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VERBRAUCHER/061: Boykott von Palmöl? (ROBIN WOOD magazin)


ROBIN WOOD magazin - Nr. 117/2.2013

Boykott von Palmöl?

von Ulrike Bielefeld, Oldenburg



"Was können wir selbst tun?" "Gibt es Alternativen zu Palmöl?" Oder konkreter: "Warum ruft ROBIN WOOD nicht zu einem Boykott von Palmöl auf?" Diese Fragen stellen uns die Menschen, wenn wir bei Infoständen, Vorträgen und Aktionen zum Thema Palmöl aktiv werden. Das sind tatsächlich sehr gute Fragen und sie sind nicht einfach zu beantworten.


Ein Boykott der VerbraucherInnen kann sehr erfolgreich sein und so gibt es von verschiedenen NGOs immer wieder Boykottaufrufe. Sie richten sich meist gegen die Produkte einzelner Firmen, oft gegen ein bestimmtes Produkt, um gegen konkrete Missstände in einer Firma, bei den Produktionsbedingungen, der Rohstoffgewinnung oder Inhaltsstoffe, z.B. Gentechnik, zu protestieren. Machen genug Menschen mit und wird der Boykott durch eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit begleitet, können Firmen durchaus zum Einlenken bewegt werden, denn der Imageschaden und die Einnahmerückgänge können beachtlich sein.

Grundsätzlich basiert solch ein Aufruf meistens darauf, dass für eine bestimmte Zeit bzw. bis das Ziel erreicht wird, statt Produkt X, ob Benzin oder Schokoriegel, von Firma A nun Produkt Y von Firma B gekauft wird. Eine grundlegende Veränderung der Konsumgewohnheiten ist damit für die meisten Menschen nicht verbunden - sie fahren nicht weniger Auto, sondern tanken eben woanders. Das ist die Stärke und die Schwäche dieser Aktionsform. Sie braucht ein klares Ziel und eine klare und leicht zu erfüllende Handlungsmöglichkeit für viele Menschen.

Wer sich ein wenig mit der Palmölproblematik beschäftigt, sieht jedoch schnell, dass es nicht so einfach ist, einen Palmölboykott zu organisieren. Palmöl ist überall - der allergrößte Teil der verarbeiteten Lebensmittel enthält Palmöl (meist unter den Begriffen 'pflanzliche Fette und Öle', 'pflanzliche Fette, z.T. gehärtet' oder 'ungehärtete pflanzliche Fette'). Auch viele Kosmetika enthalten Palmöl (Palmit, Palmitat, Palmitic Acid, Stearin Acid etc.). In Wasch- und Reinigungsmitteln werden Tenside auf Palmölbasis verwendet (Sodium Lauryl Sulfath etc.). Dies gilt auch für Bioprodukte und wenngleich biologisch angebautes Palmöl etwas weniger problematisch ist als konventionelles - so werden für Biopalmöl zumindest keine Waldflächen gerodet, sondern nur bereits umgewandelte Flächen verwendet - ist es weit davon entfernt, nachhaltig zu sein.

Ölpalmen gedeihen nur in den Tropen - faktisch nur in Gebieten, die natürlicherweise mit Regenwald bewachsen und meistens von Menschen besiedelt sind. Sie können kaum in Mischkultur angebaut werden und durch die Notwendigkeit, die geernteten Palmfrüchte zeitnah zu verarbeiten, ist ein Anbau in größeren Mengen nur in riesigen Monokulturen wirtschaftlich - mit allen Folgen, die Monokulturen nach sich ziehen. Keiner der Akteure im Palmölgeschäft hat daher eine saubere Weste. Wir können daher nicht empfehlen, statt palmölhaltiger Produkte der Firma X besser die der Firma Y zu kaufen.

