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FORSCHUNG/187: 5752 Pflanzenarten wachsen in Griechenland (idw)


Freie Universität Berlin - 03.12.2013

5752 Pflanzenarten wachsen in Griechenland: Erste Checkliste seit 100 Jahren veröffentlicht



Europäisches Forschungsprojekt abgeschlossen. Griechenland zählt nach einer internationalen Studie zu den artenreichsten Ländern Europas. Wie acht Botaniker aus Griechenland, Deutschland und Dänemark in dreijähriger Kooperation ermittelten, gibt es 5752 Pflanzenarten und 1893 Unterarten. Die Artenvielfalt wird erstmals seit 100 Jahren in einem Buch dokumentiert. Es listet alle bekannten Pflanzenarten von der Kretischen Dattelpalme bis zur Griechischen Königskerze, die in dieser Region der Erde heimisch oder eingebürgert sind. Das englischsprachige Werk trägt den Titel "Vascular Plants of Greece: An annotated checklist" (Gefäßpflanzen Griechenlands: Eine Checkliste mit Anmerkungen).

Der Botanische Garten und das Botanische Museum Berlin-Dahlem der Freien Universität Berlin war maßgeblich an dem Forschungsprojekt beteiligt und ist gemeinsam mit der Griechischen Botanischen Gesellschaft Herausgeber der Checkliste.

Die 372 Seiten starke Publikation ist von großer Bedeutung für Botaniker, Vegetationskundler, Ökologen und Naturschützer. Sie wird allen relevanten Behörden und Nichtregierungsorganisationen im Umweltbereich in Griechenland als Standard-Nachschlagewerk dienen. Hobbybotaniker können ihre Naturbeobachtungen mithilfe der Checkliste präzisieren. 216 Farbfotografien auf 24 Tafeln illustrieren ausgewählte Pflanzenarten in blühendem und fruchtendem Zustand. In 15 Grafiken und 10 Tabellen werden Fakten präsentiert: Welches sind die 20 artenreichsten Pflanzenfamilien in Griechenland? Welche griechische Region ist die artenreichste? Wie viele Pflanzenarten kommen nur in Griechenland vor und nirgendwo anders auf der Welt? Aus welchen Pflanzengattungen stammen diese Raritäten?

Zweige mit Blüten vor antiken Säulen, im Hintergrund Wald - Foto: © Arne Strid

Der Judasbaum (Cercis siliquastrum) ist in der Mittelmeerregion weitverbreitet.
Foto: © Arne Strid

Die Checkliste zeigt den aktuellen Wissensstand über alle Farne und Blütenpflanzen Griechenlands. Nutzer erfahren, in welcher Region Griechenlands die jeweilige Art zu finden ist und wie sie außerhalb des Landes verbreitet ist. Somit wird auf einen Blick erkennbar, ob die jeweilige Art in Griechenland heimisch ist oder eingeschleppt wurde und ob es sich um eine weitverbreitete Art oder eine hochspezialisierte mit eng begrenztem Vorkommen handelt. Auch wird deutlich, ob die Art beispielsweise ein Baum, Strauch, Zwiebelgewächs oder eine einjährige Pflanze ist. Ebenso wird angegeben, ob die Art an der Küste, im Wald, im Grasland, am oder im Süßwasser oder in den Bergen wächst.

Griechischer Reichtum: Die Pflanzenwelt

Griechenland zählt zu einem der Hotspots der Artenvielfalt weltweit. Griechenland bietet von seinen fast 3000 Meter hohen Gebirgen bis zu den vielen Inseln mit langer Isolationsgeschichte überaus vielfältige Lebensräume mit jeweils ganz unterschiedlichem Lokalklima. Dadurch wurde die Entstehung neuer Arten besonders begünstigt. Die Inselwelt der Ägäis gilt gewissermaßen als Feldlabor der Evolution. Ganz besonders bemerkenswert ist jedoch die hohe Anzahl von Pflanzenarten, die ausschließlich in Griechenland vorkommen und nirgendwo anders auf der Welt. Mit 1278 Arten ist jede fünfte Pflanzenart Griechenlands nur auf das Land beschränkt. Viele Pflanzenarten wurden im Rahmen der Forschungen für die Checkliste sogar erstmals für Griechenland nachgewiesen. Griechenland wurde seit Jahrzehnten umfassend botanisch untersucht. Daher hat kaum jemand vermutet, dass es dort noch viel Unbekanntes zu entdecken gibt. Dennoch fehlt ein Buch, das den Kenntnisstand über die griechische Pflanzenwelt in aller Ausführlichkeit dokumentiert und mit Bestimmungsschlüsseln und Abbildungen die Identifizierung aller Pflanzen ermöglicht. Die neue Checkliste ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg dahin. Bereits jetzt wird die Checkliste etwa als Grundlage für die Erstellung der Roten Listen für gefährdete Pflanzenarten dienen - sie ist damit ein lang ersehntes Hilfsmittel für den Schutz der biologischen Vielfalt in Griechenland.

