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RECHT/034: Kormoran-Urteil - Genehmigung der Störaktionen in Brutkolonien rechtswidrig (NABU BB)


NABU Landesverband Brandenburg - Pressedienst Naturschutz aktuell, 29. August 2011

NABU gewinnt Kormoran-Klage

Genehmigung der Störaktionen in Brutkolonien rechtswidrig


Potsdam. Mit dem am 26. August bekannt gewordenen Urteil des Verwaltungsgerichtes Potsdam (Urteil vom 25.08.11, Az. 5 K 1522/08) wurde eindeutig festgestellt, dass die im Jahr 2008 vom Landesumweltamt auf Antrag des Landesfischereiverbandes genehmigten Störaktionen in drei Kormorankolonien rechtswidrig sind. Der NABU Brandenburg hatte gegen den Bescheid der Behörde geklagt, welche die nächtlichen Scheuchaktionen in EU-rechtlich geschützten Gebieten im Jahr 2008 genehmigte.

Tom Kirschey, Vorsitzender des NABU Brandenburg: "Mit dem heutigen Urteil hat das Gericht klargestellt, das gegen geltendes Naturschutzrecht verstoßen wurde. Wir freuen uns sehr, dass die Position des Naturschutzes durch dieses Urteil gestärkt wurde. Kormoran-Störaktionen an natürlichen Gewässern beunruhigen zudem auch andere, teilweise geschützte Tierarten und helfen den Fischern in keiner Weise. Offenbar ist das Landesumweltamt hier vor der Fischereilobby eingeknickt."

Der Kormoran ist eine nach Bundesnaturschutzgesetzt geschützte Vogelart. Es ist also verboten sowohl ihn als auch die Emryonen (auf deren Absterben die Störaktionen abzielten) zu töten. Auch liegen alle drei Kormorankolonien (Alter Wochowsee - LOS, Waldsee - OSL, Paretzer Tonstiche - HVL) in Europäischen Vogelschutzgebieten (so genannten SPA-Gebieten), für zwei davon ist der Erhalt der Kormorankolonie sogar als Ziel formuliert worden.

Das Gericht stellte fest, dass das Landesumweltamt in rechtlich unzulässiger Weise an den Landesfischereiverband eine pauschale Genehmigung erteilt habe. Es sprach in diesem Zusammenhang von einem Abwägungsausfall: Es sei völlig unklar, ob und wenn ja welchem Fischer oder Teichwirtschaft die klagegegenständlichen Maßnahmen helfen könnten.

In der mündlichen Verhandlung führte das Gericht ergänzend aus, dass es ein grundsätzliches rechtliches Problem sehe, Kormoran Embryonen ausgerechnet in Schutzgebieten zum Absterben zu bringen. Auch sei ungeklärt, ob und wie nachgewiesen werden könne, dass derartige Maßnahmen fischereiwirtschaftliche Schäden in bestimmten Teichwirtschaften verhindern könnten.

"Ganz offensichtlich ging es bei der Beantragung der Störaktionen um eine Dezimierung der Kormoranpopulation in Brandenburg und nicht um eine Schadenabwehr konkret betroffener Fischreibetriebe", so Tom Kirschey.

Der NABU bestreitet nicht, dass es an Teichwirtschaften Schäden durch Kormorane geben kann. Doch ist das Töten und Vergrämen des Kormorans an natürlichen Gewässern ist nicht nur aus Naturschutz- und Tierschutzgründen abzulehnen. Nach Ansicht des NABU ist ein Einfluss des Kormorans auf Fischereierträge an natürlichen Gewässern bisher nicht nachgewiesen. Selbst, wenn es einen solchen Einfluss gäbe, wäre das nicht mit einem wirtschaftlichen Schaden gleichzusetzen, weil, anders als in Teichwirtschaften die Fischerei zwar das Recht hat, Fische zu fangen, aber keinen Anspruch. Belegt ist, dass die Aalbestände bereits vor dem Häufigerwerden des Kormorans in Brandenburg abnahmen.

Unabhängig von den Störungen hat der Kormoranbestand in den letzten Jahren deutlich abgenommen. Es hat sich gezeigt, dass sich der Kormoranbestand von selbst regelt. Immer wieder sind Ausfälle durch Waschbären, Seeadler und Nestabstürze zu verzeichnen.

In Brandenburg gibt es derzeit etwa 1.800 Brutpaare, von denen sich der überwiegende Teil (1.200 BP) zudem im Nationalpark Unteres Odertal aufhält. Das Landesumweltamt selbst hat eingeschätzt, dass für einen "günstigen Erhaltungszustand" eine Population von ca. 2.000 Brutpaaren aufrecht zu erhalten ist.


Hier gibt es weitere Informationen zum Kormoran in Brandenburg:
http://brandenburg.nabu.de/artenschutz/vogelschutz/wissen/vogelarten/kormoran/10777.html


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Quelle:
Pressedienst, 29.08.2011
Herausgeber:
Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Brandenburg
Lindenstraße 34, 14467 Potsdam
Tel: 0331/20 155 70, Fax: 0331/20 155 77
E-Mail: info@NABU-Brandenburg.de
Internet: www.brandenburg.nabu.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. August 2011