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MELDUNG/1922: Jetzt soll die Kasse klingeln (SB)



Lucas Browne sucht einen lukrativen Gegner

Am letzten Wochenende ist Lucas Browne durch einen Sieg über den Titelverteidiger Ruslan Tschagajew in Grosny regulärer Weltmeister der WBA im Schwergewicht geworden. Der 36jährige Australier setzte in diesem Kampf gegen den ein Jahr älteren Usbeken nicht wie erwartet auf seine Größe und Schlagwirkung, sondern verlegte sich darauf, den Gegner auszuboxen. Diese überraschende Vorgehensweise bekam ihm jedoch selber geraume Zeit nicht gut, da er auf den Zetteln der Punktrichter zunehmend in Rückstand geriet. Wenngleich der Herausforderer dank seiner unablässigen Bewegung nicht allzu häufig getroffen wurde, brachte Tschagajew doch ab und zu einen wuchtigen Schlag ins Ziel und schickte den Australier in der sechsten Runde auf die Bretter. Browne konnte den Kampf fortsetzen und kam in der Folge gegen den ermüdenden Champion etwas besser zur Geltung, der jedoch noch immer in Führung lag, als er in der zehnten Runde überraschend niedergeschlagen wurde und wenig später die Segel streichen mußte.

Nach Maßgabe der WBA soll der in 24 Kämpfen ungeschlagene Australier seinen Titel binnen drei Monaten gegen den Pflichtherausforderer Fres Oquendo verteidigen. Der 42jährige Puertoricaner wird derzeit an Nummer sechs der WBA-Rangliste geführt und hat bereits siebenmal verloren, jedoch ausschließlich gegen namhafte Gegner, die ihn unter Druck setzen und zermürben konnten: Evander Holyfield, James Toney, Oliver McCall, John Ruiz, David Tua, Jean Marc Mormeck und Ruslan Tschagajew haben sich gegen ihn durchgesetzt, was von seiner weitreichenden Erfahrung im Umgang mit anspruchsvollen Kontrahenten zeugt.

Oquendo auszuboxen, wie Browne es eher schlecht als recht mit Tschagajew versucht hat, wäre ein vergebliches Unterfangen, da genau dies das Metier des versierten Puertoricaners ist, der zudem auch gehörig zuschlagen kann. Sollte es zu diesem Kampf kommen, bliebe dem Australier kaum eine andere Wahl, als den Gegner mit seiner physischen Wucht zu überwältigen, wobei auch in diesem Fall der Ausgang ungewiß wäre. Man kann daher davon ausgehen, daß Fres Oquendo großes Interesse an der Herausforderung Brownes hat, gegen den er sich Chancen ausrechnen dürfte, auf vergleichsweise leichtem Weg Weltmeister zu werden.

Das bislang ungeklärte Problem besteht jedoch darin, daß sich Oquendo gerade von einer Schulteroperation erholt und möglicherweise bis Ende Juni noch nicht in den Ring zurückkehren kann. Die WBA legt Wert darauf, ihr Turniersystem an der Spitze des Schwergewichts umzusetzen, und besteht höchstwahrscheinlich auf einen Kampf zwischen Browne und Oquendo, darf aber andererseits ihren Zeitplan nicht allzu sehr überdehnen. Viel wird daher davon abhängen, in welcher Frist der Puertoricaner wieder einsatzbereit ist.

Für Lucas Browne ist Fres Oquendo hingegen keine attraktive Option, da er mit ihm nicht viel Geld verdienen kann. Man muß kein Hellseher sein, um zu ahnen, daß das Lager des Australiers dem Puertoricaner insgeheim keine rasche Genesung wünscht. Sollte Oquendo auf absehbare Zeit nicht zur Verfügung stehen, wäre der Weg frei, sich nach einem hochdotierten Duell mit einem prominenteren Kontrahenten umzusehen. Bei den Hatton Promotions, wo Browne unter Vertrag steht, macht man keinen Hehl daraus, daß David Haye, Anthony Joshua, Tyson Fury oder Deontay Wilder wesentlich attraktiver wären. Wenngleich Ricky Hatton dem Vernehmen nach bereits Gespräche mit Fres Oquendo führt, rechnet man in diesem Fall mit einer mageren Börse, die womöglich noch niedriger als jene im Titelkampf gegen Tschagajew ausfallen könnte, obgleich Browne nun als neuer Weltmeister eigentlich mehr verdienen sollte.

Deontay Wilder kann man indessen vorerst vergessen, da der WBC-Champion gegen den Pflichtherausforderer Alexander Powetkin antritt und daher erst im Herbst wieder zur Verfügung stünde. Anthony Joshua fordert am 9. April den IBF-Weltmeister Charles Martin in London heraus. Sollte der Brite gewinnen, käme für ihn wohl sein Landsmann David Haye an die Reihe, mit dem sich große Umsätze erzielen ließen. Folglich wird Haye gleichermaßen auf diese Option setzen und nicht gegen Lucas Browne antreten, dessen Wunschgegner schlichtweg unabkömmlich sind. Das gilt natürlich auch für Tyson Fury, dem eine hochdotierte Revanche mit Wladimir Klitschko ins Haus steht. [1]

Der Australier rangiert als regulärer Weltmeister der WBA unter dem Superchampion Tyson Fury und gilt als Titelträger, der seinen Gürtel vermutlich nicht lange behalten wird. Um so verständlicher ist sein Wunsch, sich nicht mit unbedeutenden und wenig einträglichen Auftritten abzugeben, sondern wenn irgend möglich aus dem vollen zu schöpfen. Wie Browne erklärt, könne er durchaus verstehen, daß jetzt alle möglichen Promoter, Manager und Boxer hinter ihm her seien und ihn in den Medien zum Kampf forderten. In all diesen Fällen stelle sich jedoch die Frage, was diese Kandidaten bislang geleistet haben, um eine solche Chance zu verdienen. Wenngleich er niemandem den Wunsch und das Recht abspreche, Weltmeister werden zu wollen, könne er seinen Konkurrenten nur raten, sich genauso nach oben zu arbeiten wie er es getan habe. [2]


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2016/03/lucas-brownes-management-wants-haye-fury-joshua/#more-206354

[2] http://www.boxingnews24.com/2016/03/lucas-browne-looking-big-fight/#more-206422

10. März 2016


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