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EUROPA/101: EU-Kommission veröffentlicht kein ambitionierteres Kreislaufwirtschaftspaket (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzverbände e.V.
EU-Koordination

EU-News - Donnerstag, 03. Dezember 2015 / Abfall

EU-Kommission veröffentlicht kein ambitionierteres Kreislaufwirtschaftspaket


War alles nur heiße Luft? Vize-Kommissionspräsident Frans Timmermans versprach im März ein ambitionierteres Kreislaufwirtschaftspaket vorzulegen. Der gestern veröffentlichte Vorschlag der EU-Kommission ist für viele Umweltverbände und auch für EU-Parlamentarier*innen besonders im Abfallbereich enttäuschend.

Dies betrifft hauptsächlich die Recyclingziele, die Deponieregelung sowie die Lebensmittelverschwendung. Bis 2030 sollen die Mitgliedstaaten 65 Prozent des Haushaltsabfalls recyceln. Im vorherigen Vorschlag [1] der EU-Kommission unter José Manuel Barroso im Juli 2014 hieß es noch 70 Prozent. Hinzukommt, dass sieben Ländern wie Griechenland, Kroatien und Rumänien fünf Jahre mehr bis zum Erreichen einer Recyclingquote von lediglich 60 Prozent gegeben werden.

Die Kommission verfasst kein Deponieverbot. Mitgliedstaaten sollen Deponien bis auf 10 Prozent in 2030 schrittweise abbauen. Hierbei ist allerdings wichtig, dass in gleichem Maße Verbrennungskapazitäten eingeschränkt werden. Sonst findet eine direkte Verlagerung von der Deponierung hin zur Verbrennung statt - auf Kosten des Recyclings. Da die Kommission die separate Erfassung von Biomüll nicht verbindlich gemacht, sondern auf die technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten heruntergeschraubt hat, befürchten Umweltverbände wie das Europäische Umweltbüro (EEB), dass der gesamte Bioabfall in die Verbrennung geschickt wird.

Auch das Problem der Lebensmittelabfälle wurde nicht angegangen. Während die Parlamentarier*innen eine Reduzierung von 30 Prozent der Lebensmittelabfälle bis 2025 gefordert hatten, schreibt die Kommission lediglich eine Beobachtung und Einschätzung von Vermeidungsmöglichkeiten fest.

Der NABU kritisiert die fehlende Verbesserung des Designs von Produkten, um diese reparatur- und recyclingfreundlicher zu machen. "Der Maßnahmenkatalog geht über gute Absichtserklärungen für die Zukunft nicht hinaus. Zwar ist von vielen Initiativen und Plattformen zum Wissensaustausch die Rede. Von wirksamen regulatorischen Maßnahmen und wirtschaftlichen Anreizen für umweltfreundliche Produkte fehlt aber jede Spur. Es muss gelingen, durch entsprechende Vorgaben die Nachfrage nach langlebigen, material- und energieeffizienten Produkten zu steigern", sagte dazu NABU-Abfallexperte Sascha Roth.

Die europäische Umweltorganisation Friends of the Earth Europe (FoEE) weist resümierend darauf hin, dass unter dem Deckmantel der besseren Regulierung ein Jahr zur Verbesserung der Abfallpolitik verloren gegangen ist. Stattdessen ermöglicht es die Kommission den Mitgliedstaaten nun, den Folgen des übermäßigen Konsums weiter auszuweichen, indem sie verpflichtende Maßnahmen verwässert. Verglichen mit dem vorherigen Paket sei dieses kurzfristig angelegt und schlecht reguliert, so Magda Stoczkiewicz, Leiterin von FoEE.

Ein Lob erteilt die Meeresschutzorganisation Seas at Risk zu dem Bekenntnis, 30 Prozent des Meeresmülls bis 2020 zu reduzieren. Damit wurde dieses Ziel nicht aufgeweicht. Zum ersten Mal adressiert der Vorschlag gefährliche Chemikalien in Produkten. Diese sollen reduziert und besser verfolgt werden. Die NGO CHEM Trust wertet dies als Erfolg.

Insgesamt verfehlt es das neue Kreislaufwirtschaftspaket, die Wirtschaft Europas zu stärken und den Klimawandel einzudämmen. Mit dem derzeitigen Vorschlag werden 110.000 weniger Jobs allein in Großbritannien, Deutschland, Polen und Italien erwartet, sagte das EEB auf Berufung von Schätzungen der Umweltorganisation Green Alliance. Zudem kann das Potenzial des Pakets, zwei bis vier Prozent der Treibhausgasemissionen jährlich einzusparen, nicht erreicht werden.

Der Umweltausschuss des EU-Parlaments wird in den kommenden Wochen Berichterstatter ernennen, um die verschiedenen Teile des Pakets zu prüfen. [es]



PM der EU-Kommission
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-15-6203_en.htm

Fragen und Antworten zum Kreislaufwirtschaftspaket
http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-15-6204_en.htm

PM des EU-Parlaments
http://www.europarl.europa.eu/news/en/news-room/content/20151201IPR05540/html/MEPs-welcome-new-circular-economy-proposals-but-regret-weaker-waste-targets

PM vom EEB
http://www.eeb.org/index.cfm/news-events/news/smoke-and-mirrors-as-commission-issues-circular-economy-package-with-weaker-waste-targets/

PM vom NABU
https://www.nabu.de/modules/presseservice/index.php?popup=true&db=presseservice&show=15972

PM von FoEE
http://foeeurope.org/wasted-year-for-circular-economy-021215

PM Seas at Risk
http://www.seas-at-risk.org/17-marine-litter/615-new-circular-economy-package-takes-a-step-in-combating-marine-litter.html

PM von CHEMTrust
http://www.chemtrust.org.uk/new-eu-circular-economy-plan-aims-to-promote-non-toxic-material-cycles/

[1] http://www.eu-koordination.de/umweltnews/news/abfall/2757-kampf-gegen-muellberge-eu-kommission-legt-los

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Quelle:
EU-News, 03.12.2015
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Dezember 2015

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