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KOHLEALARM/281: Klimakampf und Kohlefront - Warteschleifenterror ... (Gemeinde Schenkendöbern)


Gemeinde Schenkendöbern - Pressemeldung vom 24. Juni 2016

Gemeinde Schenkendöbern fordert Beendigung des Braunkohlenplanverfahrens Tagebau Jänschwalde-Nord


Schenkendöbern/ Potsdam: Seit dem Jahr 2007 plant der Vattenfallkonzern den Aufschluss des Tagebaufeldes Jänschwalde-Nord auf dem Gebiet der Gemeinde Schenkendöbern im Landkreis Spree-Neiße. Die Dörfer Atterwasch, Kerkwitz und Grabko sollen dem Braunkohlebergbau zum Opfer fallen. Weiteren Dörfern droht eine unzumutbare Lage am Rand der Grube. Das Verfahren dümpelt seit Jahren vor sich hin und die Landesregierung vermeidet eine klare Aussage darüber, ob das Braunkohlenplanverfahren jemals abgeschlossen wird. Als Gründe werden u.a. die Unsicherheiten bezüglich der Energiepolitik des Bundes und der geplante Vattenfallverkauf genannt.

Für die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde bedeutet dies eine hohe Belastung in vielen Lebensbereichen.

Bürgermeister Peter Jeschke betont hierzu: "Der seit neun Jahren anhaltende Schwebezustand ist für unsere Einwohnerinnen und Einwohner unhaltbar und nur schwer zu ertragen. Die Landesregierung muss endlich bei der Frage, ob sie gegen den Willen der Gemeinde Schenkendöbern den Tagebau Jänschwalde-Nord durchsetzen will, Farbe bekennen." Und er ergänzt: "Die Bewertung, ob Jänschwalde-Nord energiewirtschaftlich notwendig ist, muss umgehend durch die Landesregierung erfolgen und darf nicht von unsicheren Zukunftsoptionen der Bergbaubetriebe abhängig gemacht werden."

Ralph Homeister, Vorsitzender der Gemeindevertretung, fügt hinzu: "Ein neuer Tagebau Jänschwalde-Nord ist spätestens seit den Klimaverhandlungen von Paris nicht mehr vorstellbar, daher müssen die Planungen umgehend beendet werden".

*

Offener Brief der Gemeinde Schenkendöbern an den Ministerpräsidenten Dr. Dietmar Woidke

Gemeinde Schenkendöbern
Der Bürgermeister
Gemeindeallee 45
03172 Schenkendöbern

Ministerpräsident des Landes Brandenburg
Herrn Dr. Dietmar Woidke
Heinrich-Mann-Allee 107
14473 Potsdam

Datum: 21.06.2016

Offener Brief -
Beendigung des Planverfahrens Tagebau Jänschwalde-Nord

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

seit der Verlautbarung der Vattenfall Europe Mining im September 2007, den Tagebau Jänschwalde-Nord auf dem Gebiet der Gemeinde Schenkendöbern aufschließen zu wollen, herrscht in den Dörfern, den Familien und in den Gremien der kommunalen Selbstverwaltung die äußerst belastende Unsicherheit darüber, ob dieses Tagebauvorhaben jemals umgesetzt wird.

Der geplante Tagebau Jänschwalde-Nord und die daraus resultierende Zerstörung der Dörfer Kerkwitz, Atterwasch und Grabko wurden seitens der Gemeindevertretung Schenkendöbern per Beschluss aus dem Jahre 2007 [1] einstimmig abgelehnt. Diese konsequente Ablehnung wurde 2014 [2] durch die neu gewählte Gemeindevertretung - ebenfalls einstimmig - bekräftigt.

Das 2009 beantragte Braunkohleplanverfahren, das nach den ursprünglichen Planungen der Gemeinsamen Landesplanungsabteilung Berlin-Brandenburg (GL) bereits 2014 abgeschlossen sein sollte, wird mit dem Hinweis auf ungeklärte politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen nur auf "Sparflamme" weiter bearbeitet.

