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INITIATIVE/483: Das European Environmental Paper Network (ARA Magazin)


ARA Magazin 19, 2013/14 - Arbeitsgemeinschaft Regenwald und Artenschutz e.V.

Gegen die Papiertiger

Aus der Arbeit des European Environmental Paper Network



Nach Angaben der Welternährungsorganisation FAO hat sich China innerhalb kurzer Zeit nicht nur zum größten Verbraucher von Papierprodukten entwickelt, sondern auch zum bedeutendsten Papierproduzenten. Die Papierindustrie boomt weltweit, greift unverändert auf wertvolle Naturwälder zu und beugt Menschenrechte. Dagegen kämpft das Europäische Papiernetzwerk EEPN.


Nachdem 2001 zunächst das Environmental Paper Network (EPN) seine Arbeit in Nordamerika aufgenommen hatte, wurde 2006 der europäische Counterpart, das EEPN, gegründet: Ein Zusammenschluss von etwa 70 Umwelt- und Entwicklungsorganisationen, denen unter anderem auch Aktionsgruppen aus Südostasien angehören.

Die Initiatoren trafen sich 2006 am Rande der Paperworld, der internationalen Leitmesse für Papier, Bürobedarf und Schreibwaren, um die Ziele des europäischen Netzwerkes in einer PAPER VISION festzuschreiben:

  • Generelle Senkung des Papierverbrauchs
  • Einschränkung der Verwendung von Frischfasern bei der Papierherstellung
  • Einhaltung von Sozialstandards in allen Prozessen der Gewinnung von Papierrohstoffen und der Herstellung von Papier
  • Zugriff nur auf nachhaltige Rohstoffquellen (ohne Zugriffe auf Naturwälder)
  • Papierherstellung nur mit umweltgerechten Produktionstechniken

Die wichtigsten Zielgruppen der Aktivitäten des Netzwerks sind die Papierindustrie, die Politik und die Verbraucherebene. Gemeinsam mit den Mitstreitern aus anderen Regionen wird derzeit an der Formulierung einheitlicher globaler Zielvorgaben gearbeitet.

Das EEPN wird durch eine Steuerungsgruppe geleitet, der acht VertreterInnen assoziierter Verbände angehören: FERN, Greenpeace International, Swedish Society for Nature Conservation, Finnish Association for Nature Conservation, Terra! (Italien), WWF International sowie Robin Wood und ARA, die beide das Bundesnetzwerk Papierwende vertreten. Außerdem hat ARA die organisatorische Betreuung der Projekte des EEPN übernommen, die von der Schottin Mandy Haggith koordiniert werden. Finanziert wird die Arbeit des EEPN vor allem durch international tätige Stiftungen.

Ein wichtiges Arbeitsgebiet ist der Aufbau und die Unterstützung nationaler Aktionsgruppen, aktuell zum Beispiel in China, wo neue Zellstoffwerke mit minimalen Umweltauflagen im Bau bzw. in Planung sind. Chinesische Investoren spielen schon heute eine entscheidende Rolle für die Zukunft der globalen Papierindustrie. Da Chinas Papierindustrie rapide wächst, werden dafür mehr und mehr Rohstoffe aus allen Teilen der Welt rekrutiert, verstärkt auch aus Indonesien.

Kampagne gegen Waldzerstörung in Indonesien

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Zusammenarbeit mit indonesischen Umweltorganisationen, die sich gegen den Raubbau an ihren Regenwäldern und deren Umwandlung in Holzplantagen engagieren. Im vergangenen Jahr informierten sie auf einer Lobbyreise durch Europa über die Pläne von Firmen wie Asia Pulp and Paper (APP), mit dem Bau neuer Zellstoffwerke die Nachfrage nach dem Rohstoff Holz weiter zu steigern. Gleichzeitig versucht die Firma, mit billigen Büropapieren auf dem europäischen Markt Fuß zu fassen.

Dank der internationalen Unterstützung zahlreicher Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen sah sich APP inzwischen gezwungen, Umwelt- und Sozialstandards für das Unternehmen in einer "Forest Conservation Policy" festzulegen. EEPN begrüßt diese Entwicklung ausdrücklich, kritisiert aber gemeinsam mit internationalen Verbänden die gravierenden Schwachpunkte dieser Waldschutzpolitik, zum Beispiel fehlendes Engagement für Naturschutzmaßnahmen und für Wiederaufforstung. Damit die Strategie von APP nicht zu einer neuen Form des Greenwashings für den Weltmarkt verkommt, werden alle Maßnahmen von APP durch eine Allianz von Umweltverbänden des Papiernetzwerkes kontrolliert und Verstöße angeprangert.

Papierverbrauch senken

Zu einer wirklichen Erfolgsstory hat sich das von EEPN in Großbritannien durchgeführte Projekt SHRINK entwickelt. Ziel ist es, Papiergroßverbraucher durch ein intelligentes Betriebsmanagement zu einer Verringerung des Papiereinsatzes zu bewegen. Von großen Versicherungsunternehmen bis zu Verbrauchermarktketten haben sich bedeutende Großverbraucher beteiligt.

Mailings statt Papierwerbung, Reduzierung des Papiereinsatzes in der innerbetrieblichen Kommunikation, neue Strategien zur Senkung der Remittendenquote bei Druckerzeugnissen - das Projekt SHRINK hat viele neue Wege aufgezeigt, wie gerade Großverbraucher wirksam die Verschwendung des Wertstoffes Papier eindämmen und gleichzeitig ihr Umweltimage steigern können.

Nachdem das Projekt so vielversprechend in Großbritannien angelaufen ist, plant ARA, ein ähnliches Vorhaben mit dem Netzwerk Papierwende auch in Deutschland zu starten.

Weltweit sind - nicht zuletzt in einer Reihe von Entwicklungsländern - riesige Papier- und Zellstofffabriken in Planung, für die auf dem internationalen Kapitalmarkt Investoren angeworben werden sollen. EEPN wird sich mit diesem Thema demnächst auf einem Treffen in Amsterdam auseinandersetzen, um Strategien für kritische Lobbyarbeit bei Investoren zu entwickeln. Dazu sind auch Vertreter von "friendly banks" geladen, die über einschlägige Erfahrung in nachhaltigem, verantwortungsvollem Finanzengagement verfügen. Neue Herausforderungen fordern auch von der Umweltschutzbewegung neue Beweglichkeit und neue Strategien.



Weitere Informationen zum SHRINK-Projekt gibt es unter
www.environmentalpaper.eu

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Quelle:
ARA Magazin 19, 2013/14, Seite 10 - 11
Arbeitsgemeinschaft Regenwald und Artenschutz e.V.
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Redaktion: Wolfgang Kuhlmann, Jürgen Wolters
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Januar 2014