Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INDUSTRIE

ENERGIE/1332: Grid-Parity - Bund der Energieverbraucher gegen Absenkung der Einspeisevergütung (SFV)


Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. (SFV) - sfv-rundmail - 16.10.2009

1. Bund der Energieverbraucher (BdE) warnt vor Absenkung der Einspeisevergütung

2. "Grid-Parity" - Ein irreführender Begriff


1. Bund der Energieverbraucher (BdE) warnt vor Absenkung der Einspeisevergütung

Diejenigen, die sich nun wirklich im Interesse der Stromkunden einsetzen, deren selbstgewählte Aufgabe der Schutz von Strom- und Gaskunden vor überhöhten Preisen ist, nämlich die Experten im Bund der Energieverbraucher, warnen vor stärkerer Absenkung der Einspeisevergütung. Sie fordern sogar für kleine Solarstromanlagen eine Aussetzung der jährlichen Degression (Vergütungsabsenkung). Originalton BdE: "Wird die Vergütung schneller abgesenkt, als die Kosten sinken, dann erreicht man statt der beabsichtigten Marktausweitung das Gegenteil: Der Markt bricht zusammen. Eine zu schnelle Absenkung der Vergütung gefährdet also das Ziel der gesamten bisherigen Vergütungszahlungen. (...) Verbraucher sind langfristig die finanziellen Nutznießer einer regenerativen Stromerzeugung. Denn während die Kosten der fossilen und nuklearen Stromerzeugung ständig und vorhersehbar steigen, sinken die Herstellungskosten von regenerativ erzeugtem Strom Jahr für Jahr. In wenigen Jahren schneiden sich die Kostenkurven, und die regenerative Stromerzeugung ist dann kostengünstiger: Zum Vorteil der Verbraucher." Energieverbraucher warnen vor Absenkung der PV-Vergütungen. Der Bund der Energieverbraucher folgt damit einer 20-jährigen Tradition. Bereits bei der öffentlichen Anhörung zur Einführung des Stromeinspeisungsgesetzes, das erstmals den Preis für die Lieferung von Solarstrom auf die Stromverbraucher umlegte, äußerte sich der Bund der Energieverbraucher entgegen den Erwartungen der Ministerialbürokratie nicht gegen sondern für diese zusätzliche Ausgabe: "Wir können sehr wohl zwischen sinnvollen und unsinnigen Ausgaben unterscheiden!"
http://www.sfv.de/artikel/medienfeldzug_gegen_die_solarenergie.htm#toc07


2. "Grid-Parity" - Ein irreführender Begriff

Vielfach hört man die Meinung, die sogenannte "Grid-Parity" des Solarstroms sei bald erreicht, nämlich dann, wenn die rasch sinkende Einspeisevergütung mit dem Preis übereinstimmt, den der private Endkunde für Strom aus der Steckdose bezahlen muss. Solarstrom und "Steckdosenstrom" seien dann gleich teuer. Von diesem Zeitpunkt an seien die Solarstromeinspeiser nicht mehr auf die Unterstützung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz angewiesen. Doch hier liegen einige Irrtümer vor:

Zunächst einmal - aber das ist nur einer von vielen Gründen - ist bei dem hohen Tempo, mit dem derzeit die Einspeisevergütung abgesenkt wird, zu befürchten, dass zur Zeit die Einspeisevergütung für Solarstrom nicht mehr nachhaltig die tatsächlichen Kosten der gesamten Produktionskette vom Solarsilizium bis zur Solarstromerzeugung deckt. Unverhältnismäßig viele Firmenzusammenbrüche in der Solarindustrie deuten darauf hin. Dazu ausführlicher unser früherer Beitrag: Markteinführung der PV durch Senkung der Einspeisevergütung?
http://www.sfv.de/artikel/markteinfuehrung_der_photovoltaik_durch_senkung_der_einspeiseverguetung.htm

Aber selbst wenn die Einspeisevergütung korrekt den Solarstromkosten entsprechen und mit den Kosten des Steckdosenstroms übereinstimmen würde, ist ein echte "Grid-Parity" noch keinesfalls erreicht.

