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HOLZ/267: Freibrief für indonesisches Tropenholz (ROBIN WOOD magazin)


ROBIN WOOD magazin - Nr. 130/3.2016

Freibrief für indonesisches Tropenholz
ROBIN WOOD warnt VerbraucherInnen vor "legalen" Tropenholzprodukten

von Sven Selbert


Ausgerechnet die EU könnte dem Handel mit Tropenholzprodukten als wichtiger Türöffner dienen, und zwar weil sie ein Freihandelsabkommen mit Indonesien anstrebt. Neben dem offiziellen Start der Verhandlungen zu CEPA (Comprehensive Economic Partnership Agreement) wurde im April 2016 bei einem Treffen des indonesischen Präsidenten Widodo mit EU-Kommisionspräsident Juncker bestätigt, dass Indonesien alle Bedingungen des EU-Aktionsplans FLEGT (Forest Law Enforcement Governance and Trade) gegen illegalen Holzeinschlag erfüllt. Im August treten somit die Lizenzen des freiwilligen Partnerschaftshandelsabkommens (FLEGT-VPA) in Kraft. Es brauchte jahrelange engagierte Aufklärungs- und Kampagnenarbeit von ROBIN WOOD und anderen Umweltverbänden, um den Kauf von Tropenholz für weite Teile der Gesellschaft unattraktiv zu machen. Spätestens zum Weihnachtsgeschäft 2016 wird nun indonesisches VPA-Tropenholz verstärkt in den europäischen Markt drängen und deutschen VerbraucherInnen ein Wiedersehen mit Mahagoni und Teak bescheren.

Nachdem Indonesien ein "Legalitätssicherungssystem" gemäß der FLEGT-Bedingungen etablierte, wurde der Import dieses Holzes von der EU bereits ab 2014 im kleinen Rahmen akzeptiert. Indonesien schuf hierfür das "V-Indonesian Legal Wood"-Siegel. Die Überprüfung und Befragung einiger Gartenmöbelhändler durch ROBIN WOOD ergaben: Das Siegel ist dabei, das Nischendasein zu verlassen. Mahagoni- und Teakprodukte wurden 2016 verstärkt mit dem neuen Zeichen beworben. Begleitet wurde dies mit der Behauptung, das Siegel würde "zum Schutz der Regenwälder beitragen". Dem widerspricht ROBIN WOOD vehement.

Eine von ROBIN WOOD an Mahagoni-Strandkörben durchgeführte Stichprobenanalyse zeigte zwar, dass es sich bei dem beworbenen Holz tatsächlich um Mahagoni aus Plantagenwirtschaft handelte. Aber Plantagen sind keine Tropenwälder, sondern biodiversitätsarme Monokulturen. Der Einsatz von Pestiziden und Dünger gehören dort zur Alltagspraxis.

ROBIN WOOD sieht außerdem die Gefahr, dass im Windschatten des legalisierten Handels mit Plantagenholz auch illegales Urwaldholz gefährdeter Arten wieder leichter auf den Markt gelangen kann. Und selbst wenn alle Zertifikate echt wären: es gibt einen gravierenden Unterschied zwischen legal und nachhaltig. Denn legal im Kontext von FLEGT ist immer das, was im Herkunftsland legal ist. Dort geschieht auch die gesamte Überprüfung der Legalität - einmal in der EU angekommen, überprüfen die staatlichen Kontrollstellen lediglich das Vorhandensein des FLEGT-VPA Dokuments.

Eine UN-Studie stellte noch im Jahr 2007 fest, dass ca. 80 Prozent des Holzeinschlags Indonesiens illegal war. Im Juni 2016 behauptete der Vertreter des indonesischen Umwelt- und Forstministeriums auf einer FLEGT-Konferenz, dass mittlerweile 98 Prozent der indonesischen Holzexporte legal zertifiziert seien. Folgt man dieser Logik, wäre das Problem des Holzraubbaus innerhalb eines Jahrzehnts komplett verschwunden.

