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ATOM/321: "Deutsche Arbeitsgemeinschaft Endlagerforschung" gegründet (Strahlentelex)


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Unabhängiger Informationsdienst zu Radioaktivität, Strahlung und Gesundheit
Nr. 626-627 / 27. Jahrgang, 7. Februar 2013

Atommüll-Lagerung

"Deutsche Arbeitsgemeinschaft Endlagerforschung" gegründet

Neuer Entwurf eines Endlagersuchgesetzes veröffentlicht - "endlagerdialog.de statt Gorlebendialog"

von Thomas Dersee



Am 16. Januar 2013 haben führende deutsche Institutionen der Endlagerforschung in Berlin die Deutsche Arbeitsgemeinschaft Endlagerforschung (DAEF) ins Leben gerufen. Das teilte die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) mbH mit. Ziel der Arbeitsgemeinschaft sei es, einen Beitrag zur Endlagerung radioaktiver Abfälle zu leisten und Forschungsarbeiten effektiver zu gestalten. "Mit unseren Ergebnissen wollen wir die Bundesregierung und die zuständigen Bundes- und Länderbehörden sowie den Bundestag und sonstige interessierte Institutionen zum Beispiel in Form von Positionspapieren und Stellungnahmen beraten. Mindestens genauso wichtig ist uns aber, auch die Öffentlichkeit über Entwicklungen und Ergebnisse auf dem Gebiet der Endlagerforschung zu informieren", erklärte Prof. Horst Geckeis vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Vorsitzender der DAEF. Als stellvertretender Vorsitzender wurde Dr. Jörg Mönig (GRS) gewählt.

Die thematischen Schwerpunkte reichen dabei von der Grundlagenforschung über die Entwicklung von Sicherheits- und Nachweiskonzepten sowie von Methoden zur Beurteilung von Standorten bis hin zu sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Im ersten Jahr will sich die DAEF vor allem auf die Erarbeitung eines Positionspapiers zu wissenschaftlich-technischen und sozialwissenschaftlichen Aspekten der Endlager-Standortauswahl sowie auf die Vorbereitung einer internationalen Fachtagung konzentrieren.

Die Gründungsmitglieder der DAEF sind die DBE TECHNOLOGY GmbH, das Forschungszentrum Jülich GmbH, die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) mbH, das Helmholtz-Zentrum Atommüll-Lagerung Dresden-Rossendorf (HZDR), das IfG Institut für Gebirgsmechanik GmbH, das Institut für Sicherheitstechnologie (ISTec) GmbH, das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), das Öko-Institut e.V., das Institut für Bergbau und Spezialtiefbau der Technischen Universität Bergakademie Freiberg und das Institut für Endlagerforschung der Technischen Universität Clausthal. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi), das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) und der Projektträger Karlsruhe Wassertechnologie und Entsorgung (PTKA-WTE) nehmen zudem als Gäste an der DAEF teil, heißt es. Die Arbeitsgemeinschaft sei offen für die Zusammenarbeit mit weiteren interessierten Forschungsinstitutionen aus dem In- und Ausland.


"Sicher ist nur das Risiko."

"Dazu gehört eigentlich das öffentliche Eingeständnis, daß die bisherigen Endlagerversuche in der Praxis gescheitert sind und daß es Bürgerinitiativen waren, die das Desaster in Morsleben und in der Asse II wie auch die geologischen Unzulänglichkeiten im Schacht Konrad und im Salzstock Gorleben aufgedeckt haben", kommentiert die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) e.V.. Ein Forschungsverbund, unter dessen Dach Institutionen und Institute Platz finden, die in der Vergangenheit ihre Verantwortungslosigkeit unter Beweis gestellt haben, starte mit einer beschädigten Reputation. Die Teilnahme beispielsweise des Öko-Instituts am Verbund rufe große Irritationen hervor.

Im Gegenzug luden die Atomkraftgegner zu einer Atommüllkonferenz am 2. Februar 2013 nach Kassel ein.[1] "Wir wissen, daß das internationale Atommüllgeschäft lukrativ ist und daß der Abriß von Atomanlagen ein großes Geschäftsfeld sein wird. Dazu bedarf es kritischer Begleitung.", schreibt die BI. Als Gastredner konnte der Schweizer Geologe und Nuklearexperte Marcos Buser gewonnen werden. Buser analysierte das Scheitern des dortigen Suchverfahrens und des Beteiligungsprozesses, das er selbst mit auf den Weg gebracht hatte und das auch in Deutschland lange Zeit als beispielhaft galt.

