblemenanthony-direll-faehrt-punktsieg-ein.html

[2] http://www.boxingnews24.com/2014/08/brook-porter-early-action-from-carson-ca/#more-180529

19. August 2014