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MELDUNG/1563: Als Amateur unerreicht - im Profilager fulminant (SB)




Vasil Lomaschenko deklassiert seinen Pflichtherausforderer

Der Ukrainer Vasil Lomaschenko galt als einer der besten Amateurboxer aller Zeiten. Er gewann nicht weniger als 396 Kämpfe und verlor nur ein einziges Mal gegen den Russen Albert Selimow, an dem er später zweimal erfolgreich Revanche nahm. Auf eine Silbermedaille bei den Weltmeisterschaften 2007 folgte Gold in den Jahren 2009 und 2011. Bei den Olympischen Spielen 2008 in Beijing gewann er im Federgewicht in so überzeugender Manier, daß er als bester Boxer des gesamten Turniers ausgezeichnet wurde. Vier Jahre später feierte er in London seinen zweiten Olympiasieg, wobei er dort im Leichtgewicht antrat.

Danach wechselte er ins Profilager und unterschrieb nach Prüfung verschiedener Angebote bei Top Rank. Sein Wunsch, gleich im ersten Profikampf gegen einen Weltmeister anzutreten, erfüllte sich allerdings nicht. Bei seinem Debüt am 12. Oktober 2013 setzte er sich in der vierten Runde gegen den Mexikaner Jose Ramirez durch. Bereits bei seinem nächsten Auftritt forderte er dann am 1. März 2014 in San Antonio den amtierenden WBO-Champion im Federgewicht, Orlando Salido, heraus. Im Falle eines Sieges hätte er den Rekord Saensak Muangsurins gebrochen, der 1975 in seinem dritten Profikampf Weltmeister geworden war.

Lomaschenko gelang es jedoch nicht, seinen Gegner wie gewohnt unter Druck zu setzen, und so behielt der 33 Jahre alte Mexikaner am Ende denkbar knapp mit 2:1-Punktrichterwertungen die Oberhand. Der Ukrainer focht die Entscheidung mit keiner Silbe an und räumte ein, die vereinbarte Taktik nicht konsequent umgesetzt zu haben. Indessen waren sich die Experten einig, daß Lomaschenko unter äußerst fragwürdigen Umständen verloren hatte, wenn nicht gar gezielt mit unlauteren Mitteln geschlagen worden war. Laut Trefferstatistik hatte der Ukrainer von 441 Schlägen 164 ins Ziel gebracht und damit eine wesentlich bessere Quote als sein Gegner erzielt, für den bei 645 Versuchen nur 142 Erfolge gezählt worden waren. Ein anwesender Experte von ESPN.com, der inoffiziell mitgepunktet hatte, kam auf ein Unentschieden von 114:114.

Gravierender als diese Zweifel am Ergebnis war jedoch, daß Salido beim offiziellen Wiegen am Vortag den Titel verloren hatte, weil er die Gewichtsgrenze überschritt. Beim Kampf selbst war er rund fünf Kilo schwerer als der Ukrainer, was in dieser leichten Gewichtsregion zweifellos zu irregulären Verhältnissen führte. Daher munkelte man, der Mexikaner sei absichtlich mit Übergewicht angetreten, da er sich andernfalls keine Chance ausgerechnet hätte. Hinzu kam eine unerklärlich schwache Leistung des Ringrichters Laurence Cole, der Salido sämtliche schmutzigen Tricks durchgehen ließ und Tiefschläge des Mexikaners in Serie ignorierte.

Wozu Vasil Lomaschenko unter regulären Bedingungen fähig ist, unterstrich er am 22. Juni 2014 im Kampf um den vakanten WBO-Titel im Federgewicht. Er besiegte den zuvor ungeschlagenen US-Amerikaner Gary Russell jun. einstimmig nach Punkten und wurde damit in seinem dritten Profikampf Weltmeister.

Im Vorprogramm des Kampfs zwischen Manny Pacquiao und Chris Algieri in Macao, den der Philippiner haushoch nach Punkten gewann, verteidigte der 26jährige Lomaschenko nun zum ersten Mal erfolgreich seinen Titel. Der drei Jahre ältere Pflichtherausforderer Chonlatarn Piriyapinyo aus Thailand mußte sich am Ende einstimmig nach Punkten geschlagen geben (dreimal 120:107) und bezog im 54. Kampf seiner Profikarriere die zweite Niederlage. Erstmals verloren hatte er im November 2012, als er in Indonesien ebenfalls in einem Titelkampf dem damaligen Weltmeister Chris John unterlag.

Gegen Lomaschenko stand der Thailänder rasch auf verlorenem Posten, zumal der Titelverteidiger des öfteren die Auslage wechselte und seinen Gegner aus allen Rohren befeuerte, der nie so recht wußte, woher die Schläge kamen. In einem zunehmend einseitigen Kampf ging der Herausforderer gegen Ende der vierten Runde zu Boden, rettete sich aber in die Pause. Von der sechsten Runde an schränkte eine Verletzung am Handgelenk den Weltmeister derart ein, daß er seine Linke in der Folge kaum noch einsetzte. Dennoch brachte er den Kampf mit rechten Jabs und Haken sowie einer nach wie vor ausgezeichneten Deckung und großen Beweglichkeit sicher nach Hause.

Obgleich der Ukrainer die zweite Hälfte des Kampfs mit nur einer Hand bestritten hatte, wies die Statistik von CompuBox 368 Treffer bei 1006 Schlägen (37 Prozent) gegenüber nur 86 Treffern bei 471 Versuchen (18 Prozent) des Herausforderers aus. Berücksichtigt man, welch erfahrener und erfolgreicher Gegner der Thailänder war, ist die Leistung Lomaschenkos um so höher einzustufen.

Nächstes Ziel Vasil Lomaschenkos ist Nicholas Walters. Der in 25 Kämpfen ungeschlagene Jamaikaner hat am 18. Oktober Nonito Donaire vorzeitig besiegt und ist Superchampion der WBA im Federgewicht. Da Lomaschenko und Walters bei Top Rank unter Vertrag stehen, plant Promoter Bob Arum eine Veranstaltung im Frühjahr, bei der beide in den Ring steigen, jedoch noch nicht gegeneinander antreten sollen. Dieser Höhepunkt soll dann im Sommer folgen, wobei sich der Ukrainer zuerst den Gürtel des Jamaikaners holen und in der Folge auch die restlichen Weltmeister entthronen möchte, um ihre Titel in seinen Händen zusammenzuführen. [1]


Fußnote:

[1] http://espn.go.com/boxing/story/_/id/11922476/vasyl-lomachenko-hurts-hand-wins-every-round-chonlatarn-piriyapinyo

26. November 2014