Rund 30 Umwelt- und Anti-Atom-Initiativen mahnten zum Abschluß ihrer Konferenz, für einen angemessenen, sorgfältigen und verantwortbaren Umgang mit dem Atommülldesaster sei ein reiner Parteienkonsens bei weitem nicht ausreichend. Es müsse vielmehr eine gesellschaftliche Verständigung über das weitere Vorgehen mit allen radioaktiven Hinterlassenschaften erfolgen. An erster Stelle könne nicht bereits die Ausarbeitung eines Gesetzes stehen, vielmehr notwendig sei zuerst eine sorgfältige Aufarbeitung der Fehler der Vergangenheit und eine öffentliche Analyse der Ursachen, um daraus Lehren ziehen zu können.


Ein Endlagersuchgesetz

Ebenfalls mit Datum vom 16. Januar 2013 versehen gibt es einen neuen Entwurf des Endlagersuchgesetzes ("Standortauswahlgesetz; StandAG"). Eine erste Version einer Synopse stellte am 28. Januar 2013 die Website endlagerdialog.de zur Verfügung.[2] Demnach gibt es nur wenige Änderungen zur Fassung vom 17. Oktober 2012. Das Institut für die Standortauswahl wurde in Regulierungsbehörde für [...] umbenannt und die Konstruktion über ein Bundesamt für kerntechnische Sicherheit wird aufgegeben.

Damit wird das Institut, jetzt die Regulierungsbehörde, stärker an das Umweltministerium angebunden, kommentiert Michael Mehnert, Betreiber der Website endlagerdialog.de [3]. Mehnert ist promoviert in Physikalischer Chemie und war bis Ende April 2011 beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) tätig, bis ihm, wie er schreibt, "wegen interner Kritik an der Wissenschaftlichkeit und der nicht eingelösten Zusicherung 'Transparenz und Offenheit' fristlos gekündigt wurde". Jetzt könne er "bei strikter Wahrung der Verschwiegenheitspflicht nach § 3 Abs. 1 TVöD" extern Kritik am Endlagermanagement üben.

Die Anbindung an die Politik, so Mehnert, werde die Arbeit der Regulierungsbehörde bestimmen. Damit sei die Arbeitstaktung von Wahlkampf zu Wahlkampf vorgegeben. Da kaum zu erwarten sei, daß die Regulierungsbehörde sich als selbständige Bundesoberbehörde begreift, werde die Endlagerfrage auch in den nächsten 30 Jahren nicht wesentlich von der Stelle kommen. Auch das BfS habe sich in der Vergangenheit nicht als selbständige Bundesoberbehörde gemäß Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG verhalten, sondern als politischer Handlanger.


"endlagerdialog.de statt Gorlebendialog"

Die Fixierung des Bundesumweltministeriums auf Gorleben ist Ausdruck eines primitiven Politikstils, schreibt Mehnert. Dieser sei in vielen Politikbereichen vielleicht gerade noch hinnehmbar, in der Frage der Endlagerung hochradioaktiver Abfälle gehe es aber um die Gesundheit der nächsten 100.000 Generationen. Hier alternativlos und damit unwissenschaftlich zu denken und womöglich zu handeln, findet er unverantwortlich. Selbst das Atomgesetz schreibe die Anwendung des aktuellen Standes von Wissenschaft und Technik vor. Insofern sei "alternativlos" hier illegal.

Allein für den Standort Gorleben soll bis Ende März 2013 eine vorläufige Sicherheitsanalyse und nach weiterer gezielter Erkundung ein Langzeitsicherheitsnachweis erstellt werden, der die Sicherheit eines Endlagers im Salzstock Gorleben beweisen soll oder auch nicht. Diese Vorgehensweise gehe zurück auf die Tradition der 1950er und 1960er Jahre, kritisiert Mehnert. Damals wurde den Wissenschaften und insbesondere den Naturwissenschaften ein Eindeutigkeitsanspruch zuerkannt, der aus heutiger Sicht in keiner Weise mehr gerechtfertigt ist. Die Erfahrungen der letzten 40 Jahre im Umweltbereich und anderswo hätten dies gezeigt.

Nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft und insbesondere der Wissenschaftsforschung sei das alternativlose Festhalten an Gorleben nicht akzeptabel. Es gehe hier um die Prognose des Verhaltens eines hochkomplexen Systems, des Endlagersystems in einem geologisch anspruchsvoll strukturierten Salzstock, mindestens über die nächsten 10 Millionen Jahre. Man begebe sich in Prognosezeiträume, die auch die Vorstellungen der Geologen sprengen. Deshalb werde hier schon einmal - klammheimlich - der notwendige Prognosezeitraum auf einen Betrachtungszeitraum von 1 Million Jahre verkürzt.

In den 1970er Jahren war man bei der Endlagerproblematik schon weiter, erklärt Mehnert. Damals, im Jahr 1976, entwickelte der Bund nach Protesten in der Bevölkerung an den Standorten Wahn, Lichtenhorst und Lutterloh das Konzept, an allen Standorten gleichzeitig und gleichrangig zu erkunden. Leider sei dieses Konzept nicht mehr zum Zuge gekommen. Es wurde durch die Benennung Gorlebens als alleiniger Untersuchungsstandort für das "Nukleare Entsorgungszentrum" durch das Land Niedersachsen ausgebremst.

Deutschland steht heute - 35 Jahre danach - vor dem Ergebnis des Versagens der verantwortlichen Ministerien: dem Innenministerium, dem Forschungsministerium, dem Umweltministerium, dem Wirtschaftsministerium und der zuständigen Fachverwaltungen - der Physikalisch Technischen Bundesanstalt und später dem Bundesamt für Strahlenschutz. Diese Institutionen haben sich alle an dem unverantwortlichen Hin- und Hergeschiebe zwischen Politik und Wissenschaft beteiligt, ohne die wirklichen Rollen zu definieren und einzuhalten, rügt Mehnert. Einseitig werde seit 1977 die Gorleben-Entscheidung der damaligen niedersächsischen Landesregierung verfolgt. Ein kurzer Lichtblick sei nur die Arbeit des "Arbeitskreises Auswahlverfahren Endlagerstandorte (AkEnd)" gewesen. Das Ak End-Konzept wurde jedoch nach Ablehnung durch die Kernkraftwerksbetreiber vorschnell wieder aufgegeben.

Im Oktober 2002 hatte zuletzt der drei Jahre zuvor vom damaligen Umweltminister Jürgen Trittin eingerichtete Ak End seine Kriterien und Verfahrensvorschläge zur Auswahl eines Endlagerstandortes für hochradioaktive, wärmeentwickelnde Abfälle präsentiert. Ende 2002 beendete der Ak End seine Arbeit und danach wollte das Bundesumweltministerium darüber eine öffentliche Diskussion führen und schließlich das Auswahlverfahren verbindlich werden lassen. Das alles fand bis heute nicht statt.

Dringend notwendig ist es, zur Problematik der Endlagerung radioaktiver Abfälle einen bundesweiten Dialog, einen "Endlager-Dialog", zu initiieren, fordert Mehnert. Bei diesem Dialog müsse man sich unter konsequenter Einhaltung der Rollen von Wissenschaft und Politik und unter Beteiligung der in Deutschland für die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle infrage kommenden Regionen mit diesem brisanten Problem auseinandersetzen.

Es gelte, einen Gegenpol zum bisherigen, seit 35 Jahren anhaltenden intransparenten Hin- und Hergeschiebe der Endlagerfrage zwischen Politik, den hörigen sogenannten wissenschaftlich-technischen Bundesoberbehörden und den Kernkraftwerksbetreibern zu bilden. Nach Fukushima sei die Situation dafür günstig, weil durch die Energiewende wenigstens die Menge an radioaktivem Abfall begrenzt worden sei. Im ersten Ansatz seien am Dialog die Regionen zu beteiligen, in denen nach den einschlägigen wissenschaftlichen Studien der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe für die Endlagerung günstige geologische Formationen liegen, nämlich Salzstandorte mit geeigneten Salzstöcken und flachen Lagerungen im Mündel-Mergel-Salinar, geeignete Tonstandorte und geeignete Standorte mit Kristallingestein. Grundsätzlich seien die zu beteiligenden Regionen eher umfassend zu wählen, um das "Endlagerwissen" möglichst breit zu verankern. Ein späterer Einstieg einer Region ist möglichst zu vermeiden, empfiehlt Mehnert.

