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MELDUNG/417: Letzte Ostseeschweinswale retten! (NABU SH)


NABU Landesverband Schleswig-Holstein - 19. Mai 2017

Letzte Ostseeschweinswale retten

Miller: Deutschland versagt im Meeresschutz


Berlin/Neumünster/Schwerin - Zum Internationalen Tag des Ostseeschweinswals am 21. Mai appelliert der NABU an die Politik, Deutschlands einzigen heimischen Wal, den Schweinswal, besser zu schützen. Mehr als 50 Prozent der deutschen Ostsee sind als Schutzgebiete ausgewiesen. Trotzdem geht es Schweinswalen und anderen bedrohten Arten zunehmend schlechter. Denn auch in den Schutzgebieten findet intensive industrielle Nutzung statt. "Die aktuelle Debatten um das Bundesnaturschutzgesetz und die Schutzgebietsverordnungen sind alarmierend. Auch zukünftig sollen in Schutzgebieten Rohstoffe abgebaut und mit Grundschleppnetzen der Meeresboden umgepflügt werden. Mit dem Fehmarnbelttunnel und der Erweiterung der Nord Stream- Gaspipeline drohen der überlasteten Ostsee zwei Mammutprojekt mit unkalkulierbaren ökologischen Risiken. Deutschland verliert gerade seinen guten Ruf im internationalen Meeresschutz", sagt NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller.

Aktuell entscheidet auch die Diskussion um das novellierte Bundesnaturschutzgesetz, ob der Schweinswal an unseren Küsten eine Zukunft hat. Denn eine geplante Änderung in § 57 droht echte Schutzmaßnahmen für bedrohte Arten unmöglich zu machen. "Die Nutzerressorts haben sich ein Vetorecht für Schutzgebietsverordnungen und Managementpläne erstritten. Ein machtpolitisches Kalkül auf Kosten der letzten Ostseeschweinswale", kritisiert Miller. Der NABU versucht mit der Kampagne SOS fürs Meer die gefährliche Novellierung zu stoppen.

Nur noch 450 Schweinswale gibt es östlich der Halbinsel Darß. Die Population in der zentralen Ostsee ist vom Aussterben bedroht. Etwa 11.000 Tiere sind es in der westlichen Ostsee. Überall sind die Bedingungen für kleinen Zahnwale schwierig. Das größte Problem stellen Beifänge in Stellnetzen dar. Etwa 150 Tiere ertrinken jedes Jahr entlang der deutschen Ostseeküste in den unsichtbaren Netzwänden. Helfen können alternative Fanggeräte, die der NABU gemeinsam mit Fischern erforscht. "Stellnetze müssen in Schutzgebieten verboten werden. Und auch außerhalb müssen sie durch umweltschonende Angelsysteme, Fischfallen oder Großreusen ersetzt werden. Zu lange haben wir weggesehen, viel zu langsam wachen Politik und Wissenschaft auf und bringen Forschungsprejekte auf den Weg", so NABU Meeresschutzexperte Kim Detloff.

Neben den Beifängen verhindert auch der zunehmende Unterwasserlärm eine Erholung der Schweinswalbestände. Schiffsverkehr und -sonare, Rammungen von Windparkfundamenten und Unterwassersprengungen zu militärischen Übungszwecken oder zur Bergung von Kriegsaltlasten stellen eine tödliche Gefahr für Schweinswale und andere Meerestiere dar.

Bund und Küstenländer ignorieren nach NABU-Meinung zunehmend die geltenden Schutz- und Erhaltungspflichten der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und opfern sie sektoralen Wirtschaftsinteressen. "Die Bundesregierung nimmt das Aussterben der Ostseeschweinswale bewusst in Kauf. Es scheint heute wie ein gefährliches Muster, dass Deutschland versucht, international beim Schutz der Antarktis oder die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele der UN zu punkten, um vom kläglichen Versagen beim Schutz der marinen Artenvielfielfalt vor der eigenen Haustür abzulenken", so Detloff.

Hintergrund:

Jedes Jahr im Mai ruft das von Deutschland unterzeichnete Kleinwalschutzabkommen ASCOBANS zum Tag des Ostseeschweinswals auf, um auf seine Bedrohung aufmerksam zu machen. Das berührende Gewinnervideo eines vom NABU unterstützten Kreativwettbwerbsfinden Sie hier:
https://www.facebook.com/ascobans/.

Die zugehörige Wanderausstellung "Die letzten 300" gastiert ab dem 1. Juni in der Arche Wattenmeer auf Sylt. Der NABU stellt den sympathischen Kleinwal und seine Meeresschutzarbeit auch am 20. Mai 2017 von 10:00-13:00 im Flensburger CITTI-Park vor.

Mehr zur Rettung der Meeresschutzgebiete auf
www.sosfuersmeer.de

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Quelle:
Presseinformation, 19.05.2017
Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Schleswig-Holstein
Färberstr. 51, 24534 Neumünster
Tel.: 04321/53734, Fax: 04321/59 81
E-mail: info@NABU-SH.de
Internet: www.NABU-SH.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Mai 2017

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