Roman Gonzalez fordert Carlos Cuadras heraus

Roman Gonzalez, der in 45 Kämpfen ungeschlagene WBC-Champion im Fliegengewicht, gilt unter Experten noch vor dem Mittelgewichtler Gennadi Golowkin als derzeit weltbester Akteur aller Gewichtsklassen. Daß der 29 Jahre alte Boxer aus Nicaragua vom internationalen Publikum allenfalls am Rande wahrgenommen wird, ist ausschließlich auf die geringe Beachtung zurückzuführen, unter der die leichtesten Limits zumindest in Nordamerika und Europa traditionell zu leiden haben. Gonzalez war in der Vergangenheit bereits Weltmeister im Stroh- und Halbfliegengewicht. Am 10. September schickt er sich in Inglewood, Kalifornien, an, einen Titel im Superfliegengewicht und damit in der vierten Gewichtsklasse zu gewinnen. Er trifft dabei auf den WBC-Champion Carlos Cuadras, der mit einer kaum minder beeindruckenden Bilanz von 35 Siegen und einem Unentschieden aufwarten kann. Der Mexikaner steht seit seinem Profidebüt vor acht Jahren im Ruf, unschlagbar zu sein, wobei lediglich ein technisches Unentschieden gegen Jose Salgado von 2014 seine Siegesserie unterbrach.

Der Kampf im legendären Forum in Inglewood findet am selben Tag wie das Duell im Mittelgewicht zwischen Gennadi Golowkin und dem Briten Kell Brook in der Londoner O2 Arena statt, wobei der Sender HBO beide Veranstaltungen überträgt. Die Titelverteidigung des Kasachen gegen den IBF-Champion im Weltergewicht wird am Nachmittag live in den USA ausgestrahlt und abends dann zusammen mit dem Duell zwischen Gonzalez und Cuadras als Aufzeichnung wiederholt. Gonzalez und Golowkin, die jeder auf seine Weise dem professionellen Boxsport spektakuläre Glanzlichter aufsetzen, stehen bei den K2 Promotions unter Vertrag und treten in jüngerer Zeit zumeist im Rahmen ein und derselben Veranstaltung auf. Im Schlepptau des beim US-amerikanischen Publikum wesentlich populäreren Kasachen ist auch Gonzalez ins Rampenlicht getreten und steigt in Inglewood als Hauptattraktion des dortigen Abends in den Ring.

Nicht zuletzt hofft Roman Gonzalez, seinem verstorbenen Mentor und früheren Trainer Alexis Arguello alle Ehre zu machen, indem er eine seiner Bestleistungen übertrifft. Arguello, der berühmteste Boxer Nicaraguas, war seinerzeit Weltmeister in drei Gewichtsklassen. Als Champion im Feder-, Superfeder- und Leichtgewicht trat er 1982 in Miami gegen Aaron Pryor an, um sich einen Gürtel im vierten Limit zu sichern, mußte sich aber in ihrer legendären Schlacht in der Orange Bowl in der vierzehnten Runde geschlagen geben. Wie Promoter Tom Loeffler mutmaßt, habe für Gonzalez die Aussicht, sein Idol zu überholen, sicher eine wesentliche Rolle bei der Entscheidung gespielt, sich den denkbar gefährlichsten Gegner auszusuchen, als man die Namensliste potentieller Kontrahenten durchgegangen sei.

Der Aufstieg ins Superfliegengewicht macht für Gonzalez aber auch deshalb Sinn, weil es ihm zuletzt beträchtliche Mühe bereitete, das Limit des Fliegengewichts einzuhalten. Nach vier erfolgreichen Titelverteidigungen, darunter zwei atemberaubenden vorzeitigen Siegen gegen die früheren Weltmeister Brian Viloria und Edgar Sosa, geht er bei seinem Wechsel in die nächsthöhere Gewichtsklasse auf Anhieb das größtmögliche Risiko ein. Der 27jährige Carlos Cuadras wurde im Mai 2014 durch einen Sieg über Srisaket Sor Rungvisai WBC-Weltmeister und hat den Titel seither sechsmal erfolgreich verteidigt. Bei seinem letzten Auftritt setzte er sich am 23. April in der achten Runde gegen Richie Mepranum von den Philippinen durch. [1]

Der Mexikaner ist zwar geringfügig größer und verfügt über Reichweitenvorteile, was Gonzalez jedoch kaum daran hindern dürfte, ihn in den Schlagabtausch zu verwickeln. Cudras tritt erst zum zweiten Mal in seiner Karriere in den USA an, wo er überdies noch nie im Fernsehen zu sehen war, wenn man einmal von mexikanischen Sendern absieht. Er freue sich sehr, im legendären Forum in Inglewood und bei HBO aufzutreten. Roman Gonzalez sei ein hervorragender Champion, vor dem er großen Respekt habe, so der Titelverteidiger. Daher wolle er sich so gründlich wie möglich vorbereiten, um in der besten Verfassung seiner Karriere anzutreten und den Gürtel erfolgreich zu verteidigen.

Wie der Herausforderer aus Nicaragua erklärt, sei es ihm eine Ehre, erneut an dieser bedeutenden Austragungsstätte vor den großartigen Fans von Los Angeles in den Ring zu steigen. Im Forum hat er sich 2015 durch seinen spektakulären Sieg über Edgar Sosa in der zweiten Runde schlagartig einen Namen auch im US-amerikanischen Boxgeschäft gemacht. Inzwischen konnte er dort einen weiteren Kampf für sich entscheiden und ist auch in dieser Hinsicht Alexis Arguello auf den Fersen, der im Forum vier Kämpfe um die Weltmeisterschaft ausgetragen hat, darunter den Titelgewinn im Federgewicht durch einen Sieg über Ruben Olivares im Jahr 1974, der in der dreizehnten Runde vorzeitig die Segel streichen mußte. [2]

Da Roman Gonzalez und Carlos Cuadras nicht nur unbesiegt sind, sondern ihre Kämpfe größtenteils vorzeitig gewonnen haben, was in den leichtesten Gewichtsklassen noch seltener als in höheren Limits vorkommt, ist bei ihrem Kräftemessen ein Feuerwerk garantiert. Wer darauf wetten wollte, daß dieser Kampf keinesfalls über volle zwölf Runden geht, müßte wohl bei den Buchmachern mit einer mageren Quote vorlieb nehmen.