Schattenblick → INFOPOOL → SPORT → BOXEN


MELDUNG/1873: Restverwertung auf dem absteigenden Ast (SB)



Promoter Eddie Hearn lockt George Groves

Dem führenden britischen Promoter Eddie Hearn von Matchroom Sport steht der Sinn nach George Groves, dessen nach wie vor nicht von der Hand zu weisende Popularität in England geeignet sein dürfte, jede Menge Eintrittskarten zu verkaufen und auch bei der Fernsehübertragung einen guten Schnitt zu machen. Zugleich darf man wohl annehmen, daß Hearn den beim Berliner Unternehmen Sauerland Event unter Vertrag stehenden Supermittelgewichtler nach dessen beiden vorzeitigen Niederlagen gegen seinen Landsmann Carl Froch und dem Scheitern an WBC-Weltmeister Badou Jack im September auf dem absteigenden Ast seiner Karriere wähnt. Die Kombination aus einem weithin bekannten Namen und offenkundigen Schwächen in der jüngeren Vergangenheit macht Groves zu einem attraktiven Kandidaten, dessen man sich gerne in Erwartung des eigenen Vorteils bedient, ehe er in den Niederungen entzogener Gunst versinkt.

Daß es Groves trotz seiner Rückschläge in allen drei Titelkämpfen gelungen ist, sich immer wieder ins Geschäft zu reden, korrespondiert mit einem bemerkenswerten Wohlwollen der Verbände. So wird der 27jährige, für den 21 Siege und die drei genannten Niederlagen zu Buche stehen, in der Rangliste des WBC an der noch immer aussichtsreichen dritten Position geführt. Am 30. Januar trifft er in der Londoner Copper Box Arena auf den zweitklassigen Italiener Andrea di Luisa, dessen Bilanz von 18 gewonnenen und drei verlorenen Auftritten nicht darüber hinwegtäuschen kann, welche Rolle ihm in diesem Duell zugedacht ist. Groves will den Gegner bei seinem ersten Kampf seit der knappen Punktniederlage gegen Badou Jack am 12. September im MGM Grand in Las Vegas vorzeitig auf die Bretter schicken, was ihm schon lange bei keinem Kontrahenten mehr gelungen ist.

Im August unterlag Di Luisa dem 35 Jahre alten früheren IBF-Champion Lucian Bute in der vierten Runde, der sich wiederum dem aktuellen Weltmeister dieses Verbands, James DeGale, im November nach Punkten geschlagen geben mußte. Dieser Kampf in Quebec City, wo der seit langem in Kanada lebende Rumäne vor heimischem Publikum in den Ring steigen konnte, verlief wesentlich enger, als es das Urteil der Punktrichter zum Ausdruck brachte, das dem Briten einen deutlichen Vorsprung attestierte.

Der IBF-Weltmeister James DeGale mit seiner Bilanz von 22 Siegen und einer Niederlage ist einer der drei Akteure, die Eddie Hearn für einen Kampf gegen George Groves ins Gespräch gebracht hat. Hinzu kommen der in 18 Auftritten ungeschlagene Ranglistenerste des WBC, Callum Smith, sowie die Nummer acht der WBO, Martin Murray, für den 32 Siege, drei Niederlagen und ein Unentschieden zu Buche stehen. [1]

George Groves hat James DeGale im Jahr 2011 in einem Kampf über zwölf Runden knapp geschlagen, wobei der umgekehrte Ausgang nicht minder vertretbar gewesen wäre. Damals strebte Groves dem Höhepunkt seiner Karriere entgegen, auf dem er angriffslustig und druckvoll boxend jedem Gegner gefährlich werden konnte. Seit den Niederlagen gegen Carl Froch, der ihn in beiden Fällen zu Boden schickte, wirkt der Londoner wie verwandelt und sehr viel angreifbarer als in der Vergangenheit. Der Franzose Christopher Rebrasse brachte ihn in ihrem Ausscheidungskampf 2014 an den Rand eines Niederschlags, selbst der als krasser Außenseiter gehandelte Denis Douglin konnte ihn in einer Szene sichtlich erschüttern, und Badou Jack schickte ihn gleich in der ersten Runde auf die Bretter. Da sich DeGale seit ihrem ersten Aufeinandertreffen erheblich verbessert hat und inzwischen Weltmeister geworden ist, ginge er als Favorit in einen Kampf mit Groves.

Der 33jährige Martin Murray mußte sich bei seinem letzten Auftritt im November dem WBO-Weltmeister Arthur Abraham in Hannover knapp nach Punkten geschlagen geben. Während der Brite zuvor getönt hatte, er werde im Falle einer Niederlage die Boxhandschuhe an den Nagel hängen, ist davon inzwischen keine Rede mehr. Man kann wohl davon ausgehen, daß er zugreifen würde, böte man ihm einen lukrativen Gang mit George Groves an. Da Murray in der WBO-Rangliste an Nummer acht geführt wird, würde dieser Kampf für Groves durchaus Sinn machen - immer vorausgesetzt, er verliert nicht gegen Andrea di Luisa. Angesichts der mäßigen Schlagwirkung Murrays hätte er zumindest kaum einen Niederschlag zu befürchten, es sei denn durch einen Körpertreffer, den man als die gefährlichste Waffe dieses Kontrahenten bezeichnen könnte.


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/12/203617/#more-203617

29. Dezember 2015


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang