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WALD/137: Waldsterben 2016 - Der Bock als Gärtner (ROBIN WOOD magazin)


ROBIN WOOD magazin - Nr. 133/2.2017

Waldsterben 2016
Der Bock als Gärtner

von Rudolf Fenner


Christian Schmidt - das ist wohl nur noch bis zur Bundestagswahl im September der für Land- und Waldwirtschaft zuständige Bundesminister. Er spricht nicht gerne über den Wald. Das ist nicht sein Revier. Und wenn er doch was über dieses immerhin nicht ganz unwesentliche Drittel Deutschlands sagen muss, dann lässt er nur positiv Klingendes dazu verlauten: "Der Wald ist heute ein im Kern gesundes Ökosystem". Das hat er zu Beginn seiner Amtszeit der "Welt am Sonntag" erzählt und betont, dass dies eine bemerkenswerte Entwicklung sei, wenn man sich an das Waldsterben in den 80er-Jahren erinnere.

Doch die von seinem Ministerium seit über dreißig Jahren erhobenen Daten belegen das genaue Gegenteil: Dem Wald geht es seit langem deutlich schlechter als in den Achtzigern, dem Jahrzehnt, in dem das Sterben in den Wäldern überdeutlich wurde (siehe die "Fieberkurve des Waldes").

Auch im vergangenen Jahr war seine wichtigste Botschaft über den Zustand der Wälder, dass es der Buche besser gehe. Dabei geht es unter allen Waldbäumen gerade der Buche besonders schlecht. Seit über einem Jahrzehnt liegt der Anteil der gesund erscheinenden Buchen durchgängig unter 25 Prozent. im vergangenen Jahr rutschte dieser Anteil sogar auf nur 12 Prozent. Schlechter ging es der Buche noch nie! Da kann man doch wirklich gespannt sein, was Herr Schmidt wohl diesmal vermeiden wird. Jedoch:

Der Minister schweigt
Sein Ministerium hat zwar Ende März heimlich, still und leise - und reichlich spät - den alljährlich fälligen und seit Februar fertiggestellten Waldschadensbericht auf seine Homepage gestellt. Eine Pressekonferenz dazu hat sich der Minister allerdings gespart. Die miserable Situation in den Wäldern verharmlosen - das haben auch schon viele seiner Vorgänger_innen immer wieder versucht. Doch überhaupt nicht darüber reden - das ist neu.

Es fällt einem Landwirtschaftsminister verständlicherweise schwer, über den angeschlagenen Gesundheitszustand der Wälder reden zu müssen. Denn eine der Hauptursachen dafür stammt direkt aus dem eigenen Ressort. Es sind die Emissionen von Ammoniak, der Stickstoffverbindung, die fast ausschließlich aus der landwirtschaftlichen Tierproduktion stammt. Anders ausgedrückt: Es ist das Ammoniak, das aus der Gülle, den Stallungen und den Ackerböden gen Himmel stinkt.

An der Gesamtmenge der Stickstoffverbindungen unter den Wald belastenden Luftschadstoffen haben diese Ammoniak-Emissionen den weitaus größten Anteil: rund 65 Prozent. Das restliche Drittel sind im Wesentlichen Stickoxide, die zu etwa gleichen Teilen aus dem Straßenverkehr und aus den Verbrennungskraftwerken stammen.

Stickstoff-Emissionen in Deutschland
41,8 % Landwirtschaftliche Böden: vor allem Festmist und Gülle
22,6 % Düngermanagement
31,3 % Energieerzeugung (davon Verkehr 15,1 % sowie Kraftwerke und Feuerungsanlagen: 16,2 %
4,2 % Industrieprozesse und Müll

[Berechnet aus den summierten Emissionen von N-NH3 (Ammoniak) und N-NOx (Stickoxide); nach Angaben des UBA für das Jahr 2015]


Doch während die Stickoxid-Emissionen seit Jahrzehnten zurückgehen, wenn auch in den letzten Jahren nur noch sehr geringfügig, hat sich bei den Ammoniak-Emissionen so gut wie nichts getan - außer in den letzten Jahren: Seit 2013 nehmen sie sogar wieder zu und machen die kleinen Erfolge im Verkehrs- und Energiebereich zunichte. Auch dazu hätte man gern eine Erklärung des Ministers gehört.

Vielleicht schafft es ja die künftige Regierung nach der Bundestagswahl im September, endlich den Bock in der Landwirtschaft nicht wieder zum Gärtner im Wald zu machen.



Rudolf Fenner, Waldexperte ROBIN WOOD, Hamburg


Grafiken aus der Originalpublikation wurden im Schattenblick nicht veröffentlicht.

- Gesamtschädigung der Buchen
Schlechter ging es der Buche noch nie: Seit über einem Jahrzehnt liegt der Anteil der gesund erscheinenden Buchen durchgängig unter 25 Prozent Im vergangenen Jahr rutschte dieser Anteil sogar auf nur 72 Prozent.

- Die Fieberkurve des Waldes
Grafik: Geschädigte Bäume in Deutschland (1983 - 2016)

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Quelle:
ROBIN WOOD-Magazin Nr. 133/2.2017, Seite 28 - 29
Zeitschrift für Umweltschutz und Ökologie
Verlag:
Bremer Straße 3, 21073 Hamburg (Harburg)
Tel.: 040/380 892-16, Fax: 040/380 892-14
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Juni 2017

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