Betriebswirtschaftlich sauber gerechnet wäre die Grid-Parity erst dann, wenn der Solarstrom den Steckdosenstrom jederzeit ersetzen könnte. Das ist jedoch nicht der Fall: Mögen sie auch gleich teuer sein; Strom aus der Steckdose steht IMMER zur Verfügung, wenn man ihn braucht. PV-Strom hingegen steht nur zur Verfügung, wenn die Sonne scheint. Welche Vorteile uns der Anschluss an das öffentliche Netz bietet, merkt ein Solaranlagenbetreiber erst richtig, wenn er sich - nur theoretisch -einmal vor Augen führt, was er tun und bezahlen müsste, wenn er sich vom öffentlichen Netz abkoppeln und nur mit dem eigenen Solarstrom versorgen will. Zunächst einmal müsste er zusätzlich einen Batteriespeicher installieren. Daraus ergibt sich, er müsste auf den PV-Strompreis noch den Preis für die Solarstromspeicherung in der Batterie aufschlagen (Kosten der Batterie umgelegt auf die im Lauf ihrer Lebensdauer gespeicherte Strommenge und zusätzliche Berücksichtigung der Speicherverluste). Die Batterie müsste sehr groß gewählt werden, damit sie den Überschuss des Sommerhalbjahres für das Winterhalbjahr speichern könnte. Für sonnenarme Jahre müsste der Solaranlagenbetreiber dann gedanklich noch die Kosten eines Notstromaggregats hinzurechnen. Und für sonnenreiche Jahre müsste er die nicht genutzten Kilowattstunden als Verlust buchen. Daraus ergibt sich, dass der Solarstrompreis nicht mit dem Steckdosenstrompreis verglichen werden darf.

Solaranlagenbetreiber, die sich den zusätzlichen Aufwand eines Batteriespeichers nicht leisten wollen, müssen ihren Strombedarf des nachts oder bei trübem Wetter also weiterhin aus dem öffentlichen Netz decken. Dazu brauchen sie zwar kein EEG. Da sie aber den Solarstrom nicht durchgängig genau in der Leistung nutzen können, wie der Sonnenschein ihn gerade anbietet, bekommen sie Probleme, wenn sie den nicht genutzten Solarstrom, z.B. in der Mittagspause und in den Sommerferien, ins Netz einspeisen wollen. Aus kartellrechtlichen Gründen kann ihnen der Netzbetreiber die Einspeisung nicht verwehren. Aber gäbe es das EEG nicht, so würde der Netzbetreiber für Solarstromeinspeisung keinesfalls den "Steckdosenstrompreis" bezahlen, sondern den Großhandelseinkaufspreis für konventionellen Strom. Diese Konsequenz müsste eigentlich jeden PV-Freund davon abhalten, auf die Unterstützung nach dem EEG zu verzichten. Selbst wenn die Einspeisevergütung nach EEG irgendwann geringer sein wird, z.B. 18 ct/kWh, so ist sie immer noch höher als der durchschnittliche Stromeinkaufspreis im Stromgroßhandel. Nicht nur die Anschlusspflicht und die Abnahmepflicht, sondern auch die Vergütungspflicht des EEG ist für den Solaranlagenbetreiber unverzichtbar.

Soweit die betriebswirtschaftliche Beurteilung aus Sicht eines Solaranlagenbetreibers.

Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist die Einführung des Begriffs der Grid-Parity in die öffentliche Diskussion ein strategischer Rückschritt. Das Kriterium der Grid-Parity ist nicht geeignet, den Wert des Photovoltaikstroms sinnvoll zu beschreiben, denn es isoliert die Betrachtung des ganzen Spektrums der Erneuerbaren Energien auf einzelne ihrer Sparten. Solarenergie alleine wird mit dem konventionellen Strommix verglichen, Windenergie alleine mit dem konventionellen Strommix usw. Die Stärke der Erneuerbaren Energien, dass sie sich gegenseitig ergänzen und durch ein intelligentes Netz im regionalen Bereich dorthin verteilt werden, wo sie am dringendsten gebraucht werden, wird hier vollkommen ausgeblendet.

Die Vertreter der Erneuerbaren Energien sollten in der Diskussion energisch darauf aufmerksam machen, dass die Verwendung des Begriffs der Grid-Parity die Diskussion zu ihrem Nachteil auf eine eindimensionale Betrachtung der Erneuerbaren Energien verengt. Die Erneuerbaren Energien im Mix sind mehr wert als die Summe ihrer einzelnen Sparten.


*


Quelle:
SFV-Rundmail vom 16.10.2009
Herausgeber:
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. (SFV)
Frère Roger Straße 8-10, 52062 Aachen
Tel.: 0241/51 16 16, Fax: 0241/53 57 86
E-Mail: zentrale@sfv.de
Internet: http://www.sfv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Oktober 2009