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WALD/213: Naturnahe Wälder trotzen Hitze und Trockenheit (LBV)


Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V. (LBV) - Verband für Arten- und Biotopschutz

Naturnahe Wälder trotzen Hitze und Trockenheit

LBV: keine Intensivierung der Holznutzung - Wälder schonend bewirtschaften und geschlossen halten


Hilpoltstein, 20.09.22 - Der Regen der vergangen Tage täuscht nicht darüber hinweg, dass der zurückliegende Sommer einer der trockensten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen war. Unter der Hitze und dem Wassermangel leiden die Wälder bereits seit mehreren Trockenjahren. "In Bayern sind überall Bäume zu finden, die kaum noch Laub tragen. Statt der prächtigen Herbstfärbung im Oktober sind bereits jetzt im Spätsommer ganze Baumgruppen und Waldbestände braun", sagt der LBV-Waldreferent Dr. Christian Stierstorfer. Der bayerische Naturschutzverband LBV spricht sich angesichts der Klimakrise gegen eine intensivere Holznutzung und für den Erhalt geschlossener Waldbestände aus. Verschiedene Baumarten reagieren unterschiedlich auf Trockenheit. "Die vorzeitige Braunfärbung des Laubes muss nicht unbedingt den Tod eines Baumes bedeuten: Eichen reagieren auf extreme Trockenheit mit vorzeitigem Laubabwurf, treiben aber im kommenden Frühjahr wieder aus. Schäden an den Baumkronen der Buche sind allerdings erst nach vielen Jahren - wenn überhaupt - wieder geheilt", sagt Christian Stierstorfer. "Färben sich die Nadeln der Kiefer vollständig braun, ist das jedoch ein Zeichen für das Absterben des Baums. Dasselbe gilt für Fichten, die dann meist vom Borkenkäfer befallen sind", so der LBV-Waldreferent weiter.


Verfärbte, abgestorbene Bäume - Foto: © Christian Stierstorfer

Trockenschäden - Wald bei Regensburg
Foto: © Christian Stierstorfer

Der LBV rät zu einem differenzierten Blick auf die Situation: Bilder von kahlen Fichtenbeständen, verursacht durch den Borkenkäfer, oder brennenden Kiefernwäldern zeigen zumeist das abrupte Ende von künstlichen Forsten, nicht aber das Sterben des Waldes. "Viele naturnahe, dicht geschlossene Laubwälder hingegen zeigen eine erstaunliche Widerstandskraft gegen die extreme Witterung. Dennoch ist auch die Buche - die Mutter des Waldes - vielfach betroffen: Insbesondere freistehende, alte Exemplare haben enorme Schäden in den Kronen, in denen viele Äste absterben", erklärt Christian Stierstorfer.


Silhouette eines vertrockneten Baums - Foto: © Christian Stierstorfer

Trockenschaden - Buche bei Regensburg
Foto: © Christian Stierstorfer

Angesichts der aktuellen Diskussionen zur Waldbrandgefahr durch abgestorbenes Holz spricht sich der LBV bewusst für Totholz aus. "Totholz ist besonders bei extremer Trockenheit von immenser Bedeutung, weil sich in dicken Ästen und Stämmen am Boden die Feuchtigkeit besonders lang hält. Das feuchte Mikroklima am Waldboden vermindert vielfach sogar die Gefahr von Waldbränden", sagt der LBV-Waldreferent. Gerade in Trockenphasen finden unzählige Amphibien und Weichtiere an solchen Stellen überlebenswichtige Rückzugsorte. Der bayerische Naturschutzverband fordert deshalb, dass bei der Holznutzung darauf geachtet wird, den Bestand möglichst geschlossen zu halten und so das kühle und feuchte Waldinnenklima zu erhalten. Auch Entwässerungsgräben im Wald sind kritisch: sie sollten möglichst nicht mehr instandgesetzt oder gar neu angelegt werden.


Foto: © Christian Stierstorfer

Molch in Baumstubben
Foto: © Christian Stierstorfer

LBV betont die Bedeutung von Naturwäldern

"Mit jedem weiteren Trockenjahr bewegen wir uns mehr und mehr auf wissenschaftliches Neuland. Niemand kann ernsthaft Patentrezepte für die Waldwirtschaft in den nächsten Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten präsentieren. Umso wichtiger ist es, der Natur eine Chance zur Reaktion auf den Klimawandel zu geben. Und diese hat sie nur in Naturwäldern. Naturnahe, unbewirtschaftete Wälder sind für den Artenschutz dringend notwendig, aber ebenso unverzichtbare Lernorte für die Zukunft", betont Christian Stierstorfer. Der LBV kritisiert deshalb Bestrebungen zu einer deutlich intensiveren Holznutzung und bekennt sich ausdrücklich zu Wäldern mit natürlicher Entwicklung als integrativer Bestanteil einer nachhaltigen, naturnahen Forstwirtschaft. Aus Sicht des LBV muss das Prinzip der Ressourcenschonung auch und gerade für den Rohstoff Holz gelten. Holz wächst zwar nach, ist aber nicht grenzenlos verfügbar.

Über den LBV
1909 gegründet ist der LBV der älteste Naturschutzverband in Bayern und zählt aktuell über 110.000 Unterstützerinnen und Unterstützer. Der LBV setzt sich durch fachlich fundierte Natur- und Artenschutzprojekte sowie Umweltbildungsmaßnahmen für den Erhalt einer vielfältigen Natur und Vogelwelt im Freistaat ein.

Mehr Infos: www.lbv.de/ueber-uns

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Quelle:
Presseinformation 98/22, 20.09.2022
Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V.
Eisvogelweg 1, 91161 Hilpoltstein
Tel.: 09174/4775-30, Fax: 09174/4775-75
E-Mail: info@lbv.de
Internet: www.lbv.de

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 21. September 2022

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