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ENERGIE/1340: Erneuerbare Energien könnten Perspektive werden für die Wirtschaft im Osten (idw)


Technische Universität Berlin - 16.11.2009

TUB: Nicht nur Stellfläche für Windräder

Erneuerbare Energien könnten eine Perspektive werden für die noch immer lahmende Wirtschaft im Osten / Einladung zum Workshop "Gestaltung des Umbruchs - neue Energie im Osten"


Als 2001 drei TU-Absolventen in der Nähe von Wolfen begannen, die Solarfirma Q-Cells aufzubauen, waren da viel weites Land und eine ruinierte Filmfabrik mit ehemals 20.000 Arbeitsplätzen. Doch nun, nach acht Jahren, ist dort ein Zentrum für Solarindustrie und Solarforschung entstanden.

Wirtschaft, Wissenschaft und Politik haben sich zusammengetan und sind seit dem Auszug der drei Westler in den Osten dabei, das "Solarvalley Mitteldeutschland" aufzubauen. Es erstreckt sich über Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Circa 26 Unternehmen, zwölf Forschungseinrichtungen, fünf Universitäten und mehrere Hochschulen sind beteiligt. Aber auch in Mecklenburg-Vorpommern mit der Solon AG oder in Brandenburg mit First Solar gibt es starke Standorte der Solarindustrie. "Die Entwicklung und Produktion von Solaranlagen ist in Ostdeutschland zu einem Wirtschaftsschwerpunkt geworden", sagt Benjamin Nölting, Leiter des an der TU Berlin angesiedelten "Innovationsverbundes Ostdeutschland".

Mit dem Thema erneuerbare Energien beschäftigt sich auch der 5. Workshop Ostdeutschlandforschung "Gestaltung des Umbruchs - neue Energie im Osten. Ansätze eines zukunftsfähigen sozial-ökologischen Entwicklungspfades".

Benjamin Nölting hat untersucht, inwiefern erneuerbare Energien zu einer Schwerpunktindustrie in Ostdeutschland werden könnten. Er tat es sowohl hinsichtlich der Entwicklung und Produktion von Anlagen als auch hinsichtlich ihrer Nutzung als Energielieferant. Und Nölting hat Gutes zu berichten: Ostdeutschland könne einen Erfolg versprechenden Weg einschlagen, wenn es sich als eine Leitregion für erneuerbare Energien profilieren würde.

Auf der Haben-Seite für seine Prognose verbucht Nölting, dass 21 Prozent des gesamten Stroms der 2005 in Deutschland aus erneuerbaren Energien gewonnen wurde, aus Ostdeutschland kam. 2006 führten die drei ostdeutschen Länder Mecklenburg-Vorpommern (34 Prozent), Thüringen (24 Prozent) und Sachsen-Anhalt (23 Prozent) die Rangliste der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien an. Die wichtigsten erneuerbaren Energieträger sind zwischen Oder und Elbe Windkraft (37 Prozent), feste Biomasse (35 Prozent) und Biogas (20 Prozent). In Mecklenburg-Vorpommern befindet sich eine der größten Biogasanlagen und in Sachsen bei Leipzig der größte Solarpark der Welt.

Problematisch sei allerdings, sagt der Politologe, dass die wachsende Nutzung in einem eklatanten Missverhältnis stehe zu den geschaffenen Arbeitsplätzen sowie zur Wertschöpfung für die Regionen und nennt ein Beispiel: "Würde man den Anteil der Arbeitsplätze der gesamten Windenergiebranche auf den Anteil der in der Prignitz installierten Windenergiekapazität umrechnen, dann müsste es in dem brandenburgischen Landkreis mehr als 1000 Stellen in diesem Wirtschaftssektor geben. Dem ist aber bei Weitem nicht so." Dass die ostdeutschen Regionen von Windparks oder riesigen Biogasanlagen wirtschaftlich zu wenig profitierten, liege daran, erklärt Nölting, dass die gesamte Wertschöpfungskette - Projektierung, Finanzierung, Produktion, Montage, Wartung und Reparatur - nicht von Firmen im Osten vorgenommen werde. Wenn Ostdeutschland tatsächlich zur Leitregion werden wolle, so Nölting, dann müsse der Osten mehr werden als nur Stellfläche für Windräder, sondern der Ort, wo sie "politisch, ökonomisch und sozial auch verankert werden". Dass es möglich ist, die erneuerbaren Energien in die regionale Wirtschaft zu integrieren, zeigt die Solarindustrie und das bereits genannte Beispiel "Solarvalley Mitteldeutschland", wo Solaranlagen eben nicht nur aufgebaut werden, sondern der gesamt Zyklus von der Forschung über die Entwicklung bis zur Produktion stattfindet. Laut Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung kommen immerhin 80 Prozent der deutschen und etwa 18 Prozent der weltweit produzierten Solarzellen aus Firmen in Ostdeutschland und bis 2012 werden 15.000 neue Arbeitsplätze in der ostdeutschen Photovoltaik- Branche erwartet. Im Jahr 2008 waren es 14.000 Beschäftige einschließlich der Zulieferindustrie. An dieser Erfolgsstory ist Q-Cells nicht unbeteiligt. Benjamin Nölting hat die Geschichte der TU- Gründer aufgeschrieben für den Sammelband "Zukunft erfinden. Kreative Projekte in Ostdeutschland", der jetzt im zwanzigsten Jahr des Mauerfalls erschienen ist.

Jüngstes Beispiel für die Förderung der Solarindustrie im Osten ist das Kompetenzzentrum Dünnschicht- und Nanotechnologie für Photovoltaik Berlin (PVcomB) von TU Berlin und Helmholtz-Zentrum. Im Rahmen des Programms "Spitzenforschung und Innovation in den neuen Ländern" steckt das Bundesministerium für Bildung und Forschung 14 Millionen Euro in dieses Projekt.

Christoph Links, Kristina Volke (Hg.): Zukunft erfinden. Kreative Projekte in Ostdeutschland, Ch.LinksVerlag 2009, 16,90 Euro

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Technische Universität Berlin, Dr. Kristina R. Zerges, 16.11.2009
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. November 2009