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ATOM/1305: Zweiter Euratom-Durchführungsbericht zur Versorgung des Atommülls (Strahlentelex)


Strahlentelex mit ElektrosmogReport
Unabhängiger Informationsdienst zu Radioaktivität, Strahlung und Gesundheit
Nr. 766-767 / 32. Jahrgang, 6. Dezember 2018 - ISSN 0931-4288

Atommüll
Zweiter Euratom-Durchführungsbericht zur Versorgung des Atommülls

von Thomas Dersee


In der Bundesrepublik Deutschland fallen radioaktive Abfälle beim Betrieb von Leistungs-, Versuchs-, Demonstrations- und Forschungsreaktoren an, aus der Stilllegung von Leistungs-, Versuchs- und Demonstrationsreaktoren sowie von Forschungs- und Unterrichtsreaktoren und weiteren kerntechnischen Einrichtungen, bei der Urananreicherung sowie bei der Herstellung von Brennelementen, bei der Grundlagenforschung und der angewandten Forschung, bei der Radioisotopenanwendung in sonstigen Forschungseinrichtungen, Universitäten, Gewerbe- und Industriebetrieben, Krankenhäusern oder Arztpraxen, bei sonstigen Abfallverursachern, wie zum Beispiel im militärischen Bereich und zukünftig bei der Konditionierung bestrahlter Brennelemente, die der direkten Endlagerung zugeführt werden.

Die in der Bundesrepublik Deutschland anfallenden radioaktiven Abfälle werden, unter Beachtung endlagerrelevanter Gesichtspunkte, grundsätzlich in zwei Kategorien unterschieden: In bestrahlte Brennelemente und Abfälle aus deren Wiederaufarbeitung sowie radioaktive Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung. Bestrahlte Brennelemente fielen und fallen beim Betrieb von Atomreaktoren an, die der gewerblichen Erzeugung von Elektrizität dienen sowie beim Betrieb von Forschungs-, Versuchs- und Demonstrationsreaktoren.

So beschreibt das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (Bundesumweltministerium - BMU) die Verhältnisse in Deutschland in seinem im August 2018 fertiggestellten "Zweiten Bericht zur Durchführung der Richtlinie 2011/70/Euratom" an die EU-Kommission, dem sogenannten Zweiten Durchführungsbericht "für die verantwortungsvolle und sichere Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle".

In Deutschland sind derzeit noch sieben Atomkraftwerke in Betrieb, heißt es weiter in dem Bericht. Mit Inkrafttreten des Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (AtG) am 6. August 2011 infolge der Ereignisse von Fukushima in Japan wurden feste Abschalttermine für alle deutschen Atomkraftwerke eingeführt. Für die sieben noch in Betrieb befindlichen Atomkraftwerke wird die Berechtigung zum Leistungsbetrieb gestaffelt zwischen Ende 2019 und Ende 2022 erlöschen.

Drei Reaktoren befinden sich in der Nachbetriebsphase. Weitere 23 Reaktoren (einschließlich Versuchs- und Demonstrationsreaktoren) befinden sich in der Stilllegungsphase, für drei Reaktoren wurde die Stilllegung beendet. Zudem sind in Deutschland gegenwärtig drei Forschungsreaktoren, drei Unterrichtsreaktoren sowie ein Ausbildungskernreaktor in Betrieb. Sieben Forschungsreaktoren sind in Stilllegung und drei Forschungsreaktoren wurden endgültig abgeschaltet. Für 28 Forschungsreaktoren wurde die Stilllegung beendet. Des Weiteren sind in Deutschland eine Urananreicherungsanlage und eine Anlage zur Brennelementherstellung in Betrieb.

Die Abgabe von bestrahlten Brennelementen aus Leistungsreaktoren an Wiederaufarbeitungsanlagen ist seit dem 1. Juli 2005 nicht mehr zulässig. Die bei der Wiederaufarbeitung bestrahlter Brennelemente im europäischen Ausland angefallenen radioaktiven Abfälle werden in die Bundesrepublik Deutschland zurückgeführt und bis zu ihrer Endlagerung zwischengelagert.

Radioaktive Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung entstehen hauptsächlich beim Betrieb und während des Rückbaus der Leistungsreaktoren, wird in dem Bericht erklärt. In geringerem Umfang fallen radioaktive Abfälle dieser Art auch bei der Anwendung von ionisierender Strahlung in Industrie, Forschung und Medizin an.