Doch aktuelle Studien beweisen, dass Umweltverbrechen, Korruption und Landnahmekonflikte in Indonesien (Platz 88 von 164 im Korruptionsindex von Transparancy International) nach wie vor grassieren, und die Plantagenindustrie weiterhin der größte Faktor für die voranschreitende Regenwaldvernichtung ist.

Plantagenwirtschaft ist erklärtes Ziel der indonesischen Regierung

Die Ausweitung der Plantagen ist in Indonesien nicht unbedingt illegal, sondern im Gegenteil oft politisch erklärtes Ziel. Die Industrie, die den Raubbau am Tropenwald betreibt, wurde also innerhalb des letzten Jahrzehnts größtenteils legalisiert, zertifiziert - und wird jetzt belohnt mit dem Zugang zum europäischen Markt.

Dass die FLEGT-Genehmigung nur wenige Monate nach den gravierendsten illegalen Waldbrandstiftungen 2015 erfolgt, ist ein Indikator für das Ausmaß des Kuhhandels, den die EU bereit ist, für das Freihandelsabkommen CEPA auf Kosten von Umwelt, Klimaschutz und Menschenrechten einzugehen. FLEGT ist als Waldschutzpolitik gestartet, entwickelt sich aber derzeit zu einer realen Gefahr für tropische Wälder, weil die EU trotz offensichtlicher Nichteinhaltung von Grundsätzen vorgibt, mittels FLEGT Korruption zu bekämpfen und Rechtsstaatlichkeit zu fördern.

Die nächsten Anwärter für FLEGT heißen: Ghana (Platz 56 im Korruptionsindex), Liberia (83), Kamerun (130), Zentralafrikanische Republik (145) und Republik Kongo (146).

Ein zusätzliches Argument gegen grüngewaschenes Plantagen-Tropenholz kommt von ganz anderer Seite - den Ansprüchen an die Qualität. Während Mahagoni- und Teakholz aus Naturwäldern aufgrund einer hohen Dichte und vieler sekundärer Holzinhaltsstoffe eine sehr hohe Witterungsresistenz aufweist, ist dies beim schnellwüchsigen Plantagenholz nicht gegeben.

Der Holzexperte Gerald Koch vom Thünen-Institut erklärt: "Echtes Mahagoni von alten Bäumen aus Naturstandorten in den Neotropen hat eine hohe natürliche Dauerhaftigkeit und sehr gute Dimensionsstabilität. Untersuchungen der Holzeigenschaften haben deutlich gezeigt, dass die schnellwüchsigen Plantagenhölzer (Alter der geernteten Bäume zumeist unter 20 Jahre) diese Eigenschaften so nicht besitzen. Dieses junge Holz bildet auch nicht die für Mahagoni charakteristische rotbraune Farbe des Kernholzes aus". KäuferInnen eines mit dem V-Legal-Zeichen als nachhaltig und hochwertig beworbenen Teak- oder Mahagoni-Produktes erwerben für sehr viel Geld tatsächlich Holz aus legalisiertem Raubbau in minderer Plantagenholzqualität.

ROBIN WOOD warnt VerbraucherInnen daher dringend davor, zu indonesischen Tropenholzprodukten mit dem V-Legal-Zeichen zu greifen. Heimische Hölzer mit FSC-Siegel sind in punkto Ökologie und Sozialstandards die klar bessere Wahl und können auch qualitativ mithalten.



Sven Selbert, Tropenwald-Referent bei ROBIN WOOD
tropenwald@robinwood.de


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

  • Fortschritt in Gefahr: Erst jahrelanges Engagement brachte die Sensibilität für Tropenholz (ROBIN WOOD-Aktion in Köln, 1998)
  • Neues Zeichen im Siegel-Dschungel: "V-Legal" hat großes Greenwashing-Potenzial

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Quelle:
ROBIN WOOD-Magazin Nr. 130/3.2016, Seite 10-11
Zeitschrift für Umweltschutz und Ökologie
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. September 2016

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