Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → FAKTEN

LUFT/503: Neue EU-Luftpolitik - Längst überfällig, aber wenig ambitioniert (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände
EU-Koordination

EU-News - Donnerstag, 19. Dezember 2013 / Emissionen

Neue Luftpolitik: Längst überfällig, aber wenig ambitioniert



Über 400.000 vorzeitige Todesfälle durch schlechte Luftqualität, 90 Prozent der europäischen GroßstadtbewohnerInnen atmen dreckige Luft. Die Fakten sind eindeutig: Luftverschmutzung ist das größte Umweltgesundheitsproblem in der EU und weltweit. Die EU-Kommission hat daher am Mittwoch ein Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Luftqualität in Europa verabschiedet, bleibt damit aber weit hinter den Erwartungen der Umwelt-NGOs zurück.

EU-Umweltkommissar Janez Potocnik hatte 2013 zum europäischen Jahr der Luft erklärt und damit die EU-Luftreinhaltepolitik zu seinem Arbeitsschwerpunkt gemacht. Insbesondere seit dem letzten Emissionsbericht der Europäischen Umweltagentur (EU-Umweltnews vom 17. Oktober)[1] hatten Umweltverbände auf eine ambitionierte Überarbeitung der bestehenden Maßnahmen gedrängt. "Luftverschmutzung ist nach wie vor ein 'unsichtbarer Mörder', der viele Menschen daran hindert, ein aktives Leben zu führen," erklärte Potocnik bei der Vorstellung eines neuen Gesetzespakets am Mittwoch. "Durch die Maßnahmen, die wir vorschlagen, wird die Zahl der Todesfälle halbiert, der Schutz für besonders anfällige Personengruppen verstärkt und die Lebensqualität für alle verbessert."

Mit dem neuen Programm "Saubere Luft für Europa" will die Kommission sicherstellen, dass bestehende Ziele kurzfristig erreicht und neue Ziele für den Zeitraum bis 2030 beschlossen werden. Dieses Programm setzt sich unter anderem aus Unterstützungsmaßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität in Städten sowie Investitionen in Forschung und Innovation zusammen. Auch eine Überarbeitung der Richtlinie über nationale Emissionshöchstmengen (NEC-Richtlinie) steht im Vorschlag der Kommissare.

Demnach sollen strengere Grenzwerte für die sechs wichtigsten Luftschadstoffe definiert werden, darunter Ammoniak und Methan. Diese Vorgaben sollen aber erst ab 2030 gelten. Auch eine neue Richtlinie zur Verringerung der Verschmutzung durch mittelgroße Feuerungsanlagen ist angestrebt. Diese könnte beispielsweise Emissionsgrenzen für kleine Kraftwerke, die einzelne Straßenblöcke mit Strom versorgen, große Gebäude und Industrieanlagen festlegen.

Auch der für Gesundheit zuständige EU-Kommissar Tonio Borg begrüßte die Vorgeschlagenen Maßnahmen: "Das Gesetzespaket bringt Europa auf den richtigen Weg, um langfristig für saubere Luft für alle zu sorgen." Diese Einschätzung wollte das Europäische Umweltbüro (EEB) allerdings nicht teilen. Zwar begrüßte der europäische Umweltdachverband den Kommissionsvorschlag grundsätzlich, kritisierte aber, dass die geplanten Maßnahmen zu wenig ambitioniert seien, um zur Verbesserung der Luftqualität beitragen zu können.

"Die Pläne der EU-Kommission sind ein erster Schritt in die richtige Richtung. Dennoch ist es paradox, dass die Kommission die zahlreichen Appelle von WissenschaftlerInnen für ein schnelles Handeln ignoriert und die wichtigsten Maßnahmen auf 2030 vertagt", sagte die EEB-Expertin Louise Duprez. "So wird es auch weiterhin zu viele vermeidbare Todesfälle durch Luftverschmutzung geben. Jetzt liegt es an EU-Parlament und Mitgliedstaaten für den Schutz von Gesundheit und Umwelt nachzubessern." [dh]

[1] http://www.eu-koordination.de/umweltnews/news/emissionen/2327-ganz-schoen-dicke-luft


Programm "Saubere Luft für Europa" (engl., PDF)
http://ec.europa.eu/environment/air/pdf/clean_air/Communication%20Clean%20Air%20Programme.pdf

Vorschlag zur Überarbeitung der NEC-Richtlinie (engl. PDF)
http://ec.europa.eu/environment/air/pdf/clean_air/National%20emissions_EN_proposal.pdf

Richtlinien-Vorschlag Verringerung der Verschmutzung durch mittelgroße Feuerungsanlagen (engl., PDF)
http://ec.europa.eu/environment/air/pdf/clean_air/Medium%20combustion%20plants_EN_proposal.pdf

Stellungnahme EEB (engl.)
http://www.eeb.org/EEB/index.cfm/news-events/news/air-package-welcomed-but-no-early-christmas-present-for-air-pollution-victims/

*

Quelle:
EU-News, 19.12.2013
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Dezember 2013