Die 2012 beschlossene Energiestrategie 2030 des Landes Brandenburg sah seinerzeit noch die Notwendigkeit der Fortführung des Braunkohlenplanverfahrens Jänschwalde-Nord vor, obwohl bereits damals die zukünftige Realisierung eines Kraftwerksneubaus mit CO2-armer Verstromung (CCS-Technik) nicht mehr erkennbar war und die energiewirtschaftliche Notwendigkeit des Tagebaus Jänschwalde-Nord nicht nachgewiesen wurde.

Die Energiestrategie 2030 sah des Weiteren eine Überprüfung der energiewirtschaftlichen Notwendigkeit eines Kraftwerksneubaus vor. Mitglieder der damaligen Landesregierung sagten der Gemeinde zu, dass diese Überprüfung zyklisch innerhalb von ca. 2 Jahren - also schon 2014 - erfolgen soll.

In der 83. Sitzung des Braunkohlenausschusses, am 10. Dezember 2014, legte die Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung, Frau Kathrin Schneider, dar, dass das Braunkohlenplanverfahren Jänschwalde-Nord weitergeführt werde und die durch Verkaufsabsichten Vattenfalls schwierige Gesamtsituation bis Ende 2015 erneut zu bewerten sei.

Eine Überprüfung der energiewirtschaftlichen Notwendigkeit oder die Bewertung der Gesamtsituation stehen bis heute aus. Äußerungen aus dem Hause der Gemeinsamen Landesplanungsabteilung lassen nicht erkennen, dass sich an diesem unhaltbaren Schwebezustand in nächster Zeit etwas ändern könnte.

Wir und die von der Entscheidung zum Tagebau Jänschwalde-Nord betroffenen Bürgerinnen und Bürger stellen zudem fest, dass selbst von Seiten regionaler und überregionaler Entscheidungsträger, wie auch von Teilen der Landesregierung, eine energiewirtschaftliche Notwendigkeit für diesen Tagebau nicht mehr gesehen wird.

Die Gefühlslage der Menschen in unserer Gemeinde schwankt somit permanent zwischen der Angst vor dem Ausgang des ergebnisoffenen Braunkohlenplanverfahrens und der begründeten Überzeugung, dass dieser uns bedrohende Tagebau abgewendet werden kann.

Wir fordern Sie daher auf:

Kommen Sie Ihrer Verantwortung als Landesregierung nach und beenden Sie diese für die Menschen unserer Gemeinde seit nunmehr nahezu neun Jahren anhaltende Belastungssituation!

Stellen Sie das Braunkohlenplanverfahren Jänschwalde-Nord ein, da die Realisierung des Tagebaus aus folgenden Gründen ausgeschlossen ist:

  • Eine Investitionsentscheidung für ein CO2-armes Neubaukraftwerk fehlt und ist vor der Hintergrund der derzeitig defizitären [3] Braunkohlenverstromung auch in Zukunft nicht zu erwarten.
  • Die energiewirtschaftliche Notwendigkeit für den Tagebau ist seit neun Jahren nicht nachgewiesen, erzwungene Umsiedlungen sind somit nicht begründbar.
  • Die geplante Inanspruchnahme und/oder Beeinträchtigung europäischer Natura 2000-Gebiete ist nicht genehmigungsfähig [4].

Schaffen Sie durch die Einstellung des Braunkohlenplanverfahrens Jänschwalde-Nord Sicherheit für Investoren, Bürgerinnen und Bürger und Planungssicherheit für unsere Gemeinde.

Wir laden Sie hiermit zu einem gemeinsamen Termin in unsere Gemeinde ein und stehen Ihnen für Rückfragen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Jeschke
Bürgermeister

Ralph Homeister
Vorsitzender der Gemeindevertretung


[1] Beschluss: 45/07
[2] Beschluss: 32/14
[3] lt. offizieller Äußerung des Vattenfall-Mutterkonzerns zum Verkauf und Quartalsbericht I/2016
[4] Eine Genehmigung durch die EU-Kommission ist erforderlich, jedoch ist ein überwiegendes öffentliches Interesse im Sinne der FFH-Richtlinie nicht erkennbar.

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Quelle:
Pressemeldung vom 24.06.2016 und Offener Brief vom 21.06.2016
Gemeinde Schenkendöbern
Gemeindeallee 45, 03172 Schenkendöbern
Telefon: (03561) 5562-0, Fax: (03561) 5562-62
E-Mail: sekretariat@schenkendoebern.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Juli 2016

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