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ATOM/1131: Status Quo am Schwarzbau (Gorleben Rundschau)


Gorleben Rundschau - Mai/Juni 2015, 1032/1033

Status Quo am Schwarzbau

Gorleben Die 'neue' und 'ergebnisoffene' Suche nach einem sicheren Lager für hochradioaktiven Abfall soll auf einer blütenweißen Landkarte ganz Deutschlands erfolgen. Demnach ist Gorleben ist nur einer unter vielen möglichen Orten, die für ein 'Endlager' untersucht werden sollen. Doch in Gorleben gibt es Dinge, die den Salzstock im Wendland präjudizieren.


Für die Jahre 2017 bis 2021 sind Castortransporte mit 26 Behältern aus Frankreich und England avisiert, deren Verbleib noch ungeklärt ist. Eine Einlagerung in Gorleben ist nach der Novellierung des Atomgesetzes und aus Gründen der Glaubwürdigkeit - fast - ausgeschlossen. Darum gibt es derzeit ein politisches Hick-Hack um einen alternativen, kraftwerksnahen Ort der Zwischenlagerung. Ist der bestimmt, müssen die Energiekonzerne eine Genehmigung für die Einlagerung beantragen, deren Bearbeitung bis zu zwei Jahre dauern kann. Allerdings weist das neue Atomgesetz eine Lücke auf, wonach die Einlagerung von fünf Castoren mit mittelaktiven Abfällen aus La Hague in Gorleben theoretisch doch möglich wäre. Die Konzerne haben keinerlei Interesse, Gorleben als Ziel der kommenden Castortransporte aufzugeben.

Beschlossen wurde auch, dass der im Gorlebener Salzstock bisher aufgefahrene Bereich - der so genannte Erkundungsbereich I - nicht weiter untersucht werden soll. Seit Herbst 2014 werden dort alle Maschinen und Gerätschaften entfernt, und es wird buchstäblich 'das Licht ausgemacht'. Dieser Prozess wird rund zwei Jahre dauern. Offen gehalten wird danach nur noch der Bereich, in dem die Förderschächte unterirdisch ankommen. Gorleben-Gegner kritisieren aber, dass der Erkundungsbereich I nicht wieder mit Salz verfüllt wird und so eine erneute In-Nutzung-Bringung jederzeit schnell und problemlos möglich ist. Beschlossen wurde nicht die Aufgabe Gorlebens, sondern im Gegenteil die billigste Variante der Offenhaltung.

Nur scheinbar positiv ist die Einstellung des Ende der Siebzierjahre eingeleiteten Planfeststellungsverfahrens. Damit entfällt zwar die Möglichkeit des Rückgriffs auf das alte Verfahren, sollte das neue auf der Basis des Standortauswahlgesetzes scheitern. Eine echte Öffentlichkeitsbeteiligung mit Klagerechten ist aber auch im neuen Standortauswahlgesetz nicht vorgesehen.

Ein Meilenstein ist dagegen das ersatzlose Auslaufen des Rahmenbetriebsplans aus dem Jahr 1984, der den Befürwortern immer als willkommenes Instrument zur Durchsetzung Gorlebens galt: Jahrzehntelang wurde Gorleben auf Basis des Bergrechts fast bis zu Ende ausgebaut - vorbei am Atomrecht, ohne Öffentlichkeitsbeteiligung und nur schlecht getarnt als 'Erkundungsbergwerk'. Der Rahmenbetriebsplan, der dieses laxe Verfahren möglich gemacht hatte, konnte 2013 nach jahrelanger Prozessführung der Grundstückseigentümer außer Kraft gesetzt werden. Der gesetzlich erforderliche und seit Oktober 2014 geltende neue Hauptbetriebsplan für die Arbeiten unter Tage dient jedoch auch wieder der Offenhaltung Gorlebens als mögliches Endlager.

Mehr eine Schönheitskorrektur als ein wirklicher Fortschritt ist die Aufgabe Gorlebens als Vorrang-Standort für ein Atommüllendlager. Verhindert werden könnte das Endlager allein durch diese Änderung im Landesraumordnungsprogramm nicht.

Angenehm, aber rechtlich ebenfalls nicht relevant, ist der zugesagte (aber noch nicht erfolgte) Abbau der martialischen Sicherungsanlagen rund um das Erkundungsbergwerk. NATO-Draht und andere Gemeinheiten sollen entfernt und die Sicherung auf Industrie-Standard zurückgebaut werden.

Ein echtes Manko ist aber die immer noch bestehende Veränderungssperre, die es Grundstückseigentümern untersagt, in Tiefen ab 50 Metern (an einigen Stellen 100 Metern) Veränderungen vorzunehmen. Diese Sperre gibt es zurzeit nur in Gorleben, womit der Standort gegenüber allen weiteren potenziellen Standorten für ein Endlager privilegiert ist. Dort können findige Kommunalpolitiker/innen Bohrungen für Erdwärme, Gasspeicher oder Gasgewinnung organisieren und so Tatsachen schaffen, die eine Atommüll-Lagerung unmöglich machen.

Auch an anderer Stelle hat der Standort im Wendland aus Sicht der Gorleben-Befürworter große Vorteile: Dort gibt es nämlich schon die gesamte oberirdische Infrastruktur wie das Zwischenlager mit inzwischen 113 Castoren, die Pilotkonditionierungsanlage mit einer heißen Zelle, das Fasslager mit rund 6500 Kubikmetern schwach- und mittelaktiven Abfällen (LAW und MAW), Sicherungsanlagen, Straßen, Parkplätze, Büro- und Werkstattgebäude. Auch die bestehenden Polizei-Unterkünfte in Lüchow und Dannenberg stehen bei Befürwortern auf der Haben-Seite. Erst der Rückbau aller Anlagenteile würde Chancengleichheit mit anderen potenziellen Standorten herstellen. Geplant ist aber eher der Ausbau: Im Gorlebener Forst soll eine weitere Konditionierungsanlage für MAW und LAW entstehen.

Fazit: Mit dem angekündigten Ende der Castortransporte, der Einstellung des Planfeststellungsverfahrens und der Aufhebung des Rahmenbetriebsplans hat sich die Politik ein kleines Stück auf die Gorleben-Gegner zu bewegt. An anderen Stellen ist sie aber weniger beweglich und betreibt bestenfalls Augenwischerei. Der Standort Gorleben wird gesichert. Diese Punkte werden die Arbeitsfelder der BI in den kommenden Jahren sein.

Weitere Infos im Internet unter:
www.gorleben-rundschau.de

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Quelle:
Gorleben Rundschau - Mai/Juni 2015, Seite 24-25
Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V.
Rosenstr. 20, 29439 Lüchow
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Mai 2015

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