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KOHLEALARM/603: Klimakampf und Kohlefront - die Landesregierung ist gefragt ... (Klima-Allianz)


Klima-Allianz Deutschland - Pressemitteilung vom 31. Mai 2019

Offener Brief: Bündnis fordert Moratorium für Erhalt bedrohter Dörfer und Hambacher Wald


Die EU-Wahl hat gezeigt, dass die Bürgerinnen und Bürger mehr Klimaschutz erwarten. Ein Bündnis aus 40 zivilgesellschaftlichen Organisationen und Bürgerinitiativen fordert jetzt NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) in einem offenen Brief auf, die weitere Zerstörung für Kohle durch RWE zu stoppen. Die Landesregierung NRWs solle ein Moratorium erlassen, "das die weitere Zerstörung der von Tagebauen bedrohten Dörfer und des Hambacher Waldes verhindert, bis die politischen Entscheidungen zum Kohleausstieg getroffen und umgesetzt sind."
Die Unterzeichner fordern, dass die Dörfer und der Wald dauerhaft erhalten bleiben. Dafür solle die Landesregierung grundsätzlich eine Bestandsgarantie aussprechen.

Die Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung hat empfohlen, bis zum Jahr 2022 Braunkohlekraftwerke mit einer Kapazität von 3,1 Gigawatt abzuschalten. Damit hat sie die Weichen gestellt, dass sowohl der Hambacher Wald als auch die bedrohten Dörfer am Tagebau Garzweiler erhalten bleiben können. Trotz des Kompromisses über einen Kohleausstieg "treibt RWE die Umsiedlungsvorbereitungen in den Dörfern mit Hochdruck voran, indem der Konzern Infrastruktur zerstört, zahlreiche Pumpanlagen für den geplanten Tagebaubetrieb baut und Druck auf Dorfbewohner*innen ausübt, möglichst bald umzusiedeln?, heißt es in dem offenen Brief an Laschet. Am Tagebau Hambach grabe sich RWE trotz des vereinbarten Rodungsstopps mit seinen Baggern immer näher an den Hambacher Wald heran. RWE heize mit seinen Provokationen den schwelenden Konflikt um die Kohle weiter an.

Dieses Moratorium müsse so lange bestehen bleiben, bis die Vereinbarungen zur Abschaltung der Braunkohlekraftwerke im Rheinland gesetzlich fixiert seien und eine neue Leitentscheidung der Landesregierung vorliege. "Wir erwarten von Ihnen, dass mit der neuen Leitentscheidung die Tagebaugrenzen so verkleinert werden, dass sie den Erhalt des Hambacher Waldes und der Dörfer an den Tagebauen Garzweiler und Hambach sicherstellt", so die Unterzeichner des offenen Briefes.

Den offenen Brief im Wortlaut finden Sie unten.


Hintergrund:

Mit den Empfehlungen der Kommission "Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung" können sowohl der Hambacher Wald als auch die Ortschaften Keyenberg, Kuckum, Unter- und Oberwestrich und Berverath am Tagebau Garzweiler sowie die Orte Manheim und Morschenich am Tagebau Hambach erhalten werden. Durch ein Abschalten von sieben alten Blöcken an den Kraftwerksstandorten Neurath und Niederaußem kann der Bedarf an Braunkohle aus den Tagebauen Hambach und Garzweiler bis 2022 mehr als halbiert werden. Somit wird eine Abbaggerung der bedrohten Orte überflüssig. Dies zeigt ein aktuelles Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. In den Wochen nach der Empfehlung der Kohlekommission hat RWE Umsiedlungsvorbereitungen weiter vorangetrieben, licht- und lärmintensive Arbeiten in bewohnten Siedlungen durchgeführt und ein Waldstück in Kuckum gerodet.

*

An den Ministerpräsidenten des Landes NRW
Armin Laschet
Staatskanzlei des Landes NRW
Horionplatz 1
40190 Düsseldorf

Berlin, den 30. Mai 2019

Moratorium zum Erhalt der bedrohten Dörfer und Schutz des Hambacher Waldes

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Laschet,

wir wenden uns mit der dringenden Bitte an Sie, umgehend ein Moratorium zu erlassen, das die weitere Zerstörung der von Tagebauen bedrohten Dörfer und des Hambacher Waldes verhindert, bis die politischen Entscheidungen zum Kohleausstieg getroffen und umgesetzt sind. Denn aktuell schafft RWE in den Dörfern an den Tagebauen Garzweiler und Hambach weiter Fakten und treibt die Umsiedlungen voran. Es liegt an Ihnen, die Anwohner*innen vor weiteren sozialen Härten zu schützen. Wir erwarten, dass alle Orte in einem lebenswerten Zustand erhalten bleiben. Deshalb muss die Landesregierung grundsätzlich eine Bestandsgarantie für die Dörfer aussprechen. Dazu gehört, dass alle Betroffenen, die bleiben wollen, die Möglichkeit erhalten zu bleiben und allen, die umsiedeln wollen, dies ohne Nachteile ermöglicht wird.

