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ARTENRAUB/164: Japanischer Zooverband wegen Delphinjagd unter Druck (OceanCare)


OceanCare - News, 11. August 2014

Delphinjagd - Meeting in Schweizer Botschaft



Der Druck auf den Japanischen Aquarien- und Zooverband JAZA wächst. Dieser ist direkt in den Handel mit Delphinen involviert, die aus den berüchtigten Delphintreibjagden in Taiji stammen. Erstmals fand ein Treffen zwischen Vertretern des Weltzooverbandes WAZA, JAZA und japanischen Tierschützern statt. Unter Vermittlung von OceanCare erklärte sich die Schweizer Botschaft in Tokio bereit, den Rahmen für dieses historische Meeting zu geben.

(von links nach rechts): Hiroyuki Sakamoto (Animal Network Japan), Sakae Hemmi (Elsa Nature Conservancy), Dr. Gerald Dick (WAZA), Lee C. Ehmke (WAZA), Yukari Sugisaka (Help Animals) und Sachiko Azuma (PEACE) vor dem historischen Treffen in der Schweizer Botschaft in Tokio.(von links nach rechts)
Foto: © Elsa Nature Conservancy

Tokio/Wädenswil, 11. August 2014. Der Verhandlungsort blieb bis zuletzt geheim. Wo es üblicherweise um Beziehungen zwischen der Schweiz und Japan geht, um Exportförderung und verlorene Reisepässe, trafen sich am Sonntag Delphinschützer und Vertreter der Zooverbände. Ein Novum für die Schweizer Botschaft in Tokio, wie auch für alle Beteiligten, die erstmals in dieser Konstellation zusammenfanden. So suchten die Delphinschützerin Sakae Hemmi als Vertreterin der japanischen Organisation Elsa Nature Conservancy, Dr. Gerald Dick, Geschäftsführer des Weltdachverbands der Aquarien und Zoos WAZA und Kazutoshi Arai, Präsident des japanischen Aquarien- und Zooverbands JAZA nach Lösungen, wie JAZA allenfalls von der berüchtigten Delphintreibjagd in Taiji Abstand nehmen könnte.

Vor dem Gebäude der Schweizer Botschaft - Foto: © Elsa Nature Conservancy

von links nach rechts): Yukari Sugisaka (Help Animals), Masato Sakano (Oceans, Dolphins, Humans), Sakae Hemmi (Elsa Nature Conservancy), Sachiko Azuma (PEACE) nach dem Treffen.
Foto: © Elsa Nature Conservancy

Historisches Treffen auf Druck der Tierschützer

Das Treffen an sich bedeutet bereits ein Zugeständnis seitens der Verbände, dass die Vorkommnisse in der Bucht von Taiji problematisch sind - ein Meilenstein im Widerstand gegen die grausamen Delphinmassaker im japanischen Fischerdorf, wo jedes Jahr Hunderte von Delphinen abgeschlachtet werden. "Die Gespräche kommen zum richtigen Zeitpunkt", sagt Sigrid Lüber, Präsidentin von OceanCare, der Schweizer Organisation zum Schutz der Meeressäuger und ihrer Lebensräume. "Denn bereits in drei Wochen wird in Taiji erneut die Delphinjagd eröffnet."

"Dass sich WAZA, JAZA und Elsa gemeinsam an einen Tisch setzen, ist bereits ein Durchbruch an sich. Es bedeutet einen ersten wichtigen Schritt auf dem Weg zur Abschaffung der Schande von Taiji", folgert Sigrid Lüber. Besonders dankbar äussert sie sich gegenüber dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA und der Schweizer Botschaft in Tokio, die für das Gipfeltreffen ihre Infrastruktur zur Verfügung gestellt hat. "Diese Plattform verleiht dem Thema als Rahmen mehr Gewicht und kann für JAZA zusätzlichen Druck bedeuten, endlich den Ehrenkodex des Weltzooverbandes anzuwenden und sich von der Delphintreibjagd zu distanzieren."

Auch andere internationale Delphinschützer fieberten den Gesprächen kritisch entgegen. Nicht zuletzt der US-amerikanische Delphinschützer Ric O'Barry, der mit OceanCare zusammenarbeitet. Als Protagonist des Films "Die Bucht" (Oscar bester Dokumentarfilm 2010) enthüllt er, wie das Wal-Museum von Taiji, ein Mitglied von JAZA, skrupellos Delphine aus Treibjagden erwirbt, während die übrigen Tiere abgeschlachtet werden. Sigrid Lüber, Ric O?Barry, Sakae Hemmi und Daniel Jost, ein Schweizer Aktivist, trafen sich bereits im März 2014 mit Gerald Dick am Hauptsitz der WAZA in Gland. Daraus resultierte nun das historische Treffen in Japan.

JAZA klammert sich an schändlichen Handel

Dass die Gespräche konstruktiv verlaufen, war nicht nur den Tierschützern wichtig, sondern auch WAZA. Denn für den Weltzooverband steht nichts weniger als die Glaubwürdigkeit als Dachverband auf dem Spiel. Mehr als zehn Jahre hat WAZA darüber hinweggeschaut, dass JAZA systematisch den internationalen Ehrenkodex verletzt. Dieser Kodex verpflichtet alle Mitglieder des Weltverbandes, auf den Handel mit Delphinen aus der Treibjagd zu verzichten. Trotzdem wurden in den letzten zehn Jahren 1125 Delphine in der Bucht vor Taiji gefangen und als "Shows-Stars" über das Wal-Museum in Taiji als internationale Drehscheibe für den Delphinhandel für horrende Summen an Delphinarien verkauft.

Nun hat WAZA reagiert. Geschäftsführer Gerald Dick, Präsident Lee Ehmke und Suzanne Gendron, stellvertretende Vorsitzende des Aquariums-Komitees von WAZA, setzten sich gestern Sonntag in Tokio gegenüber JAZA für ein zweijähriges Moratorium ein. Während dieses Zeitraums sollte auf den Fang von Delphinen verzichtet werden, um Alternativen finden zu können. "Leider liess JAZA erkennen, dass dies nicht realistisch sei und hat das Moratoriums-Konzept nicht akzeptiert", bedauert WAZA in einer öffentlichen Mitteilung.

Als Schritt hin zu einer künftigen Abschaffung der Delphintreibjagd schlug WAZA daraufhin vor, die Treibjagd und den Lebendfang völlig zu trennen. Auch darauf reagierte JAZA reserviert, signalisierte aber, dies "nochmals zu prüfen". Zudem zeigte JAZA einige Anpassungen auf, die künftig die Beteiligung von JAZA-Mitgliedern am alljährlichen Delphinfang beschränken sollten. WAZA bezeichnete dies als "positive Signale", machte aber gleichzeitig klar, dies könne nur ein Anfang sein: "Substanziellere Änderungen müssen folgen."

Drei Kurven: Zahl der getöteten und der lebend gefangenen Delphine sowie Tendenz der Lebendfänge (steigende Tendenz, Durchschnitt) - Grafik: © Elsa Nature Conservancy

Statistik über Lebendfänge und getötete Delphine 2000-2013
Grafik: © Elsa Nature Conservancy

Gemischte Gefühle

Derweil zeigen die Tierschützer rund um Elsa Nature Conservancy gemischte Gefühle. In ihren Augen sind die Gespräche weitgehend substanzlos verlaufen. "WAZA hat sich zu sehr auf die Seite von JAZA geschlagen", meint Sakae Hemmi von Elsa. "Zudem halte ich es für befremdlich, dass WAZA es erneut unterlassen hat, gegenüber JAZA als WAZA-Mitglied in aller Deutlichkeit klarzumachen, dass die Nutzung von Delphinen aus der Treibjagd von Taiji flagrant gegen den WAZA-Ehrenkodex verstösst." Zu sehr hätten sich die WAZA-Vertreter hinter vagen Formulierungen versteckt. Positiv wertet die japanische Delphinschützerin, dass es noch diesen Monat, also vor Eröffnung der Delphinjagdsaison in Taiji, zu einem weiteren Treffen zwischen Vertretern von Elsa und JAZA kommt. "Allein schon der Umstand, dass es zu diesen Gesprächen kommt, ist ermutigend. So nähern wir uns einer Lösung vielleicht doch an, wenn auch in kleinen Schritten."


Über OceanCare

Seit 1989 setzt sich OceanCare weltweit für die Meeressäuger und Ozeane ein. Mit Forschungs- und Schutzprojekten, Umweltbildungskampagnen sowie dem Einsatz in internationalen Gremien unternimmt die Organisation konkrete Schritte zur Verbesserung der Lebensbedingungen in den Weltmeeren. Bereits 1997 nimmt OceanCare Proben von vergiftetem Delphinfleisch und bringt die Resultate in der IWC ein und hat dadurch mehrere Resolutionen zum Gesundheitsrisiko des Walfleischkonsums angestossen. 2008 wird OceanCare Mitglied der Save Japan Dolphins Coalition und engagiert sich an der Seite des US-amerikanischen Delphinschützers Ric O'Barry für ein Ende der Delphintreibjagd. Dessen Engagement gipfelte im Oscar-preisgekrönten Dokumentarfilm DIE BUCHT, der die Machenschaften der japanischen Delphinjäger aufdeckt. 2009 initiiert OceanCare zusätzlich eine Allianz aus 49 Umwelt- und Verbraucherschutzverbänden sowie führenden Wissenschaftlern, um in Japan einen Verkaufsstopp des schadstoffreichen Wal- und Delphinfleischs zu erwirken. Im Juli 2011 erhielt die Organisation von den Vereinten Nationen den UN-Sonderberaterstatus zugesprochen.

www.oceancare.org/delphintreibjagd


Weiterführende Links und Informationen

Seit OceanCare mit Partnern die Vergiftung des Delphinfleischs publik macht nimmt die Zahl für den Konsum getöteter Delphine seit dem Jahr 2000 ab. Lebendfänge für Delphinarien aber nehmen zu: Siehe Grafik.

Video Appell 31. März 2014, Sakae Hemmi, Elsa Nature Conservancy:
http://vimeo.com/94629064

Video Appell 31. März 2014, Ric O'Barry, Dolphin Project:
http://vimeo.com/100409151

Video Tötungsmethode Delphin-Treibjagd Taiji:
https://www.youtube.com/watch?v=xgDkcXljh4c&list=TLWeRNh36w37A

Delpinjagd in Taiji ist weder Kultur noch Tradition:
http://www.oceancare.org/de/news/?86/delphinjagdtaijinichtjapanischekultur

Widerstand gegen Japans Delphintreibjagd:
http://www.oceancare.org/de/projekteundkampagnen/kampagnen/delphintreibjagd/

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Quelle:
News vom 11. August 2014
Herausgeber: Verein OceanCare
Oberdorfstr. 16, Postfach 372, Ch-8820 Wädenswil
Tel.: +41 (0) 44 780 66 88, Fax: +41 (0) 44 780 66 08
E-Mail: info[at]oceancare.org
Internet: www.oceancare.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. August 2014