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INSEKTEN/283: Berliner Wildbienen unter Druck (DER RABE RALF)


DER RABE RALF
Nr. 201 - Dezember 2017 / Januar 2018
Die Berliner Umweltzeitung

Berliner Wildbienen unter Druck
Einige Wildbienenarten Deutschlands gibt es nur noch in unserer Region


Berlin ist offenbar nicht nur für Touristen ein Magnet, auch Wildbienen zieht es in die Stadt. Nicht weniger als die Hälfte der Wildbienenarten Deutschlands lebt hier - und die Zahl steigt.

Allerdings ist fast jede zweite der 317 in Berlin registrierten Wildbienenarten im Bestand gefährdet. Gefahr droht ihnen - anders als ihren Kollegen auf dem Land, die vor allem Pestiziden ausgesetzt sind - hauptsächlich durch die zunehmende Bebauung und Verdichtung der Großstadtflächen. Denn dadurch verschwinden Nahrungsquellen und Niststätten. Die Grünflächen sind, soweit vorhanden, übernutzt, und Honigbienen-Völker bilden eine zusätzliche Nahrungskonkurrenz.

Berlin hat gemütliche Orte für Wildbienen

Im Jahr 2005 standen 40 Prozent der Berliner Wildbienenarten auf der Roten Liste, zurzeit sind es mindestens 44 Prozent. Diese Zahlen sowie weitere Erhebungen zur Situation der Wildbienen in Berlin stellte der Ökologe und Wildbienen-Experte Christoph Saure jetzt beim NABU Berlin vor.

Dabei sind Teile Berlins geradezu ein "Eldorado für Wildbienen", wie es Saure ausdrückt. "Am besten geht es den Bienen auf den innerstädtischen Brachflächen". Hier finden sie ganzjährig Nahrung und Strukturen zum Nestbau wie offene Bodenstellen, trockene Holzreste oder Steinhaufen. Hinzu kommt, dass es in der Innenstadt etwa drei Grad wärmer ist als im Umland.

Allerdings erwächst aus diesen günstigen Voraussetzungen auch die Pflicht zum Schutz vieler Wildbienenarten. Denn einige davon kommen bundesweit nur (noch) in Berlin und Brandenburg vor: die Herz-Maskenbiene, die Kleine Spiralhornbiene, die Östliche Felsen-Mauerbiene und die Flockenblumen-Langhornbiene. "Berlin trägt für ihren Erhalt eine besondere Verantwortung", sagt Saure. So ist etwa die Östliche Felsen-Mauerbiene als charakteristische Bewohnerin der trockenwarmen Stadtbrachen eine Zielart des Berliner Biotopverbundes. Eine Zielart ist eine Pflanzen- oder Tierart, die bei planerischen Vorhaben Vorrang im Sinne von Schutz-, Pflege- oder Entwicklungsmaßnahmen genießt.

Wildpflanzen für Balkon und Garten

Die artenreichsten Wildbienenareale Berlins sind laut Saure der Landschaftspark Johannisthal, die Weidelandschaft Lichterfelde Süd, die Flächen am Fort Hahneberg in Staaken sowie an Flughafen Tegel und Flughafensee, das Tegeler Fließ, der Eiskeller, der Biesenhorster Sand in Biesdorf, der Botanische Garten in Dahlem und weitere Flächen - insgesamt 18 an der Zahl. Allerdings seien elf der 18 artenreichsten Gebiete Berlins inzwischen in einem instabilen oder sich verschlechternden Erhaltungszustand, warnt Saure. Vielen Flächen drohe eine Bebauung oder sie würden zu intensiv als Erholungsgebiete genutzt oder- aus Sicht der Wildbienen - falsch gepflegt.

Um die Bedingungen für Wildbienen in Berlin zu verbessern, schlägt Saure mehrere Maßnahmen vor: Die artenreichen "Hot Spots" in der Stadt sollten unbedingt erhalten bleiben, der Biotopverbund müsse gesichert und das Brachflächen-Management im Sinne des Naturschutzes gestaltet werden. Grünflächen und Parks sollten zeitlich und räumlich wechselnd gepflegt werden, und es sollte eine Besucherlenkung erfolgen. Statt Rasenflächen kurz zu scheren, sollten blütenreiche Wiesen und Säume mit heimischen Kräutern entstehen, empfiehlt Saure.

Experten haben noch eine Empfehlung für die Berlinerinnen und Berliner mit Balkon oder Garten: Mit heimischen Wildpflanzen lässt sich dort ein gutes Nahrungsangebot für Wildbienen schaffen. NABU/jp


Literaturempfehlung:

"Mein Insektenhotel: Wildbienen, Hummeln & Co. im Garten"
von Melanie von Orlow (Ulmer 2015, 14,90 Euro)

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Quelle:
DER RABE RALF
27. Jahrgang, Nr. 201, Seite 14
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
Prenzlauer Allee 8, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
Redaktion DER RABE RALF:
Tel.: 030/44 33 91-47/-0, Fax: 030/44 33 91-33
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Internet: www.raberalf.grueneliga-berlin.de
 
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Januar 2018

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