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RECHT/223: Schiedsgerichte auf dem Prüfstand (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen e.V.
EU-Koordination

EU-News - 30.01.2019

Schiedsgerichte auf dem Prüfstand


Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs Bot sieht in Investor-Staat-Schiedsgerichten (investor state dispute settlement, ISDS) im Freihandelsvertrag zwischen der EU und Kanada (CETA) kein rechtliches Problem. Am Dienstag veröffentlichte er seinen Schlussantrag zu einer Anfrage Belgiens.

Darin kam er zu dem Schluss, dass der Mechanismus zur Beilegung von Streitigkeiten das EU-Recht nicht beeinträchtige und der Gerichtshof der EU trotz der Schiedsgerichte ausschließlich für die verbindliche Auslegung des Unionsrechts zuständig bleibe. Der in CETA beinhaltete Mechanismus sehe nicht vor, dass das Schiedsgericht Maßnahmen aufheben oder ändern könne. Stattdessen sei es nur dazu befugt, Entschädigungen für Investoren anzuordnen. Außerdem sei es an die Auslegung des Gerichtshofs der EU gebunden. Der Generalanwalt sieht in dem Mechanismus, mit dem ausländische Investoren Staaten vor internationalen Schiedsgerichten verklagen können, auch keine Ungleichbehandlung, da europäische Investoren "in ihrem eigenen Wirtschaftsraum investierten" und die Lage der beiden Gruppen deshalb nicht vergleichbar sei.

Der ISDS-Mechanismus wurde in den letzten Jahren vielfach kritisiert. Vergangene Woche starteten über 150 zivilgesellschaftliche Organisationen aus ganz Europa eine Kampagne gegen Sonderklagerechte für Unternehmen. Wenn Gewinne einzelner Konzerne durch Umwelt- und andere Auflagen verringert werden, bedrohe der Mechanismus Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte, Umwelt und Verbraucherrechte, so die Kampagnenorganisationen (siehe EU-Umweltnews vom 24.01.[1]).Im Rahmen der Kampagne startete auch eine Petition gegen Extra-Konzernklagerechte [2] in Freihandelsabkommen.

Die Stellungnahme des Generalanwalts hat noch keine rechtliche Wirkung, ist aber häufig ein Hinweis darauf, wie das Urteil des Gerichts ausfallen wird. Das Urteil wird im Mai erwartet.

Am Mittwoch veröffentlichte die EU-Kommission außerdem einen Fortschrittsbericht zu den Handelsgesprächen zwischen der EU und den USA. Eine hochrangige Arbeitsgruppe unter EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström und dem US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer soll "Regulierungsfragen klären" und eine "Eskalation der Spannungen zwischen den Partien" verhindern. Bei den Gesprächen gehe es explizit nicht um eine Abschaffung oder Verringerung von Zöllen auf landwirtschaftliche Produkte. [km]


Schlussantrag des Generalanwalts (PDF)
https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2019-01/cp190006de.pdf

Pressemitteilung der EU-Kommission zu Handelsgesprächen mit den USA
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-19-784_de.htm

[1] https://www.dnr.de/eu-koordination/eu-umweltnews/2019-wirtschaft-ressourcen/schluss-mit-sonderrechten-fuer-unternehmen/
[2] https://stopisds.org/de/aktion/

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Quelle:
EU-News, 30.01.2019
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Februar 2019

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