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STADT/204: Berlins Grüne Lungen (2) Der Große Tiergarten in Mitte (DER RABE RALF)


DER RABE RALF
Nr. 151 - August/September 09
Die Berliner Umweltzeitung

Berlins Grüne Lungen
Teil 2: Der Große Tiergarten in Mitte

Von Christoph Vinz


Der historische Große Tiergarten ist mit einer Fläche von 210 Hektar Deutschlands zweitgrößte innerstädtische Parkanlage. Aus einem schon vor 500 Jahren genutzten kurfürstlichen Jagdrevier entstand seit dem 17. Jahrhundert Berlins ältester und bedeutendster Park. Erst seit gut 100 Jahren ist der Große Tiergarten öffentlich zugänglich und wurde damals zu einem beliebten preußischen Volkspark.

Bedeutende Gartengestalter prägten diese Erholungsoase bis in unsere Zeit. Zuletzt musste zwischen 1949 und 1959 der gesamte Tiergarten nach schweren Zerstörungen von Krieg und Nachkriegszeit (Blockade) wieder aufgeforstet werden. Heute stammen nur noch 560 Bäume aus der Zeit vor 1945.


Laternen, Skulpturen, Baudenkmale

Inzwischen ist das weitläufige Areal mit seinen vielen, von kleinen Wasserläufen durchzogenen Rasenflächen, den Seen mit lauschigen Inseln, romantischen Brücken und schnurgeraden Alleen eine "grüne Attraktion" der Bundeshauptstadt. Sehenswert sind auch Englischer- und Rosengarten, der Goldfischteich sowie Luisen- und Rosseauinsel. So findet der Besucher im 1952 übergebenen Englischen Garten eine von Königin Elisabeth II. gespendete Eiche aus dem Park von Schloss Windsor.

Unweit der S-Bahnstation Tiergarten kommen Liebhaber historischer Beleuchtung auf ihre Kosten. Das "Gaslaternenmuseum" ist eine Freilichtausstellung historischer Laternentypen aus verschiedenen europäischen Städten. Besonders in den Abendstunden wird hier der Besuch zu einem romantischen Lichterlebnis.

Von den seit 1849 im Großen Tiergarten aufgestellten "patriotischen Denkmälern ist heute nur ein kleiner Teil geblieben. Die im Kreuzberger Lapidarium seit Jahrzehnten fast vergessene Sammlung wilhelminischer Denkmalskultur wird voraussichtlich ab 2012 in der Zitadelle Spandau zu sehen sein. Dort werden die "allejorischen Fijuren" und Büsten Bestandteil der Dauerausstellung "Enthüllt. Berlin und seine Denkmäler" sein.

Am Großen Stern sind das Nationaldenkmal Otto von Bismarcks und das des preußischen Kriegsministers von Roon zwei markante Beispiele einer inzwischen historischen Geschichtsauffassung. Zweifellos stellt an diesem Ort die 1873 errichtete Siegessäule mit der "Viktoria" von Friedrich Drake die größte Sehenswürdigkeit und weithin sichtbare Orientierungsmarke in der Mitte des Parks dar. In fast 60 Metern Höhe können kletterfreudige Besucher ein eindrucksvolles Panorama des alten und neuen Berlin genießen.

Am Rande des Parks finden wir das klassizistische Schloss Bellevue (Sitz des Bundespräsidenten) mit dem ovalen Neubau des Bundespräsidialamtes. An "Tagen der offenen Tür" ist eine Besichtigung sehr zu empfehlen.

Nicht weit davon grüßt die 1957 im Rahmen der Interbau errichtete Kongresshalle (heute "Haus der Kulturen der Welt"), sicher das originellste und ästhetisch schönste Bauwerk des Hansaviertels. Gleich nebenan erhebt sich das anlässlich der 750-Jahr-Feier Berlins errichtete Carillon, das mit seinen 68 Glocken immerhin als viertgrößtes Glockenspiel weltweit gilt. Zu bestimmten Zeiten werden hier unverwechselbare Konzerte gegeben.

Nachdem Rückbau der Entlastungsstraße, der erst durch den Tunnel der Nord-Süd-Achse möglich wurde, kann an dieser Stelle der Tiergarten wieder zusammenwachsen. Die stark vernachlässigten östlichen Teile, die einst an der Mauer endeten, sind nach alten Plänen wieder neu gestaltet worden. Andere Bereiche werden derzeit im Sinne Lennes historisch genau umgestaltet.

Was wäre ein Tiergarten ohne Tiere? Wenn heute auch nur noch der Name an ein früheres Jagdrevier erinnert, wird Berlins zentrales Gartendenkmal von vielen Singvögeln, darunter Nachtigallen, bevölkert. Häufig kreisen über den Wipfeln Bussarde und Graureiher, die sich seit einiger Zeit hier angesiedelt haben. Während auf den Gewässern Enten und Schwäne sich tummeln, ist der Park auch ein beliebtes Biotop für Kaninchen, Füchse, Eichhörnchen und Wiesel.

Natürlich gibt es für Erholungssuchende nicht nur Parkbänke und Liegewiesen. So sind seit über einhundert Jahren im südwestlichen Teil des Tiergartens das Cafe am Neuen See und der benachbarte Bootsverleih gern besuchte Treffpunkte.


Die Natur kehrt zurück

Besonders an den Wochenenden ist das Cafe im Englischen Garten mit seinen traditionellen Jazzkonzerten Treffpunkt einer eingeschworenen Fangemeinde. Weitere Sehenswürdigkeiten am Rande des Großen Tiergartens sind das Hansa- (am S-Bhf. Tiergarten) und das Diplomatenviertel (zwischen Tiergartenstraße und Landwehrkanal). An der Straße des 17. Juni befindet sich seit 1945 das sowjetische Ehrenmal mit der weit sichtbaren Skulptur eines Rotarmisten, Panzern und Geschützen. Über 2.500 gefallene Soldaten haben hier ihre letzte Ruhestätte gefunden.

So findet in dem weitläufigen Areal des Großen Tiergartens eigentlich jeder die Möglichkeit, abzuschalten und sich zu entspannen oder etwas Neues kennen zu lernen. Allerdings muss auch erwähnt werden, dass es im Park Bereiche gibt, die seit Jahren an Übernutzung und Vermüllung leiden. Leider wird häufig vergessen, dass der Große Tiergarten - wie andere historische Parks in und um Berlin auch - ein wertvolles Denkmal ist, das unter besonderem Schutz steht. Das sollten einige Besucher mehr respektieren.


Verkehrsanbindungen:
S-Bahn: Bahnhöfe: Bellevue, Tiergarten, Zoologischer Garten
S-/U-Bahn: Bahnhof Potsdamer Platz
Bus 100: Haltestellen: Nordische Botschaften, Großer Stern, Schloss Bellevue, Haus der Kulturen der Welt
106: Haltestellen: Großer Stern, Nordische Botschaften
187: Haltestellen: Schloss Bellevue, Großer Stern, Nordische Botschaften
200: Haltestellen: Nordische Botschaften, Tiergartenstraße


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Quelle:
DER RABE RALF - 20. Jahrgang, Nr. 151, August/September 09, S. 20
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
Prenzlauer Allee 230, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
Redaktion DER RABE RALF:
Tel.: 030/44 33 91-47, Fax: 030/44 33 91-33
E-mail: raberalf@grueneliga.de
Internet: www.grueneliga-berlin.de/raberalf

Erscheinen: zu Beginn gerader Monate
Abonnement: 10 Euro/halbes Jahr


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. September 2009