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MELDUNG/1997: Nach der Zäsur fast nahtlos angeknüpft (SB)



Erkan Teper weist Derric Rossy problemlos in die Schranken

Daß Erkan Teper nicht nur ein Schwergewichtler von imposanter Statur, sondern auch ein kampffreudiger Boxer mit einer enormen Schlagwirkung ist, deuteten schon seine Erfolge gegen Michael Sprott und Martin Rogan an, die beide in der ersten Runde die Segel streichen mußten. Im März 2015 setzte sich der Ahlener klar nach Punkten gegen den technisch versierten Franzosen Johann Duhaupas durch, worauf er am 17. Juli im Kampf um den vakanten Titel des Europameisters in Ludwigsburg auf den ein Jahr jüngeren David Price traf, der vor einiger Zeit noch als einer der größten britischen Hoffnungsträger gehandelt worden war. Während für den Briten 19 Siege und zwei Niederlagen zu Buche standen, war Teper in vierzehn Auftritten ungeschlagen.

Obgleich Erkan Teper trotz einer stattlichen Größe von 1,95 m immer noch sieben Zentimeter kleiner als sein Gegner war, trieb er den Briten sofort durch den Ring und brachte immer wieder Treffer ins Ziel. Price konnte ihn selbst durch häufiges Klammern nicht bremsen, zumal der Ahlener alles problemlos wegsteckte, was sein Widersacher aufzubieten hatte. Bereits in der zweiten Runde war es um David Price geschehen, als ihn ein wuchtiger linker Haken von den Beinen holte. Der Brite stürzte bewußtlos zu Boden, wo er einige Augenblicke reglos liegenblieb.

Der robuste und selbstsicher wirkende Erkan Teper machte in diesem Kampf eine so gute Figur, daß der britische Promoter Eddie Hearn den Namen des neuen Europameisters wenig später als künftigen Gegner Anthony Joshuas ins Gespräch brachte. Während David Price bekanntermaßen talentiert, aber aus welchen Gründen auch immer körperlich oder emotional so angeschlagen sei, daß ein Kampf gegen Joshua das letzte wäre, was er derzeit gebrauchen könne, sei Teper definitiv ein Ziel, das man im Auge behalte. Bald darauf gab das Team des Ahleners bekannt, daß man den Titel im Dezember gegen den namhaften Finnen Robert Helenius verteidigen werde, was die Bereitschaft Tepers unterstrich, sich nicht schwachen Kontrahenten aufzuhalten.

Dann wurde jedoch publik, daß Teper nach dem Kampf gegen Price positiv auf eine verbotene Substanz getestet worden war. Er mußte daraufhin den Titel zurückgeben und verlor zugleich seinen guten Ranglistenplatz beim Verband IBF, was ihn daran hinderte, eine Chance gegen Anthony Joshua zu bekommen, der inzwischen Weltmeister dieses Verbands geworden ist. Damit entging Teper sehr viel Geld wie auch die Gelegenheit, seine enorme Schlagwirkung mit der des Briten zu messen. Die verhängte Sperre setzte den Ahlener fast ein Jahr außer Gefecht, was angesichts des aussichtsreichen Stadiums seiner Karriere besonders bitter war.

Bei seinem ersten Auftritt seit Juli 2015 ist Erkan Teper nun erfolgreich in den Ring zurückgekehrt. Der in 16 Kämpfen ungeschlagene ehemalige Europameister hatte keinerlei Probleme, den erfahrenen Aufbaugegner Derric Rossy in Lüneburg einstimmig nach Punkten in die Schranken zu weisen (98:92, 97:93, 96:94). Für den US-Amerikaner stehen nun 30 Siege und zwölf Niederlagen zu Buche. Wenngleich der 34jährige Teper schwerer und weniger konditionsstark als bei seinem letzten Auftritt wirkte, hat er doch nichts von seinen explosiven Attacken und den ebenso schnellen wie wuchtigen Schlägen eingebüßt.

Der zwei Jahre ältere Rossy stellte wieder einmal seine ausgezeichneten Nehmerqualitäten unter Beweis, steckte er doch Tepers gefährliche linke Haken und rechte Geraden weg, ohne zu taumeln, geschweige denn zu Boden zu gehen. Das will schon etwas heißen, da Tepers letzter Gegner David Price bereits in der zweiten Runde geschlagen auf der Ringmatte lag.

Erkan Teper bringt die Voraussetzungen mit, sich in den Ranglisten wieder zügig nach vorn zu arbeiten, sofern er nur regelmäßig kämpft und entsprechend plazierte Gegner besiegt. Und er muß nicht zuletzt darauf achten, daß ihn nicht unverhoffte Probleme am Rande wie die positive Dopingprobe aus der Bahn werfen. Mit seinen 34 Jahren ist Teper als Schwergewichtler in einem Alter, in dem er durchaus noch Anschluß an die Weltspitze herstellen kann, zumal er in Statur und Kampfesweise nicht von ungefähr an den verstorbenen Corrie Sanders erinnert, der einst Wladimir Klitschko auf die Bretter schickte.

Für einen Schwergewichtler seiner Größe schlägt Teper ungewöhnlich schnell und dabei beidhändig mit beträchtlicher Wucht. Was ihn womöglich noch mehr auszeichnet, ist sein robustes Durchhaltevermögen, dank dessen er auch schwere Treffer verkraften kann. Das käme ihm zugute, sofern er auf namhafte Kontrahenten wie Anthony Joshua, Deontay Wilder, Tyson Fury oder Wladimir Klitschko treffen sollte, was nicht auszuschließen ist. Der Schwergewichtsszene fehlt es noch immer an guten Boxern, die technische Qualitäten mit Schnelligkeit und durchschlagender Wirkung verbinden. Berücksichtigt man, daß Teper nach einer längeren Unterbrechung seiner Karriere erst wieder Tritt fassen und Kampfpraxis sammeln muß, mutet seine Vorstellung gegen Derric Rossy vielversprechend an. Es dürfte nicht lange dauern, bis er in der Verfassung ist, es mit jedem Kontrahenten der Königsklasse aufzunehmen. [1]


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2016/07/erkan-teper-vs-derric-rossy-results/#more-212865

6. Juli 2016


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