Schattenblick → INFOPOOL → SPORT → BOXEN


MELDUNG/1721: Nur nicht lange fackeln ... (SB)



Anthony Joshua macht auch mit Kevin Johnson kurzen Prozeß

Der britische Schwergewichtler Anthony Joshua hat mit Kevin Johnson kurzen Prozeß gemacht und den US-Amerikaner in der zweiten Runde besiegt. Damit blieb der 1,98 m große Olympiasieger von 2012 in London auch in seinem dreizehnten Profikampf ungeschlagen, wofür er nie länger als drei Runden im Ring stehen mußte. Wenngleich der Gast aus Übersee zehn Jahre älter als der 25jährige Jungstar ist und den Zenit seines Könnens weit überschritten hat, erhoffte man sich von ihm doch ein besseres Durchhaltevermögen als es Joshuas bisherige Gegner an den Tag gelegt hatten. Johnson galt in der Vergangenheit als Defensivkünstler und war noch nie vorzeitig besiegt worden, was sich jedoch bei seinem Auftritt in der Londoner O2 Arena recht bald änderte.

Promoter Eddie Hearn hatte mit Johnson einen Kontrahenten verpflichtet, der vormals mit einem guten Namen aufwarten konnte und zumindest gewissen Anlaß zur Hoffnung gab, er könne etliche Runden mithalten und den muskelbepackten Briten auf diese Weise ermüden. Daraus wurde jedoch nichts, da Joshua sofort auf seinen Gegner losging und ihn bereits in der ersten Runde zweimal zu Boden schickte. Kaum jemand hätte wohl ernsthafte Einwände gehabt, wäre der Kampf an dieser Stelle abgebrochen worden.

Kevin Johnson durfte jedoch wieder aufstehen, rettete sich in die Pause und war mutig genug, zur zweiten Runde anzutreten. Dort steckte er weitere Prügel ein und wurde nach 1:22 Minuten des Durchgangs von Ringrichter Ian-John Lewis erlöst, der dazwischenging. Da der US-Amerikaner zu diesem Zeitpunkt zwar weitere Treffer einstecken mußte, sich aber noch wehrte und aufrecht stand, kann man darüber streiten, ob der Abbruch in dieser Situation gerechtfertigt war. Andererseits drohte Johnson ein weiterer Niederschlag, zumal er seinem Gegner bis dahin überhaupt nicht gefährlich geworden war. Für den amerikanischen Veteranen stehen damit 29 Siege, sieben Niederlagen sowie ein Unentschieden zu Buche.

Eddie Hearn schürte die Euphorie mit den Worten, dieser Boxer könne jeden Schwergewichtler der Welt besiegen. Man sei Zeuge des künftigen Weltmeisters geworden. Anthony Joshua sei ein großer Mann, ein großer Kämpfer und ein großer Brite. Diese Werbung in eigener Sache samt dem kräftigen Schuß Lokalpatriotismus in Ehren, ist doch der zuvor geltend gemachte Einwand nicht widerlegt worden, daß Joshua bislang nur zwei gefährlichen Gegnern gegenübergestanden und dabei de facto den kürzeren gezogen habe. Gemeint sind der Kubaner Erislandy Savon und der Italiener Roberto Cammarelle, die sich dem Briten im olympischen Turnier jeweils knapp geschlagen geben mußten, jedoch nach Auffassung vieler Experten eher gegen die Punktrichter verloren hatten.

Ein weiteres Argument, das der Überprüfung harrt, ist Dillain Whyte, der Joshua zu Amateurzeiten auf die Bretter geschickt hatte und ihm nun im Profilager nachstellt. Der britische Verband hat Whyte als Kandidaten nominiert, gegen Tyson Fury um den nationalen Titel zu kämpfen, den der 2,06 m große Riese im vergangenen Jahr Dereck Chisora abgenommen hat. Da Fury jedoch als Pflichtherausforderer der WBO gute Aussichten auf ein Duell mit Wladimir Klitschko im Herbst hat, wird er den für ihn unbedeutenden Gürtel eher abgeben, als ihn gegen Whyte zu verteidigen. Theoretisch könnten Hearn und Joshua in die Bresche springen und die Ankündigung wahrmachen, man wolle zuallererst die einheimische Konkurrenz von hinten aufrollen. Dazu böte sich ein Sieg über Dillain Whyte und der Titel des Britischen Meisters als erste Trophäe im Profilager an, wozu es jedoch nicht kommen wird. Der mit einer beträchtlichen Schlagwirkung ausgestattete Landsmann ist schlichtweg zu gefährlich für Joshua, als daß Hearn dieser Option zustimmen würde.

Anthony Joshua selbst erfreute sich seines ungefährdeten Sieges und verkündete, wie sehr er die Kämpfe genieße. Demgegenüber sei das Training der schwierigere Teil des Geschäfts. Sein Trainer drille ihn im Gym, und diese harte Arbeit zahle sich aus, wenn er in den Ring steige und sein Statement abgebe. Habe es vor dem Kampf geheißen, daß ihn dieser Gegner ernsthaft auf die Probe stellen werde, so habe er doch seinen Auftritt von Anfang bis Ende ausgekostet. [1]

Wie bereits bekanntgegeben wurde, soll Anthony Joshua seine nächsten Kämpfe am 18. Juli und 12. September bestreiten, wobei die Termine und Austragungsorte wie immer davon abhängen werden, welches Programm Eddie Hearn zusammenstellt. Unter seiner Führung ist Matchroom zum führenden britischen Boxpromoter aufgestiegen, der einerseits eng mit Sauerland Event zusammenarbeitet, vor allem aber seine Fühler immer wieder in die USA ausstreckt. Dort hat Kell Brook im letzten Jahr den IBF-Titel im Weltergewicht und James DeGale jüngst den Gürtel desselben Verbands im Supermittelgewicht gewonnen, so daß Hearns Einfluß auch jenseits des großen Teichs stetig wächst.

*

Jorge Linares demoliert Kevin Mitchell

Bei derselben Veranstaltung in London war Kevin Mitchell der einzige Akteur Eddie Hearns, der sich geschlagen geben mußte. Er unterlag dem WBC-Weltmeister im Leichtgewicht, Jorge Linares aus Venezuela, durch Abbruch in der zehnten Runde. Im Verlauf ihres mitunter erbittert geführten Gefechts trug der Brite im siebten Durchgang eine stark blutende Rißwunde über dem linken Auge davon, die in der Folge seine Sicht auf dieser Seite erheblich einschränkte und ihn offen für zahlreiche weitere Treffer machte.

In der zehnten Runde erschütterte Linares den schwer gezeichneten Herausforderer mit einer wuchtigen Rechten und deckte ihn dann mit einem Hagel weiterer Schläge ein, worauf der Brite auf ein Knie niedersank, wohl um weiteren Treffern zu entgehen. Wenngleich Mitchell wieder auf die Beine kam, entschied der Ringrichter auf Abbruch, was zweifellos eine weise Entscheidung war, die Schlimmeres abwendete. Wie es der Zufall will, stehen für beide Boxer nunmehr 39 Siege und drei Niederlagen zu Buche.


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/05/brook-vs-gavin-early-results/#more-193973

2. Juni 2015


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang