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MELDUNG/1625: Abkürzung ohne Stolpersteine (SB)




Kevin Mitchell hat mit Daniel Estrada leichtes Spiel

Nach zwölf Jahren voller Höhen und Tiefen im Profigeschäft glaubt Kevin Mitchell, er sei endlich bereit, einen der Weltmeister im Leichtgewicht wie Richard Abril (WBA) oder Jorge Linares (WBC) herauszufordern. Was den Briten in dieser Auffassung bestärkt, ist ein Sieg über Daniel Estrada, durch den er neuer Silver Champion des Verbands WBC geworden ist. Mitchell behielt in der Londoner O2 Arena durch technischen K.o. in der achten Runde die Oberhand, womit er seine Bilanz auf 39 gewonnene und zwei verlorene Auftritte verbesserte. Für seinen mexikanischen Gegner stehen nunmehr 32 Siege, vier Niederlagen sowie ein Unentschieden zu Buche.

Mitchells Promoter Eddie Hearn hatte einen idealen Widerpart ausgesucht, da der 29jährige Estrada weder sonderlich schnell ist, noch über eine ausgeprägte Schlagwirkung verfügt. Der Mexikaner war erschreckend leicht zu treffen und hatte schon in seinem letzten Kampf vorzeitig den kürzeren gezogen. Hinzu kam, daß der Brite nach dem Rehydrieren eher wie ein Weltergewichtler wirkte und seinem Gegner körperlich klar überlegen war.

Wenngleich mexikanische Boxer dafür bekannt sind, den Uppercut ihres Gegners zu neutralisieren, fand Estrada erstaunlicherweise überhaupt kein Mittel gegen diese Waffe des Briten. Nachdem Mitchell frühzeitig herausgefunden hatte, daß er damit auf keine nennenswerte Abwehr traf, schlug er immer wieder Uppercuts, die den Mexikaner schwer in Mitleidenschaft zogen. Dieser setzte sich nur dann besser in Szene, wenn er den Lokalmatador mit kräftigen Schlägen zum Körper bremste, doch kam Mitchells linker Haken fast ungehindert durch. Überdies arbeitete der Brite in höherer Frequenz mit dem Jab, so daß er durchgängig das Heft in der Hand behielt.

In der dritten Runde ging der Mexikaner nach einem linken Haken zum Kopf erstmals zu Boden, und seine Ecke wäre wohl gut beraten gewesen, den Kampf wenig später aufzugeben. Mitchell boxte nun derart überlegen, daß Estrada kaum noch aus der Defensive herauskam. Dieser mußte in der sechsten und siebten Runde schwere Treffer einstecken, die sein rechtes Auge zuschwellen ließen. Dasselbe Bild setzte sich im achten Durchgang fort, und nachdem der Brite wiederum etliche gefährliche Uppercuts ins Ziel gebracht hatte, schritt Ringrichter John-Lewis vernünftigerweise ein und erklärte den ungleichen Kampf nach 1:12 Minuten der Runde für beendet. [1]

Warum das WBC überhaupt einen Ausscheidungskampf zwischen Estrada und Mitchell anberaumt hatte, die in der aktuellen Rangliste die Plätze sechs und sieben belegen, ist ein weiteres Mysterium undurchsichtiger Verbandspolitik. Dies gilt um so mehr, als der Mexikaner im August 2014 vorzeitig gegen den früheren WBC-Weltmeister Omar Figueroa verloren und seither keinen Kampf mehr bestritten hatte.

Dabei boxte Mitchell keineswegs besser als bei seinen vorangegangenen Auftritten und bot selbst ein relativ leichtes Ziel. Der Mexikaner war jedoch derart überfordert, daß der Brite durchweg eine ausgesprochen gute Figur machen konnte. Nachdem sein Plan aufgegangen war, legte Eddie Hearn sofort nach und forderte mit Nachdruck einen baldigen Titelkampf ein. Es gebe weltweit nur wenige Leichtgewichtler, die Mitchell standhalten könnten. Dieser sei nun Pflichtherausforderer beim WBC und bestehe auf eine Chance, Jorge Linares den Gürtel abzujagen.

Als Promoter hat Hearn das momentan Bestmögliche für seinen Boxer herausgeholt und ihn auf die denkbar einfachste Weise zu einem offiziellen Titelaspiranten befördert. Natürlich läßt er jetzt nicht locker und redet seinen Schützling stark, was man nicht mit einer inkompetenten Einschätzung gleichsetzen sollte. Aus gutem Grund hat er seinen Leichtgewichtler nicht mit Gegnern wie Yuriorkas Gamboa, Terence Crawford, Omar Figueroa, Ray Beltran, Denis Schafikow, Thomas Dulorme, Hank Lundy oder Darley Perez in den Ring geschickt, die allesamt besser als Daniel Estrada einzuschätzen sind. [2]

Hearn weiß nur zu gut, daß Mitchell wie seinerzeit gegen Ricky Burns und Michael Katsidis schlechte Karten hat, sobald man ihm hochwertige Kontrahenten vorsetzt. Mit schwächeren Gegnern hat er hingegen zahlreiche Siege eingefahren, so daß es diese Strategie solange durchzutragen gilt, bis am Ende ein Titelkampf dabei herausspringt. Da der Brite mittlerweile 30 Jahre alt ist und auf eine lange Karriere zurückblicken kann, gibt es für ihn absehbar nur noch diese eine Chance.

Er werde den Weltmeister besiegen, stößt Kevin Mitchell ins gleiche Horn wie sein Promoter. Etwas anderes bleibt ihm auch gar nicht übrig, will er nicht die keineswegs garantierte Titelchance gefährden oder das Interesse der Zuschauer dämpfen, indem er das eigene Können in ein angemessenes Verhältnis zu den führenden Repräsentanten des Leichtgewichts setzt. Der Rest ist wie immer die nie ganz von der Hand zu weisende Hoffnung auf einen Glückstreffer.


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/01/mitchell-estrada-early-action/#more-187741

[2] http://www.boxingnews24.com/2015/02/kevin-mitchell-figures-hes-ready-to-win-a-world-title/#more-187766

2. Februar 2015


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