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MELDUNG/520: 33 Jahre nach Tschernobyl-Wildpilze in Bayern teilweise immer noch radioaktiv (idw)


Bundesamt für Strahlenschutz - 09.10.2019

33 Jahre nach Tschernobyl: Wildpilze in Bayern teilweise immer noch radioaktiv

Pilzbericht des Bundesamts für Strahlenschutz informiert über radioaktive Belastung


Mehr als 33 Jahre nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl sind einige Wildpilze in Teilen Bayerns immer noch mit radioaktivem Cäsium belastet. Das belegen Messergebnisse, die das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) veröffentlicht hat. Laut dem Bericht liegt die Belastung bestimmter Pilzarten bei bis zu 2.400 Becquerel pro Kilogramm Frischmasse. Wie hoch die Belastung mit Cäsium-137 ist, schwankt sehr stark je nach Pilzart und von Standort zu Standort.

Zu den besonders stark radioaktiv belasteten Pilzarten zählen unter anderem Semmelstoppelpilze, Elfenbein- und Braunscheibige Schnecklinge und Maronenröhrlinge. Die höchsten Radiocäsiumgehalte wurden in außergewöhnlich stark belasteten kleineren Waldgebieten im Bayerischen Wald, im Donaumoos südwestlich von Ingolstadt, im Berchtesgadener Land und in der Region Mittenwald ermittelt. Über diesen Gebieten gingen nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl Anfang Mai 1986 Gewitter nieder. Das radioaktive Cäsium aus dem Niederschlag konnte sich dort in den Waldböden längere Zeit halten als beispielsweise auf Ackerböden und wird von einigen Pilzarten aus tiefer liegenden Bodenschichten aufgenommen.

"Cäsium-137 hat eine Halbwertszeit von rund 30 Jahren, darum ist das aus Tschernobyl stammende Cäsium bisher erst etwa zur Hälfte zerfallen", erklärt Inge Paulini, Präsidentin des Bundesamts für Strahlenschutz: "Aus Sicht des Strahlenschutzes sollte jede zusätzliche Strahlenbelastung minimiert werden. Im Extremfall enthält eine einzelne Mahlzeit dieser Pilze mehr Cäsium-137 als man mit anderen Lebensmitteln aus landwirtschaftlicher Produktion in einem ganzen Jahr zu sich nimmt. Wer seine persönliche Strahlenbelastung so gering wie möglich halten möchte, sollte darum keine stark belasteten Pilzarten aus höher belasteten Regionen essen."

Wer selbst gesammelte Pilze in üblichen Mengen isst (etwa bis 250 Gramm pro Woche), muss jedoch keine negativen gesundheitlichen Folgen aufgrund der Radioaktivität befürchten. Wildpilze, die im Handel verkauft werden, dürfen den Grenzwert von 600 Becquerel pro Kilogramm Frischmasse nicht überschreiten. Dieser Grenzwert wurde nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl eingeführt. Seine Einhaltung wird von der amtlichen Lebensmittelüberwachung in Stichproben kontrolliert. Zuchtpilze wie der Austernseitling oder der Zuchtchampignon sind nicht radioaktiv belastet und können bedenkenlos gegessen werden.

Das BfS untersucht die radioaktive Belastung wildwachsender Speisepilze im Süden Deutschlands seit 2005 und veröffentlicht die Ergebnisse jährlich. Die Proben werden an typischen Waldstandorten unter anderem nördlich von München, im Bayerischen Wald und im Berchtesgadener Land gesammelt, die häufig von Pilzsammlern aufgesucht werden. Seit 2007 werden auch Proben im südlichsten Teil Sachsens entnommen. Das BfS arbeitet dabei eng mit Pilzexperten zusammen, um sicherzustellen, dass möglichst viele unterschiedliche Pilzsorten bei der Untersuchung erfasst werden. Die Pilzproben werden im Labor getrocknet, gemahlen und mit Germanium-Detektoren unter anderem auf ihren Cäsium-Gehalt untersucht.

Den Bericht "Radioaktive Kontamination von Speisepilzen" finden Sie hier:
www.bfs.de/pilzbericht

Bundesamt für Strahlenschutz:
Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) arbeitet für den Schutz des Menschen und der Umwelt vor Schäden durch Strahlung. Das BfS informiert die Bevölkerung und berät die Bundesregierung in allen Fragen des Strahlenschutzes. Die über 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bewerten Strahlenrisiken, überwachen die Umweltradioaktivität, unterstützen aktiv im radiologischen Notfallschutz und nehmen hoheitliche Aufgaben wahr, darunter im medizinischen und beruflichen Strahlenschutz. Ultraviolette Strahlung und strahlenrelevante Aspekte der Digitalisierung und Energiewende sind weitere Arbeitsfelder. Als wissenschaftlich-technische Bundesoberbehörde betreibt das BfS Forschung und ist mit nationalen und internationalen Fachleuten vernetzt.

Weitere Informationen unter www.bfs.de.

Die gesamte Pressemitteilung erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/de/news724926
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution879

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Bundesamt für Strahlenschutz - 09.10.2019
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Oktober 2019

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