Was bleibt ist zum einen das Überdenken der Alternativen und der eigenen Konsumgewohnheiten. Wer Palmöl weitestgehend von seinem Einkaufszettel streichen will, verzichtet auf Fertig- und Halbfertigprodukte, kauft mehr frische Lebensmittel, wird vermutlich auch darauf achten, dass die gekauften Produkte eher regional und/oder biologisch angebaut wurden und konsumiert vermutlich insgesamt weniger Fett. Gleichzeitig kann eine bewusste und langfristige Veränderung von Konsumgewohnheiten durchaus eine Wirkung erzielen, wenn z.B. gezielt nach palmölfreien Produkten gefragt wird und die Problematik der Palmölproduktion immer wieder im Alltag thematisiert wird. Ein Beispiel dafür wäre das inzwischen breite Angebot ausgewiesen vegetarischer oder veganer Produkte - eine Veränderung, die auch auf langjähriger Nachfrage und Kritik basiert. Einzelne Erfolge der Palmölkritik zeichnen sich zudem ab: Einige Hersteller von Ökowaschmitteln stellen ihre Produkte auf Kokostenside um, in einigen Lebensmitteln wird Palmöl gerade (wieder) durch andere, einheimische Öle und Fette ersetzt.

Vor wenigen Jahrzehnten noch wurde Palmöl in Europa kaum verwendet

Vor wenigen Jahrzehnten noch wurde Palmöl in Europa kaum verwendet - in den letzten Jahrzehnten hat die Produktion drastisch zugenommen und mittlerweile ist Palmöl in Europa eines der am häufigsten verwendeten Lebensmittelfette. Das liegt zum einen an dem gestiegenen Konsum von Fertigprodukten. Zum anderen werden einheimische, pflanzliche und tierische Fette zunehmend durch Palmöl ersetzt, da dieses erheblich billiger ist und einige günstige Eigenschaften aufweist. Palmöl ist auch ohne Härten bei Raumtemperatur fest und wird daher vor allem bei Biomargarine eingesetzt. Die 'ersetzten' Fette werden entweder seltener produziert oder für die hoch subventionierte Produktion von Biomasse und Biosprit verwendet.

Was für Alternativen gibt es?

Als Alternative zu Palmöl könnte in begrenzten Mengen Kokosfett eingesetzt werden. Kokospalmen wachsen auch in subtropischen Gebieten (also außerhalb der Regenwaldgebiete), sie lassen sich besser in Mischkultur z.B. mit Lebensmitteln anbauen und eignen sich besser für den Anbau durch Kleinbauern, da die Kokosnüsse länger haltbar sind als die Palmfrüchte, also besser zur Weiterverarbeitung transportiert werden können. Je mehr Kokospalmen jedoch angebaut werden, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es auch hier zu den von Palmöl bekannten Problemen kommt. Ein einfacher Ersatz von Palmöl durch Kokosfett ist also keine Alternative. Grundsätzlich sind einheimische pflanzliche Fette und Öle gegenüber tierischen Fetten vorzuziehen. Tierische Fette sind aufgrund der ethischen, Umwelt- und Menschenrechtsproblematik der Tier(futter)produktion nicht empfehlenswert. Auch wenn der großflächige Anbau von Ölsaaten, wie Raps, Sonnenblumen, Leinsaat, in Deutschland Probleme verursacht, ist es aber doch einfacher und der richtige Weg, auf den nachhaltigen Anbau von Ölsaaten vor unserer Haustür zu achten, als das Problem in Länder auszulagern, die weder Menschenrechte noch Umwelt- und Naturschutz achten.


Weitere Informationen:

Palmölfreie Lebensmittel und Reinigungsmittel:
www.umweltblick.de/ernaehrung/produkte-ohne-palmoel


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:

- November 2012: Die TeilnehmerInnen eines EU-Workshops von ROBIN WOOD zum Thema Palmöl sollen in den Regalen Berliner Supermärkte Produkte ohne Palmöl aufspüren - keine leichte Aufgabe!

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Quelle:
ROBIN WOOD-Magazin Nr. 117/2.2013, S. 22-23
Zeitschrift für Umweltschutz und Ökologie
Verlag: ROBIN WOOD-Magazin
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Mai 2013