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EUROPA/409: Bürokratieabbau in Europa und Deutschland (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzverbände e.V.
EU-Koordination

EU-News - EU-News - Mittwoch, 18. März 2015 / Politik & Recht

Bürokratieabbau in Europa und Deutschland


Der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments hat Änderungsvorschläge zum REFIT-Programm erarbeitet, die Ende März zur Abstimmung stehen. Das Statistische Bundesamt hat im März Zahlen über die Bürokratiekosten für die Wirtschaft in Deutschland veröffentlicht.

Mit dem REFIT-Programm will die EU-Kommission Rechtsvorschriften vereinfachen und den bürokratischen Aufwand in einigen Bereichen verkleinern. Im Juni 2014 hat die EU-Kommission eine Zwischenbilanz zum Bürokratieabbau (EU-Umweltnews)[1] gezogen und weitere Schritte der Deregulierung angekündigt. Seit der Initiative vom REFIT-Programm (Regulatory Fitness and Performance Programme) im Dezember 2012 hat die EU-Kommission mittlerweile 126 Gesetzesvorhaben zurückgezogen, darunter die EU-Bodenschutzrahmenrichtlinie und die Richtlinie zum Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten. Umweltverbände hatten mehrfach ihre Besorgnis über den Deregulierungsvorstoß der Kommission geäußert, da dieser das Vorsorgeprinzip aufweiche.

Das EU-Parlament erarbeitet derzeit eine Stellungnahme zur Zwischenbilanz der Kommission zu REFIT. Der Umweltausschuss will am 26. März die Änderungsanträge seiner Stellungnahme zum Programm zur Gewährleistung der Effizienz und Leistungsfähigkeit der Rechtsetzung (REFIT) abstimmen. In dem Entwurf von dem Berichterstatter Giovanni La Via (EVP) lobt der Ausschuss das Ziel, unnötige administrative Lasten abzuschaffen, äußert aber auch Bedenken über die mögliche Deregulierung in den Bereichen Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Gesundheit.

Auch der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments erarbeitet derzeit eine Stellungnahme zu REFIT, die er am 23. März abstimmen will. Die Berichterstatterin Sylvia Yvonne Kaufmann (SPD, S&D) ist verantwortlich für die Stellungnahme das gesamten EU-Parlaments zum REFIT-Programm. Da die EU-Kommission im April ihr nächstes Paket zur besseren Rechtsetzung angekündigt hat, und dieses in die Stellungnahme des Europäischen Parlaments Berücksichtigung finden soll, wird das Plenum des Europäischen Parlaments voraussichtlich erst im Juni darüber abstimmen.

Das Statistische Bundesamt hat im März neue Zahlen über die Bürokratiekosten für die Wirtschaft veröffentlicht. Demnach entstehen für die Wirtschaft durch die rund 13.800 Informationspflichten im laufenden Jahr Bürokratiekosten von knapp 43 Milliarden Euro. Die höchsten Kosten für die Wirtschaft verursachen dabei Bürokratiekosten des Finanzministeriums mit 17,4 Milliarden Euro und des Justizministeriums mit 11 Milliarden Euro. Die vom Umweltministerium verursachten Bürokratiekosten für die Wirtschaft machen mit 1,2 Milliarden Euro nur einen geringen Teil der Kosten aus. Das Finanzministerium ist mit 3667 Informationspflichten für die Wirtschaft (Anträge, Meldungen, Statistiken, Nachweise) Bürokratie-Spitzenreiter unter den deutschen Ministerien, gefolgt vom Landwirtschaftsministerium (1817) und dem Wirtschaftsministerium (1770). Das Umweltministerium verlangt von der Wirtschaft 1255 Informationspflichten.

Auf der Dokumentation dieses Erfüllungsaufwands aufbauend, werden bestehende bundesrechtliche Regelungen analysiert und Vorschläge zur Reduktion der Belastung entwickelt. Diesen Bürokratieabbau sieht die Bundesregierung als Rechtsvereinfachung unter Wahrung der bestehenden Schutzstandards. So steht es auch im 2014 beschlossenen Arbeitsprogramm Bessere Rechtsetzung der Bundesregierung: "Zwischen den Zielen Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung sowie anderen Politikzielen ist stets eine ausgewogene Balance herzustellen. Die Bundesregierung versteht dabei Bürokratieabbau stets als Vereinfachung unter Wahrung der bestehenden Schutzstandards und nicht als deren Absenkung." [bv, jb]


Änderungsanträge EP-Umweltausschuss zu REFIT
http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?type=COMPARL&reference=PE-549.141&format=PDF&language=DE&secondRef=01

Statistisches Bundesamt
https://www-skm.destatis.de/webskm/online/data;jsessionid=69FB65ED9AF7A5128F66424F8356D518.tomcat_SKM_1_1?operation=informationspflichten&cleanup=true&view=informationspflichtWirtschaft

Spiegel-Online zum Bericht des Statistischen Bundesamts
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/buerokratie-welches-ministerium-der-wirtschaft-am-meisten-zumutet-a-1022729.html

Arbeitsprogramm der Bundesregierung 2014 Bessere Rechtsetzung
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/Buerokratieabbau/2014/04-06/2014-06-04-arbeitsprogramm-bessere-rechtsetzung.html;jsessionid=4DC1850BD559A95E6EE7AA90D7A33DDD.s3t2?nn=392426

DNR-Steckbrief Deregulierungstendenzen in der EU
http://www.eu-koordination.de/PDF/steckbrief-deregulierung-entdemokratisierung.pdf

[1] http://www.eu-koordination.de/umweltnews/news/politik-recht/2722-deregulierung-auf-wunsch-der-industrie

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Quelle:
EU-News, 18.03.2015
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. März 2015

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