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ASIEN/003: Indien - Dämme gegen Dürre, Frühere Soldaten kämpfen um Region Doab (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 3. August 2010

Indien: Dämme gegen Dürre - Frühere Soldaten kämpfen um Region Doab

Von Ranjit Devraj


Etawah, Uttar Pradesh, Indien, 3. August (IPS) - Die Region Doab im nordindischen Bundesstaat Uttar Pradesh galt über Jahrtausende als Kornkammer des Landes, bis das Gebiet zwischen den Flüssen Ganges und Yamuna weitgehend verödete. Unkontrollierte Abholzung und falsche Bewässerung vernichteten mehr als 14.000 Quadratkilometer fruchtbares Land. Seit etwa vier Jahren versucht eine Stiftung ehemaliger Soldaten das Land zu retten - mit Erfolg.

Der pensionierte General A.P.S. Chauhan steht in dem Dorf Salaita und blickt zufrieden über das saftige Grün ringsum. "Kaum vorstellbar, dass das vor drei Jahren noch staubige Schluchten waren", sagt er. "Das Land war so erodiert, dass sich keine Pflanzen mehr halten konnten, die das Wasser speicherten. Ohne den Halt der Wurzeln wurde auch die letzte Krume abgetragen."

Für Doab schien es keine Rettung mehr zu geben. Doch dann nahm sich die Sainik-Stiftung, eine Nichtregierungsorganisation von Soldaten im Ruhestand, des Problems an. Sie hat in Uttar Pradesh starken Rückhalt, denn die dortigen Familien stellen seit Generationen Offiziere. Die ehemaligen Militärangehörigen hatten keine leichte Aufgabe. Sie mussten mit Korruption, halsstarriger Bürokratie und großer Ignoranz in Bezug auf Umwelt, Klima und Landwirtschaft fertig werden.


Verlass auf die 'alten Kameraden'

"Auf der Habenseite standen Erfahrung, Loyalität und tatkräftige Hilfe der früheren Soldaten", sagt Chauhan. In den zwei Dörfern, um die sie sich zuerst kümmerten, leben immerhin 400 Familien.

Die Helfer fanden rasch heraus, dass Rückhaltedämme das Problem lösen konnten. "Das Resultat war spektakulär", meint der Ex-General. "Wir konnten auf einer Fläche von rund 40 Hektar etwa 80 Prozent des Wassers zurückhalten, das den Yamuna speist. Der Grundwasserspiegel hob sich um über sieben Meter und konnte auf dem Niveau gehalten werden."

Nachdem somit für ausreichend Wasser gesorgt war, konnten 5.000 Bäume gepflanzt werden. Zehn Hektar Weideland wurden urbar gemacht. Durch die Anhebung des Grundwasserspiegels konnten die Kosten für die Kultivierung des Landes um bis zu 60 Prozent gesenkt werden. Zurzeit ist ein dritter Damm im Bau, der das Projekt vollenden soll. Nach Ansicht der Initiatoren kann es als Modell für andere von Erosion bedrohte Siedlungen dienen.

Auf den Äckern wachsen jetzt wieder Senfpflanzen, Weizen und anderes Getreide. Damit kommt wieder Geld in die Kassen. Außerdem wächst in der Nähe ein Wäldchen, das Schatten bietet und bald Brennholz liefern wird.


Hilfe zur Selbsthilfe

Für Chauhan war es das Wichtigste, dass die Dorfbewohner sich selbst und anderen bewiesen haben, das Projekt allein stemmen und ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen zu können.

Der Dorfvorsteher Mahendra Man Singh erinnert sich, dass anfangs Skepsis überwog. "Wir steckten so sehr in der Klemme, dass wir mit Handpumpen bis in eine Tiefe von über 50 Meter gingen. Wasser konnten wir aber dennoch nicht mehr fördern, weil sich der Grundwasserspiegel so stark abgesenkt hatte."

Chauhan erzählt, wie ihn bei einem seiner ersten Besuche in Salaita eine alte Witwe anflehte, sie zu töten. "Sie sagte: 'Es gibt kein Wasser mehr, die Politiker kommen nur noch vorbei, um Stimmen einzusammeln.'"

Schon der erste Damm, den alle Dorfbewohner gemeinsam bauten, änderte die Stimmung. Innerhalb eines halben Jahres füllte sich der ausgetrocknete Brunnen mit Wasser. Neue Rohrbrunnen stießen in sechs Meter Tiefe auf Wasser.

Die Ex-Soldaten nutzten auch ihre alten Verbindungen zu den Streitkräften, um schweres Gerät wie etwa Bulldozer zu leihen. 5.000 US-Dollar kamen von der Globalen Umweltfazilität der Vereinten Nationen, die Umweltprojekte in Entwicklungsländern finanziert.

Da merkten die Dorfbewohner, dass sie auf Hilfe zählen konnten und eine Chance hatten. "Sie waren wirklich beeindruckt von der Tatsache, dass ohne ihre Zustimmung niemand an das GEF-Geld herankam", sagt Chauhan. "Die Wege der Lokalverwaltung waren dagegen viel verschlungener gewesen." (Ende/IPS/sv/2010)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. August 2010