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MELDUNG/1611: Überdotierter Zahltag samt einem indiskutablen Gegner (SB)




Leo Santa Cruz behält gegen Jesus Ruiz die Oberhand

Leo Santa Cruz, der zu den prominentesten Akteuren der leichten Limits gehört, hatte größere Mühe als erwartet, den Titel des Verbands WBC im Superbantamgewicht erfolgreich zu verteidigen. Der 26jährige Favorit setzte sich im Vorprogramm des Schwergewichtskampfs zwischen Bermane Stiverne und Deontay Wilder, der in der MGM Grand Garden Arena in Las Vegas über die Bühne ging, mit einem Abbruch in der achten Runde gegen seinen ein Jahr jüngeren mexikanischen Landsmann Jesus Ruiz durch. Während der ungeschlagene Cruz seine Bilanz auf 29 Siege und ein Unentschieden verbesserte, stehen für den gescheiterten Herausforderer nunmehr 32 gewonnene, sechs verlorene sowie fünf unentschieden beendete Auftritte zu Buche. [1]

Der Weltmeister war im Vorfeld harsch für die Wahl dieses Gegners kritisiert worden, zumal er bei seiner letzten Titelverteidigung mit Manuel Roman einen völlig überforderten ehemaligen Sparringspartner in nur zwei Runden abgefertigt hatte. Schon damals stellte sich die Frage, warum der Verband diesen Herausforderer akzeptiert und der Sender Showtime den Kampf seiner Übertragung vorangestellt hatte. Mit Jesus Ruiz schien Santa Cruz erneut einen indiskutablen Kandidaten vor die Fäuste zu bekommen, was ihn nicht an der großspurigen Ankündigung hinderte, man werde dem Hauptkampf die Show stehlen.

Verglich man die Börsen der Kontrahenten, zeichnete sich das Mißverhältnis um so krasser ab. Während der Weltmeister nämlich stattliche 750.000 Dollar einstreichen konnte, fielen für den Herausforderer lediglich 50.000 Dollar ab. Manager Al Haymon hatte seinem Boxer offensichtlich einen überdotierten Zahltag und zugleich einen dürftigen Gegner beschafft, der sich abspeisen ließ. [2]

Zunächst sah es allerdings gar nicht danach aus, als habe Santa Cruz das erwartet leichte Spiel. Zwei Runden tauschten die Kontrahenten vor allem wuchtige Schläge zum Körper aus, bis der Titelverteidiger schließlich im dritten Durchgang dazu überging, vermehrt auf Kopftreffer zu setzen. Nun gewann der Champion allmählich die Oberhand und setzte seinem Gegner immer mehr zu, so daß er nach der fünften Runde endgültig das Heft in der Hand hatte.

Spätestens in der siebten Runde hatte Ruiz den Attacken kaum noch etwas entgegenzusetzen und rettete sich unter schweren Treffern in den Seilen lehnend gerade noch in die Pause. Mit Beginn des achten Durchgangs fiel Santa Cruz über den Herausforderer her und bearbeitete ihn unausgesetzt mit Serien von Schlägen, bis Ringrichter Kenny Bayless einschritt und den ungleichen Kampf nach 29 Sekunden beendete. Der Statistik von CompuBox zufolge brachte der in Los Angeles lebende Santa Cruz von 641 Schlägen insgesamt 277 ins Ziel, was einer Quote von 43 Prozent entsprach. Demgegenüber hatte Ruiz bei seinen 554 Versuchen nur in 120 Fällen Erfolg, womit für ihn eine Trefferquote von 22 Prozent zu Buche stand.

Wenngleich der Weltmeister seine vierte Titelverteidigung letzten Endes so gestaltete, wie man das von ihm erwartet hatte, erwies sich der als schwacher Gegner eingeschätzte Herausforderer doch zumindest in der Anfangsphase als recht harte Nuß. Wie der Sieger erklärte, sei Ruiz gut vorbereitet angetreten und habe ihm einen harten Kampf geliefert. Er selbst sei jedoch gewarnt gewesen und habe den Herausforderer im Zuge eines regelrechten Kriegs verfolgt, gestellt und bezwungen. Mit Blick auf seine nächsten Gegner versicherte Santa Cruz, er wolle gegen die Besten antreten, um selber der Beste zu werden. Deshalb denke er dabei an Abner Mares, Guillermo Rigondeaux und Scott Quigg, von denen er sich hoffentlich schon bei seinem nächsten Auftritt einen vornehmen könne.

Leo Santa Cruz brachte es als Amateur auf eine Bilanz von 148 Siegen und sieben Niederlagen, wobei er im Alter von nur 15 Jahren die Goldmedaille bei einer Weltmeisterschaft gewann. Im Profilager avancierte er am 2. Juni 2012 durch einen Sieg über Vusi Malinga zum IBF-Champion im Bantamgewicht. Nachdem er diesen Titel dreimal erfolgreich verteidigt hatte, stieg er im Februar 2013 eine Gewichtsklasse ins Superbantamgewicht auf. Dort entthronte er am 24. August 2013 Victor Terrazas als Weltmeister des Verbands WBC.

Diesen Gürtel hat er nunmehr viermal zur Disposition gestellt und behalten. Berücksichtigt man jedoch, wie leicht ihn ein als zweitklassig eingestufter Gegner wie Jesus Ruiz getroffen hatte, müßte man im Falle eines Kampfs gegen den früheren Champion Mares im Leichtgewicht, den britischen WBA-Weltmeister Quigg oder gar den Superchampion (WBA/WBO) Rigondeaux Schlimmes befürchten, sollte sich Santa Cruiz nicht gehörig steigern. [3]

Wenngleich auch in seinem Fall nicht auszuschließen ist, daß er mit seinen jeweiligen Gegnern wächst, könnte sich die Strategie Al Haymons, den bei ihm unter Vertrag stehenden Weltmeistern ungefährdete Regentschaften zu ermöglichen, auf Dauer als kontraproduktiv erweisen. Zum einen droht die Entwicklung des Boxers zu stagnieren, zum andern wächst der Unmut des zahlenden Publikums, wenn namhafte Akteure fortgesetzt auf heillos überforderte Gegner treffen.


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/01/stiverne-wilder-early-results-from-las-vegas/#more-186891

[2] http://www.boxingnews24.com/2015/01/purses-for-stiverne-wilder-card-stiverne-910k-wilder-1m-santa-cruz-750k-ruiz-50k/#more-186784

[3] http://espn.go.com/boxing/story/_/id/12186654/leo-santa-cruz-stops-jesus-ruiz-round-8

19. Januar 2015


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