Zwischen 1967 und Ende 1978 sind demnach rund 47.000 Kubikmeter sogenannte schwach- und mittelradioaktive Abfälle in der Schachtanlage Asse II eingelagert werden. Seit 1988 dringt kontinuierlich Grundwasser aus dem Deckgebirge in das Bergwerk ein. Zugleich verschlechterte sich die Standsicherheit des alten Bergwerks durch den Durchbauungsgrad sukzessive. Die Schachtanlage Asse II ist gemäß Paragraf 57b des Atomgesetzes unverzüglich stillzulegen. Die Stilllegung soll nach Rückholung der radioaktiven Abfälle erfolgen. Das Konzept der Rückholung sieht vor, die radioaktiven Abfälle zu bergen, zu konditionieren und bis zur endgültigen Endlagerung zwischenzulagern. Derzeitige Schätzungen gingen von einem Abfallvolumen der konditionierten Abfälle von circa 175.000 bis 220.000 Kubikmeter für eine spätere Endlagerung aus.

Im Zeitraum von 1971 bis 1998 seien zudem im Endlager für radioaktive Abfälle Morsleben (ERAM) insgesamt circa 37.000 Kubikmeter feste und verfestigte Abfälle sowie circa 6.600 Strahlenquellen mit einer Gesamtaktivität in der Größenordnung von 1014 Becquerel endgelagert werden. Die Einlagerung von schwach- und mittekadioaktiven Abfällen in das ERAM ist beendet. Das Endlager soll stillgelegt und langfristig verschlossen werden, wird erklärt.

In der Bundesrepublik Deutschland lagerten bis zum 31. Dezember 2017 19.504 Mg (Tonnen) Roh- und vorbehandelte Abfälle sowie 221.980 Kubikmeter behandelte und konditionierte radioaktive Abfälle.

Die bestehenden Regelungen unterscheiden zwischen einerseits radioaktivem Material aus kerntechnischen Anlagen und sonstigem, strahlenschutzrechtlich genehmigtem Umgang sowie andererseits Abfällen, die nur natürlich vorkommende radioaktive Stoffe enthalten (Naturally Occuring Radioactive Material - NORM). Für NORM gelten zum Teil grundlegend andere Anforderungen, zum Beispiel hinsichtlich der Freigaberegelungen, als für radioaktives Material aus kerntechnischen Anlagen und sonstigem, atom- oder strahlenschutzrechtlich genehmigtem Umgang. NORM wird nicht als radioaktiver Abfall betrachtet und daher nicht bilanziert, heißt es in dem Bericht des BMU.

Bis zum 31. Dezember 2017 seien aus dem Betrieb der Leistungsreaktoren in der Bundesrepublik Deutschland etwa 8.800 Mg (Tonnen) Schwermetall[1] in Form bestrahlter Brennelemente angefallen, die in Deutschland endgelagert werden müssen, wird berichtet. Die aus der Wiederaufarbeitung radioaktiver Abfälle aus dem europäischen Ausland zurückgenommenen und im Inland angefallenen verglasten hochradioaktiven Abfälle lagern in Form von 3.164 Kokillen in 113 Behältern.

Die aus Nicht-Leistungsreaktoren stammende Menge bestrahlten Kernbrennstoffs sei deutlich geringer, als die zu entsorgende Menge aus Leistungsreaktoren und befinde sich in den Nasslagern der Forschungsreaktoren in Berlin, Garching und Mainz sowie in 479 Behältern (mit trockener Zwischenlagerung) in den Zwischenlagern in Ahaus, Jülich und Rubenow.

In der Bundesrepublik Deutschland lagerten bis zum 31. Dezember 2017 19.504 Mg (Tonnen) Roh- und vorbehandelte Abfälle sowie 221.980 Kubikmeter behandelte und konditionierte radioaktive Abfälle.

Beruhend auf der Absicht, alle Arten radioaktiver Abfälle in tiefen geologischen Formationen endzulagern, und unter Beachtung endlagerrelevanter Gesichtspunkte sei in der Bundesrepublik Deutschland eine Basisunterteilung gewählt worden, welche den Anforderungen an die Erfassung und Einteilung radioaktiver Abfälle aus Sicht der Endlagerung gerecht wird, heißt es. An der Basisunterteilung in hochradioaktive Abfälle und Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung werde auch festgehalten, wenn die endzulagernden Abfallgebinde vor ihrer Verbringung in ein Endlagerbergwerk einer längerfristigen obertägigen Zwischenlagerung unterworfen sind, wird erklärt.

Um eine Einordnung in das System der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) zu ermöglichen wurde eine Transfertabelle entwickelt. Es gelte aber zu beachten, dass es sich dabei nur um eine Schätzung handelt, die mit Unsicherheiten behaftet ist, heißt es.


Anmerkung

[1] Megagramm (Mg) oder Tonnen Schwermetall ist die Einheit der Schwermetallmasse und damit ein Maß für den Brennstoffgehalt (Uran, Plutonium und Thorium) eines Brennelements.

weitere Informationen zum Strahlentelex siehe:
www.strahlentelex.de

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Quelle:
Strahlentelex mit ElektrosmogReport, Dezember 2018, Seite 13 - 14
Herausgeber und Verlag:
Strahlentelex
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Februar 2019

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