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MELDUNG/1814: Wenn sich die Wege endlich kreuzen ... (SB)



Keith Thurman steht mit Shawn Porter die Nagelprobe ins Haus

Keith Thurman verteidigt den Titel des regulären WBA-Weltmeisters im Weltergewicht am 12. Dezember in Las Vegas gegen den früheren IBF-Champion Shawn Porter. Damit steht der 26jährige Thurman, der in seiner Karriere durchweg handhabbare Gegner besiegt hat und in 26 Profikämpfen ungeschlagen ist, vor seiner bislang schwersten Aufgabe. Für den ein Jahr älteren Porter stehen 26 Siege, eine Niederlage und ein Unentschieden zu Buche. Wenngleich er mit Thurmans Schlagwirkung nicht ganz mithalten kann, ist er doch schneller und in der Nahdistanz erheblich stärker. Seine gefährlichste Waffe ist der linke Haken, dem der Weltmeister besser nicht in die Quere kommen sollte.

Andererseits war es ein linker Haken Adrien Broners, der Porter bei seinem letzten Kampf in der zwölften Runde auf die Bretter schickte. Wenngleich Shawn Porter dennoch klar nach Punkten gewann, kann man darauf wetten, daß Thurman diese Szene immer und immer wieder in der Hoffnung studiert, einen entscheidenden Schlüssel zu finden, wie dieser Gegner zu besiegen sei. Keith Thurmans bevorzugte Kampfesweise besteht darin, schnell anzugreifen, nach Möglichkeit einen schweren Treffer zu landen und sich sofort wieder aus dem Staub zu machen, ehe ihn das Echo erreicht. Ein Schlagabtausch, bei dem er auch einstecken und Nehmerqualitäten unter Beweis stellen muß, ist seine Sache nicht. Das mag gut aussehen, solange ihm ein Gegner nicht folgen kann und von ihm vorgeführt wird. [1]

Genau das könnte jedoch im Dezemberkampf gegen Shawn Porter gründlich mißlingen, der ein hervorragender Konterboxer ist und zuletzt Adrien Broner erfolgreich gejagt und am Schlagen gehindert hat. Es könnte daher eng werden für Thurman, der seinen Titel zum dritten Mal verteidigt. Am 7. März dominierte er in Las Vegas Robert Guerrero in einem turbulenten, aber letztlich doch einseitigen Kampf, den er klar nach Punkten für sich entscheiden konnte. Der Weltmeister aus Clearwater, Florida, kehrte am 11. Juli in den Ring zurück, als er in Tampa den ehemaligen Champion Luis Collazo in der siebten Runde besiegte. Danach waren die Meinungen geteilt, ob er den schwerfälligen Kontrahenten elegant ausmanövriert oder im Gegenteil vor ihm weggelaufen sei. Kritiker verwiesen insbesondere darauf, daß er in der vierten Runde einen schweren Körpertreffer nur mit Mühe überstanden und insgesamt so furchtsam wie schon gegen Leonard Bundu im Dezember 2013 gekämpft habe.

Floyd Mayweather hatte Thurman im September einen Auftritt in seinem Vorprogramm gegen den in 18 Kämpfen ungeschlagenen Errol Spence angeboten, sich dabei jedoch eine harsche Abfuhr geholt. Thurmans Begründung, Spence boxe unter seinem Niveau und müsse sich die Sporen erst noch verdienen, während er selbst nur als Hauptkämpfer antrete, kam bei zahlreichen Fans nicht gut an. Immerhin hatte Mayweather dem Sieger einen Kampf um einen seiner Titel im Weltergewicht in Aussicht gestellt, die er eigentlich niederlegen wollte. Der Vorwurf, Thurman gehe dem hart und präzise schlagenden Spence aus anderen als den genannten Gründen aus dem Weg, war sicher nicht ganz aus der Luft gegriffen.

Shawn Porter, der aus Akron in Ohio stammt und in Las Vegas lebt, hatte den IBF-Titel im August 2014 umstritten an den Briten Kell Brook verloren, sich danach aber mit zwei erstklassigen Vorstellungen zurückgemeldet. Am 13. März schaltete er in Ontario, Kalifornien, Erick Bone in der fünften Runde aus und am 20. Juni folgte der bereits erwähnte Sieg über Adrien Broner, der sich daraufhin ins Halbweltergewicht zurückzog, wo er kürzlich Weltmeister in der vierten Gewichtsklasse geworden ist. [2]

Da Shawn Porter und Keith Thurman beide bei dem einflußreichen Berater Al Haymon unter Vertrag stehen, der seine Boxer in der Regel von allzu gefährlichen Kontrahenten fernhält, kommt dieses hochklassige Duell zwar später als von vielen Fans und Experten gefordert, aber früher als erwartet. Vor allem für Thurman, der sich recht voreilig zum legitimen Nachfolger Floyd Mayweathers erklärt hat, kommt dieser Kampf einem echten Prüfstein gleich, dem er lange aus dem Weg gegangen ist. Dem Munde nach ist er schon lange der führende Akteur im Weltergewicht, doch nun schlägt auch ihm bald die Stunde der Wahrheit.


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/10/keith-thurman-vs-shawn-porter-on-december-12th-on-showtime/#more-200107

[2] http://espn.go.com/boxing/story/_/id/13830568/keith-thurman-shawn-porter-headed-welterweight-showdown-dec-12

9. Oktober 2015


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