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POLITIK/543: Fracking kommt (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 15 vom 10. April 2015
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

Fracking kommt
Kabinett gibt grünes Licht mit Auflagen

von Bernd Müller


Das Bundeskabinett hat sich auf eine gesetzliche Regelung zum Umgang mit der umstrittenen Fracking-Technologie geeinigt. Kritisiert wurde diese Entscheidung nicht nur von Umweltverbänden; auch in den Fraktionen der Regierungskoalition gibt es breiten Widerstand gegen dieses Gesetz. Allein von Wirtschaftsvertretern kam der Einwand, die neuen Auflagen für die Erdgasförderung seien völlig überzogen.

In Zukunft soll es nur noch Probebohrungen mit der umstrittenen Technologie oberhalb von 3.000 Metern geben - und das nur in Ausnahmefällen. Dabei wird ein Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien unter hohem Druck in das Gestein gepresst, um es aufzusprengen und dem eingeschlossenen Öl und Gas den Abfluss zu ermöglichen. Kritiker des Frackings weisen seit Jahren auf die Gefahren des Frackings hin: Das Grundwasser könnte verunreinigt werden; es können große Mengen des Klimagases Methan austreten; Erdbeben können ausgelöst werden; und die Endlagerung des Chemikaliencocktails ist noch ungeklärt, zumal er nach dem Hochpumpen mit Schwermetallen und radioaktiven Stoffen belastet sein kann.

Nach derzeitiger Rechtslage ist Fracking in Deutschland möglich und wird vor allem in Niedersachsen an konventionellen Lagerstätten seit Jahrzehnten angewendet. Umstritten ist die Anwendung der Fracking-Technologie bei unkonventionellen Lagerstätten wie Schiefer- oder Kohleflözgestein. Ein generelles Verbot lehnte das Bundesumweltministerium bisher ab. Vor dem Bundesverfassungsgericht könnte es keinen Bestand haben, so die Argumentation.

Das Bundeskabinett hat deshalb beschlossen, in bestimmten Gebieten Fracking komplett zu verbieten. Nach dem Wasserhaushaltsgesetz darf nicht mehr in Wasserschutz- und Heilquellenschutzgebieten gebohrt werden sowie in Einzugsgebieten von Talsperren und natürlichen Seen, die der Trinkwasserversorgung dienen. Auf Landesebene können diese Verbotszonen auf Regionen ausgedehnt werden, in denen Mineralwasser gewonnen, Wasser zum Bierbrauen gefördert oder Steinkohlenbergbau betrieben wird. Das Bundesnaturschutzgesetz soll darüber hinaus den Bau von Fracking-Anlagen in Naturschutzgebieten und Nationalparks verbieten.

Eine wirtschaftliche Nutzung der Fracking-Technologie soll allerdings dann gestattet sein, wenn die Probebohrung nachgewiesen hat, dass keine Umweltgefahren drohen, Sachverständige dies bestätigt und die Landesbehörden die Bohrung genehmigt haben. Bei diesen Probebohrungen sollen scharfe Vorgaben gelten. So darf nur Frackflüssigkeit eingesetzt werden, die nicht wassergefährdend ist. Die Ergebnisse sollen anschließend von einer Expertenkommission geprüft werden und nur wenn sie ein positives Votum abgibt und die Landesbehörden auch zustimmen, darf das Verfahren zu wirtschaftlichen Zwecken angewandt werden. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) zeigte sich skeptisch, dass dies tatsächlich geschehen werde. "Ob Fracking jemals umweltverträglich möglich sein wird, muss sich zeigen", sagte sie und bezweifelte gleichzeitig, dass Unternehmen überhaupt bereit sein werden, das Risiko von Probebohrungen zu tragen. Immerhin würden sich deren Kosten auf rund 30 Millionen Euro belaufen.

Gegen diese Ausnahmeregelungen formiert sich Widerstand innerhalb der Regierungskoalition. Der CDU-Abgeordnete Andreas Mattfeldt erklärte, dass das Gesetzesvorhaben für ihn und rund 100 weitere Abgeordnete aus der CDU nicht zustimmungsfähig sei. Vielen von ihnen gingen die Einschränkungen nicht weit genug. So verlangte Mattfeldt, dass die Zahl der Probebohrungen auf acht begrenzt werde, damit kein Flickenteppich mit flächendeckenden Bohrungen entstehe. Zudem müssten klare Regeln für den Umgang mit dem Lagerstättenwasser geschaffen werden, das beim Fracking als Abfallprodukt entstehe und mit Benzolen und Quecksilber versetzt sei.

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) sowie SPD-Politiker sehen die Einrichtung der Expertenkommission kritisch. SPD-Parlamentarier Frank Schwabe bezeichnete das geplante Gremium als "Zugeständnis an die Gasunternehmen", was es auch tatsächlich zu sein scheint. So gab Hendricks an, das Gremium sei auf Druck von Teilen der CDU und des Kanzleramts in den Entwurf aufgenommen worden. Die Kommission könne bestehende Regeln aushebeln, heißt es aus der Partei "Die Linke". So gab Hubertus Zdebel zu bedenken, dass interessante Lagerstätten in Tiefen von 1.000 bis 2.000 Metern vorkommen und diese mit Erlaubnis der Expertenkommission kommerziell ausgebeutet werden könnten. Ob die Kommission tatsächlich ihre Arbeit aufnehmen kann, wird sich in der parlamentarischen Debatte klären.

weitere Informationen unter:
www.bernd-mueller.org

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Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 47. Jahrgang, Nr. 15 vom 10. April 2015, Seite 5
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. April 2015

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