Gruppe von Dattelpalmen unterschiedlicher Höhe - Foto: © Arne Strid

Die Kretische Dattelpalme (Phoenix theophrasti) eine der zwei in Europa heimischen Palmenarten. Sie wächst nur am östlichen Strand von Kreta sowie im SW Anatoliens.
Foto: © Arne Strid

Die Checkliste

Die Checkliste vereint bislang auf viele verschiedene Publikationen verteilte Informationen. Die letzte vergleichbare Arbeit war der von 1900-1912 erstellte Katalog zur griechischen Flora von Eugen von Halácsy "Conspectus Florae Graecae" (Blick auf die griechische Flora). Seitdem hat sich der Wissensstand ständig verändert. Zur Bearbeitung der modernen Checkliste sichteten die Wissenschaftler die komplette historische und aktuelle Literatur, werteten viele Tausend Herbarbelege aus wissenschaftlichen Sammlungen der ganzen Welt aus und integrierten die neuesten verfügbaren molekularbiologischen Untersuchungen. Neben Herbarien in Griechenland ist das Herbarium in Berlin-Dahlem eine Informationsquelle von zentraler wissenschaftlicher Bedeutung für die botanische Erforschung Griechenlands, da hier über Jahrhunderte hinweg Pflanzenbelege aus dem Gebiet des östlichen Mittelmeerraumes in gepresster und getrockneter Form mit genauer Dokumentation der Fundorte hinterlegt wurden. Mit der Erarbeitung der Checkliste waren Expeditionen in Griechenland und Forschungsaufenthalte in Herbarien vieler Länder verbunden. Die Erforschung der Flora Griechenlands ist ein traditioneller Forschungsschwerpunkt des Botanischen Gartens und Botanischen Museums Berlin-Dahlem. Durch Kooperation mit der Griechischen Botanischen Gesellschaft und wichtigen Universitäten und Wissenschaftlern Griechenlands konnte das dreijährige Projekt jetzt erfolgreich vollendet werden.

Publikation:
Dimopoulos, P., Raus, T., Bergmeier, E., Constantinidis, T., Iatrou, G., Kokkini, S., Strid, A. & Tzanoudakis, D. 2013, Vascular Plants of Greece: An annotated checklist. - Botanischer Garten und Botanisches Museum Berlin-Dahlem (Berlin) & Hellenic Botanical Society (Athen). 372 Seiten, Sprache: Englisch, ISBN: 978-3-921800-88-1, 42,00 Euro
Bestellung: www.bgbm.org/de/node/700 oder über den Buchhandel


Der Botanische Garten und das Botanische Museum Berlin-Dahlem der Freien Universität Berlin ist eine botanische Sammlungs- und Forschungseinrichtung mit Bildungsauftrag. Die 1679 gegründete Einrichtung ist eine der größten und bedeutendsten ihrer Art weltweit. 22.000 Pflanzenarten werden kultiviert und umfangreiche Sammlungen dokumentieren die globale Pflanzenvielfalt. Schutz und nachhaltige Nutzung der Pflanzen sind zentrale Themen sowohl in der Forschung als auch in der Bildungsarbeit dieser Einrichtung. Forschungsschwerpunkte betreffen die Evolution und Biodiversität von astern- und nelkenartigen Blütenpflanzen sowie von Kieselalgen (Asterales, Caryophyllales, Bacillariophyta) und die Flora von Europa und des mediterranen Raumes sowie der Insel Kuba. International führend ist die Einrichtung im Bereich der Biodiversitätsinformatik.


Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/de/news564474
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution9

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Freie Universität Berlin, Gesche Hohlstein, 03.12.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Dezember 2013