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MELDUNG/1889: Plötzlich wieder in aller Munde (SB)



David Haye braucht nur 131 Sekunden für Mark de Mori

David Haye ist nach dreieinhalb Jahren Abwesenheit mit einem Paukenschlag in den Ring zurückgekehrt. Der britische Schwergewichtler brauchte in der Londoner O2 Arena nur 131 Sekunden, um den in Kroatien lebenden Australier Mark de Mori geschlagen auf die Bretter zu schicken. Wie populär der Brite nach wie vor ist, unterstrich die Zahl von 16.000 Zuschauern, die ungeachtet der langen Pause des ehemaligen Weltmeisters und des weithin unbekannten Gegners seine Wiederkehr am Schauplatz des Geschehens verfolgten. Wenngleich man damit gerechnet hatte, daß sich der Lokalmatador früher oder später durchsetzen würde, sorgte der furiose Auftritt doch für eine faustdicke Überraschung.

Befürchtungen, der Londoner habe sein früheres Feuer verloren, bestätigten sich nicht. Der Kampf war kaum eingeläutet, als er auch schon mit heftigen Schlägen und gefährlichen Kombinationen über seinen Gegner herfiel, der an die Seile zurückwich und damit sein Verhängnis besiegelte. Der Favorit konnte nun Maß nehmen und den Australier mit Treffern eindecken, ohne daß De Mori ein Fluchtweg blieb. Ein rechter Haken an den Kiefer erschütterte den Außenseiter, der daraufhin den Kopf senkte. Sofort setzte Haye mit zwei rechten und einem linken Haken nach, die den Australier zu Boden schickten, wo er länger liegenblieb, als der Kampf gedauert hatte, und vom medizinischen Team versorgt wurde. Ringrichter Bob Williams erklärte das Gefecht nach genau 2:11 Minuten der ersten Runde für beendet.

Haye, der seine Bilanz auf 27 gewonnene und zwei verlorene Kämpfe ausbaute, hatte seinen Gewichtszuwachs ausgezeichnet ins Feld geführt und mit seinen explosiven Schlägen kurzerhand reinen Tisch gemacht. Das schnelle Ende dürfte durchaus in seiner Absicht gelegen haben, da es ihn der Beweisführung enthob, einen längeren Auftritt konditionell durchzuhalten. Für den 33jährigen Mark de Mori, der bislang in der WBA-Rangliste an Nummer zehn geführt wird, stehen nun 30 Siege, zwei Niederlagen und zwei Unentschieden zu Buche.

Wie David Haye im anschließenden Interview versicherte, wolle er die Titel im Schwergewicht zusammenführen. Vor ein paar Jahren sei ihm das nicht gelungen, und in der Folge habe ihm die Verletzung einen Strich durch die Rechnung gemacht. Inzwischen fühle er sich wieder rundum gesund und sei in besserer Verfassung als in der Vergangenheit. Er nehme die Spitze ernsthaft ins Visier, da inzwischen wieder jede Menge Titel zu vergeben seien. Zwar habe Tyson Fury einen Kampf gegen ihn ausgeschlossen, doch seien da ja auch noch die Gürtel der Verbände WBC und IBF.

Als er noch die Nummer eins der britischen Schwergewichtsszene und Weltmeister der WBA war, bescherte sein von langer Hand geplanter und beworbener Kampf gegen Wladimir Klitschko im Jahr 2011 beiden Akteuren immense Einkünfte, deren genaue Höhe nie veröffentlicht wurde, aber jedenfalls im zweistelligen Millionenbereich lag. 2012 füllten 35.000 Fans den Upton Park, wo er seinen einheimischen Rivalen Dereck Chisora in der fünften Runde ins Reich der Träume schickte. Dem war eine aufwendig inszenierte Fehde mit einer Prügelei nach dem Kampf zwischen Chisora und Vitali Klitschko vorausgegangen. Mit 35 Jahren ist der frühere Champion im Cruisergewicht und Schwergewicht nach wie vor ein Publikumsmagnet. Die Zuschauer schätzen die offensive Kampfesweise, mit der er über seine Gegner herfällt, und nicht zuletzt auch sein großes Mundwerk, das zu seinem beträchtlichen Unterhaltungswert beiträgt. Wenngleich er mit der Live-Übertragung in einem Commedy-Kanal vorliebnehmen mußte, ändert das nichts daran, daß er plötzlich wieder in aller Munde ist.

Tyson Fury, der die Titel der WBA und WBO in seinem Besitz hat, bestreitet im nächsten Schritt eine Revanche mit Wladimir Klitschko. Der 27jährige Hüne will mit Haye nichts mehr zu tun haben, seitdem ihn dieser 2013 zweimal bei bereits vereinbarten Kämpfen wegen Verletzungen versetzt hat. David Haye könnte jedoch unter Umständen am 4. Juni im Wembley-Stadion einen Kampf gegen Anthony Joshua bekommen, der zweifellos enormes Interesse beim britischen Boxpublikum wachrufen würde. Allerdings wird Promoter Eddie Hearn wahrscheinlich zögern, sein Zugpferd mit dem wiedererstarkten Haye in den Ring zu lassen. [1]

Man kann David Haye nicht widersprechen, wenn er nun erklärt, er schlage härter als je zuvor. Daß kein Schwergewichtler der Welt diese Schläge verkraften könne, wie der Brite weiter behauptet, ist natürlich Teil seiner unablässigen Werbekampagne in eigener Sache, die er mit seinem Blitzsieg kräftig angeheizt hat. Für seinen nächsten Auftritt wünsche er sich einen zäheren und größeren Gegner, wofür ihm Anthony Joshua gerade recht käme. Man werde auf jeden Fall die Ranglisten gründlich unter die Lupe nehmen und herausfinden, wer zum gewünschten Zeitpunkt zur Verfügung steht.

Da Mark de Mori regelrecht überrollt wurde und nicht in der Lage war, dem Ansturm etwas entgegenzusetzen, war er kein ernsthafter Prüfstein für den Briten. Der Australier setzte seinen Jab nicht ein, bewegte sich kaum und suchte Zuflucht an den Seilen, was ihm schlecht bekam. Er war insofern ein idealer Gegner, als Haye sich ungehindert entfalten und seine gefährlichen Haken schlagen konnte. Erinnert man sich jedoch an die Probleme des Briten im Kampf gegen Wladimir Klitschko, kann man davon ausgehen, daß er auch an die noch höher gewachsenen Kontrahenten Deontay Wilder und Anthony Joshua kaum herankäme. [2]


Fußnoten:

[1] http://espn.go.com/boxing/story/_/id/14583485/david-haye-knocks-mark-de-mori-first-round-return-ring

[2] http://www.boxingnews24.com/2016/01/haye-destroys-de-mori-in-1st-round-ko/#more-204190

19. Januar 2016


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