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VÖGEL/821: Der Schwarzstorch - Rarität in deutschen Wäldern (Unser Wald)


Unser Wald - 1. Ausgabe, Januar/Februar 2012
Zeitschrift der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald

Der Schwarzstorch - Rarität in deutschen Wäldern

von Andreas Grauer



Der Weißstorch hat noch einen Anverwandten - den Schwarzstorch. Allerdings haben die beiden Arten nicht viel gemein. Offensichtlich sind die Unterschiede im Aussehen: Das Deckgefieder sowie die Federn am Hals sind beim Schwarzstorch eben schwarz.

Auch sind erwachsene Schwarzstörche mit drei Kilogramm etwa rund ein Kilogramm leichter als Weißstörche. Eine Gemeinsamkeit findet sich aber: Der Schnabel junger Störche ist bei beiden Arten im ersten Lebensjahr eher gräulichrot. So unterschiedlich beide Arten im Aussehen sind, so unterschiedlich sind auch die Lebensraumsansprüche. Schwarzstörche sind Waldvögel mit Vorlieben für Laubmischwälder mit Lichtungen, Bächen und Teichen. Auch besteht die Nahrung des Schwarzstorches in viel höherem Maße aus tierischen Bestandteilen wie Fische, Reptilien und Amphibien. Säugetiere, etwa Mäuse, finden sich kaum auf dem Speiseplan.

Eine Anpassung an den Lebensraum Wald ist der behände Flugstil des Schwarzstorches. Problemlos können die großen Vögel im Kronenbereich manövrieren. Möglich ist dies durch eine kleine anatomische Besonderheit: Schwarzstörche können das Handgelenk (Karpalgelenk) vergleichsweise stark beugen.

Schwarzstörche sind Zugvögel, die den Sommer über in den Laubwäldern Mittel- und Osteuropas und Asiens zwischen dem 40. und 60. nördlichen Breitengrad brüten. Den Winter verbringen die westeuropäischen Brutvögel bevorzugt in Westafrika, Vögel aus Osteuropa hingegen fliegen eher in die Nilregion oder nach Zentralafrika. Diese weiten Strecken schaffen die Vögel nur, wenn sie im August die Brutgebiete verlassen. Die täglichen Flugstrecken liegen dabei zwischen 100 und 250‍ ‍Kilometern. Auf dem Rückweg in die Brutgebiete haben die Vögel es dann etwas eiliger, um rechtzeitig ab Mitte März die Brutterritorien zu besetzen. Schwarzstörche kehren gerne wieder an ihren angestammten Brutplatz zurück, was häufig dazu führt, dass sich die Partner des Vorjahres wiederfinden, obwohl sie den Winter getrennt verbracht haben. Gemeinsam setzen die beiden dann das über viele Jahre hinweg genutzte Nest wieder instand. So können die Nester beträchtliches Ausmaß und Gewicht erreichen. Hin und wieder legen Schwarzstörche aber auch Felsenhorste unter Felssimsen an. Ende April werden in der Regel vier Eier gelegt, die etwa 36 Tage bebrütet werden. Junge Schwarzstörche sind nach etwa 70 Tagen flügge, werden dann aber noch zwei bis vier Wochen von den Eltern betreut.

Sie sind während der Brut sehr störungsempfindlich und meiden die Nähe des Menschen. Der Schutz des Schwarzstorches ist deshalb auch immer ein Schutz vor Störungen. Dies in Kombination mit der naturverträglichen Pflege der Wälder und der extensivierten Bewirtschaftung von feuchten Waldwiesen hat in den letzten 25 Jahren dazu geführt, dass sich die Bestände in Westeuropa wieder leicht erholt haben. So brüteten Anfang der 1970er Jahre weniger als 50 Paare in Deutschland, inzwischen geht man jedoch von über 500 Paaren aus. Damit kehrt ein Vogel in die deutschen Wälder zurück, der in vorchristlich-germanischer Zeit als Begleiter Odins galt und dem Volksaberglauben Künder von Unheil, Krankheit und Krieg war.

Autor
Andreas Grauer
ist SDW-Landesgeschäftsführer in Rheinland-Pfalz;
E-Mail: sdw[at]sdw-rlp.de

Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:
Der Schwarzstorch braucht ungestörte Wälder, um sich wohl zu fühlen.

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Quelle:
Unser Wald - Zeitschrift der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald
1.‍ ‍Ausgabe, Januar/Februar 2012, Seite 15
Herausgeber:
Bundesverband der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e.V., Bonn
Redaktion: Meckenheimer Allee 79, 53115 Bonn
Telefon: 0228 / 945 98 30, Fax: 0228 / 945 98 33
E-Mail: unser-wald@sdw.de
Internet: http://www.sdw.de
 
Erscheinungsweise: zweimonatlich
Bezugspreis: Jahresabonnement 17,50 Euro
einschl. Versandkosten und 7% MwSt.
Einzelheft: Preis 3,- Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Mai 2012