Um eine rationale Entscheidung für Endlagerstandorte zu treffen, reiche es nach heutiger wissenschaftlicher Erkenntnis nicht aus, das zur Verfügung stehende und das noch erkundbare Wissen zugrunde zu legen. Darüber hinaus müsse sowohl das vermutete als auch das nicht abschätzbare Nichtwissen berücksichtigt werden, mahnt Mehnert an. Diese Vorgehensweise habe auf anderen Gebieten zu Strategien wie Monitoring, Reversibilität und Vorsorge geführt.


Die Berücksichtigung des Nichtwissens

Weiterhin stelle sich die Frage, ob Experten das Nichtwissen am besten abschätzen können? Es gebe viele Beispiele, die zeigen, daß das nicht so ist, beschreibt Mehnert. Das Nichtwissen werde eher pluralisiert wahrzunehmen sein. Insofern sei Bürgerbeteiligung nicht nur eine Strategie der Akzeptanzbeschaffung, sondern eine notwendige Voraussetzung, um zu einer rationalen Entscheidung in der Frage der Endlagerung radioaktiver Abfälle zu kommen.


Mit einem Zukunftsrat die Endlagersuche legitimieren

Im November 2012 erschien in der Süddeutschen Zeitung ein Artikel mit dem Titel "Mehr Beteiligung für die Energiewende". In diesem entwickeln Claus Leggewie und Patrizia Nanz die Vorstellung, die Endlagersuche solle von einem Zukunftsrat begleitet werden. Dieses Gremium soll nicht wie in Ethikkommissionen aus erlauchten Persönlichkeiten oder Stakeholdern bestehen, sondern aus einfachen Bürgern, die in einem Zufallsverfahren repräsentativ bezüglich Alter, Geschlecht und Bildung ausgesucht werden. Es ist praktisch ein Untersuchungsausschuß nicht von Parlamentariern, sondern von Laien. Aufgabe soll die Erarbeitung von Handlungsempfehlungen auf der Grundlage von Befragungen, Recherchen und Verständigung im Zukunftsrat selbst sein. Vorgeschlagen werden eine regionale Ebene an potentiellen Standorten und eine übergreifend nationale Ebene.

Ein solches Gremium könnte die Sache wirklich vorwärts bringen, findet Mehnert, weil, wie in dem Artikel richtig dargestellt wird, "das Vertrauen in die politischen Eliten vollständig erschüttert [ist], keine wissenschaftliche Autorität mehr anerkannt [wird], Bürgerinitiativen sich in einer Wagenburg verschanzt [haben], die Energiekonzerne sich aus der Verantwortung [stehlen]".

Der Laien-Untersuchungsausschuß könnte dann genau diese politischen Eliten, wissenschaftlichen Autoritäten, verschanzten Bürgerinitiativen und Abfallerzeuger wie Energieversorgungsunternehmen und staatliche Atomforschungszentren befragen und Handlungsempfehlungen erarbeiten, meint Mehnert. Solch ein Verfahren sei in Großbritannien bereits 1999 im Zusammenhang mit dem Umgang mit radioaktiven Abfällen eingesetzt worden.


Akzeptanz oder Legitimation
Konsens oder Kompromiß

"Und es geht ja um mehr als bloße Akzeptanzbeschaffung: nämlich darum, einer wie auch immer gearteten parlamentarischen Entscheidung durch eine verbindliche Empfehlung aus der Bürgerschaft zusätzliche Legitimation und Tragfähigkeit zu verleihen", schrieben Leggewie und Nanz in der Süddeutschen Zeitung.

Das Mißtrauen in Politik und Wissenschaft ist berechtigt. Mehnert zitiert das Bundesamt für Strahlenschutz wie folgt: "Die Lagerstätten müssen so beschaffen sein, dass die Abfälle von der Biosphäre abgeschieden bleiben, bis keine Gefahr mehr von ihnen ausgeht." Nach Festlegung des Bundesamtes für Strahlenschutz von 2005 heißt das: für eine Million Jahre. Bis zum Jahr 1.002.005 also. Diese Zahl, so Mehnert, demonstriere den Hochmut einer hochriskanten Technologiewahl, die für Menschen kaum nachvollziehbare Fristen und Risiken einplanen muß. Und das Bundesamt für Strahlenschutz müßte es als wissenschaftlich-technische Bundesoberbehörde eigentlich besser wissen.