Die Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung hat mit der Empfehlung, 3,1 GW Braunkohle bis 2022 abzuschalten, die Weichen dafür gestellt, dass sowohl der Hambacher Wald als auch die bedrohten Dörfer am Tagebau Garzweiler erhalten bleiben können. Dessen ungeachtet hat der RWE-Vorstandsvorsitzende Rolf Martin Schmitz auf der Hauptversammlung im Mai 2019 bekräftigt, dass die Umsiedlungen in den Dörfern am Tagebau Garzweiler "vollständig abgeschlossen werden" und er den Erhalt des Hambacher Waldes lediglich "prüfen" möchte.

Gleichzeitig treibt RWE die Umsiedlungsvorbereitungen in den Dörfern mit Hochdruck voran, indem der Konzern Infrastruktur zerstört, zahlreiche Pumpanlagen für den geplanten Tagebaubetrieb baut und Druck auf Dorfbewohner*innen ausübt, möglichst bald umzusiedeln. Am Tagebau Hambach gräbt sich RWE trotz des vereinbarten Rodungsstopps mit seinen Baggern immer näher an den Hambacher Wald heran und setzt die Zerstörung von Manheim unbeirrt fort, obwohl der Ort beim Erhalt des Hambacher Waldes erhalten bleiben würde. Die Entweihung der Kirche St. Albanus und Leonhardus in Manheim am Tagebau Hambach am 18. Mai 2019 steht exemplarisch für die Zerstörung der Dorfgemeinschaft. RWE heizt mit seinen Provokationen den schwelenden Konflikt um die Kohle weiter an.

Wir bitten Sie daher, ein sofortiges Moratorium zu erwirken, damit RWE in den bedrohten Dörfern am Tagebau Garzweiler keine weiteren Zerstörungen anrichtet und Umsiedlungsverhandlungen auf Wunsch der betroffenen Menschen ausgesetzt werden. Dabei dürfen weder diejenigen, die in ihren Dörfern bleiben wollen, noch diejenigen, die sich für eine Umsiedlung entschlossen haben aufgrund ihrer Entscheidung schlechter gestellt werden. Zugleich muss RWE im weiteren Tagebaubetrieb alle Arbeiten unterlassen, die den Hambacher Wald gefährden können und entsprechende Mindestabstände wahren.

Dieses Moratorium muss so lange bestehen bleiben, bis die Vereinbarungen zur Abschaltung der Braunkohlekraftwerke im Rheinland gesetzlich fixiert sind und eine neue Leitentscheidung der Landesregierung vorliegt. Wir erwarten von Ihnen, dass mit der neuen Leitentscheidung die Tagebaugrenzen so verkleinert werden, dass sie den Erhalt des Hambacher Waldes und der Dörfer an den Tagebauen Garzweiler und Hambach sicherstellt.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, seit Monaten protestieren hunderttausende junge Menschen für mehr Klimaschutz und ein schnelles Ende der klimaschädlichen Kohle. Wie auch schon bei den breiten Protesten um den Erhalt des Hambacher Waldes zeigt sich dabei, dass immer weniger Bürgerinnen und Bürger ein Zögern beim Klimaschutz und sinnlose Zerstörung für die Kohle akzeptieren. Was es jetzt braucht, ist entschlossenes Handeln, eine schnelle Umsetzung des Kohleausstiegs und ein Ende der Zerstörung von Dörfern und Wäldern für die Kohle.

Die unterzeichnenden Organisationen und Initiativen bitten Sie daher, mit einem Moratorium RWE Einhalt zu gebieten, den Bestand der Dörfer zu garantieren und damit ein wichtiges Zeichen zu setzen, den gesellschaftlichen Konflikt um die Kohle zu befrieden.

Dieser Brief geht in Kopie an Ursula Heinen-Esser, Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz und Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen.

Mit freundlichen Grüßen


Der Offene Brief als PDF mit Unterzeichnern ist zu finden unter:
http://p376185.mittwaldserver.info/fileadmin/2019_05_29_Brief_Laschet_final.pd

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Quelle:
Pressemitteilung, 31.05.2019
Klima-Allianz Deutschland
Invalidenstraße 35, 10115 Berlin
Telefon: +49 (0)30 7808995-15
E-Mail: presse@klima-allianz.de
Internet: www.klima-allianz.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Mai 2019

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