Biosphäre oder Anthroposphäre?

Die Isolation von der Biosphäre könne schon deshalb nicht gelingen, so Mehnert, weil selbst in den vorgesehenen Einlagerungstiefen biologische Organismen ihren Lebensraum haben. Ehrlicherweise solle man also nicht von Biosphäre, sondern von Anthroposphäre sprechen.


Möglicher Prognosezeitraum und notwendiger Isolationszeitraum

Weiterhin, darauf weist Mehnert ebenfalls hin, ist der Zeitraum von einer Million Jahre nicht der notwendige Isolationszeitraum, sondern der Zeitraum, für den nach Ansicht von geologischen Experten bei den in Deutschland vorherrschenden geologischen Verhältnisse tragfähige Prognosen gewagt werden könnten. Der notwendige Zeitraum dagegen ergebe sich aus dem Abfallinventar, den Schutzzielen, die man anstrebe, und den Modellvorstellungen, die man zugrunde lege. Hier seien selbst beim für das Endlager Konrad vorgesehenen Abfallinventar eher 10 Millionen Jahre anzusetzen. Also nicht bis zum Jahr 1.002.005, sondern bis zum Jahr 10.002.005 sollten die Abfälle von der Anthroposphäre isoliert werden.

Die Geologie ist eine beschreibende Wissenschaft, die sich mit der Vergangenheit befaßt. Prognosen sind die Ausnahmen. Bei der Endlagerproblematik trauten sich die Geologen (auch im Ak End) inzwischen 1 Million Jahre zu. Das ist jedoch reine Spekulation, so Mehnert. Fundierte wissenschaftliche Literatur habe ihm bisher noch niemand nennen können. Andererseits sei die zeitliche Entwicklung der Radiotoxizität der Abfälle ziemlich exakt vorhersagbar. So komme Kirchner laut Umweltgutachten 2000 beim Inventar des Lagers KONRAD auf eine notwendige Isolationszeit von 10 Millionen Jahre. Damit sei die geologische Endlagerung nach wissenschaftlichen Maßstäben selbst beim KONRAD-Inventar nicht möglich.


Sicherheit - Risiko - Gefahr - Angst

Ehrlicherweise, so Mehnert, könne man nicht von Langzeitsicherheit sprechen, sondern grundsätzlich nur von Langzeitrisiko. Entsprechend dem Philosophen Luhmann sei Langzeitsicherheit ein "Leerbegriff", er sei eher ein "Ventilbegriff für" (berechtigte) "soziale Forderungen".

Setze man diese Überlegungen mit Luhmann fort, dann komme man von der Risikowahrnehmung des Entscheiders zur Gefahrenwahrnehmung der Betroffenen. Erst wenn die Betroffenen nahe an die Entscheidung herankommen können - also in einer Weise beteiligt werden, ohne sie zu überfordern -, könne die Gefahr und die Angst vor der Gefahr zum Risiko rationalisiert werden. So könne auch Flugangst angeblich durch Training im Flugsimulator verringert werden.

Allerdings - das schreibt Mehnert nicht - bedeutet "rationalisieren" in der Psychologie eine ineffektive Problemlösungsstrategie, etwa nach dem Muster: "Mein Großvater hat auch sein ganzes Leben lang geraucht und ist doch über 80 Jahre alt geworden." Unbestimmte Ängste lassen sich zwar durch Information und engagierte Befassung in konkrete Furcht verwandeln, die dann aber ebenso konkret zu bewältigen ist.

[1] www.atommuellkonferenz.de
[2] http://endlagerdialog.de/wpcontent/uploads/2013/01/Endlagersuche_tab_13.06_17.10_16.01_ver1.pdf
[3] http://endlagerdialog.de


Der Artikel ist auf der Website des Strahlentelex zu finden unter
http://www.strahlentelex.de/Stx_13_626-627_S07-10.pdf

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Quelle:
Strahlentelex mit ElektrosmogReport, Februar 2013, Seite 7-10
Herausgeber und Verlag:
Thomas Dersee, Strahlentelex
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. März 2013