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ASIEN/036: Borneo - Keine Kredite für Palmöl-Plantagen! (Regenwald Report)


Regenwald Report Nr. 4/10 - www.regenwald.org / Palmöl-Connection

Keine Kredite für Palmöl-Plantagen!


Der industrielle Anbau von Ölpalmen ist Hauptursache der Waldrodungen in Südostasien. Gefördert wird die Regenwaldzerstörung ausgerechnet von der Weltbank, die schon zwei Milliarden US-Dollar in Palmöl-Projekte investiert hat.

Mit Entsetzen schaut Nordin, der aufrechte Kämpfer von "Save our Borneo" (SOB), auf die aktuellen Satellitenbilder aus dem Süden der Insel Borneo. Eine riesige schwarze Wolke liegt über Kalimantan und Nordin weiß, was sie bedeutet. "Die jahrhundertealten Bäume brennen, um Platz für die Setzlinge einer Palmöl-Plantage zu machen. Sie wird den Industrieländern billiges Palmöl für vermeintliche Bio-Kraftstoffe oder andere Produkte aus 'nachwachsenden Rohstoffen' liefern."

Orientierungslos irrt ein Orang-Utan-Baby auf der gerodeten Fläche umher

Mitarbeiter von SOB haben in den vergangen Monaten beobachtet, wie die Plantagen-Betreiber die Brandrodung rücksichtslos vorbereitet haben. Von einer Dorfgemeinschaft wurden sie auch auf ein Orang-Utan-Baby aufmerksam gemacht, das ohne seine Mutter orientierungslos auf der gerodeten Fläche umherirrte. Die Dorfbewohner kümmerten sich um den jungen Orang-Utan, bis Hardi Baktiantoro vom "Centre for Orangutan Protection" (COP) ihn übernehmen konnte. In einer Pflegestation wird das junge Tier nun über Jahre aufgezogen und auf eine spätere Auswilderung in einem Nationalpark vorbereitet. Immer greift Hardi Orang-Utans auf, denn in ihrer bisherigen Heimat stehen keine Regenwälder mehr, sondern Monokulturen aus Ölpalmen. Die Plantagen sollen den Hunger der Industrienationen nach immer mehr Palmöl stillen, denn das tropische Öl wird als billiger Rohstoff in vielen Produkten eingesetzt. Vom Anbau über die Gewinnung bis zum Handel mit Palmöl taucht immer wieder der Name eines Unternehmens auf: Wilmar International Limited.

Auch auf der indonesischen Insel Sumatra ist Wilmar bekannt und gefürchtet. Feri Irawan vom Indonesischen Forum für Umwelt Sumatra (Walhi) berichtet von einem aktuellen Zwischenfall. Bauern aus Bungku werfen einer Wilmar-Tochter vor, ihr Land illegal gerodet zu haben, um dort eine Palmöl-Plantage zu errichten. Doch das Land, das ihre Vorfahren im Einklang mit dem Regenwald schon seit Generationen bewirtschaftet haben, betrachten die Bungku Bauern immer noch als ihr Land. Folgerichtig haben sie einige Ölpalmen der Plantage geerntet. Wilmar ließ 16 Bauern verhaften. Permanent treffen solche Berichte von Partnerorganisationen bei Rettet den Regenwald ein.

Zwei Milliarden US-Dollar der Weltbank stecken in Palmöl-Projekten

Eigentlich ist es schwer vorstellbar, dass die Weltbank in diesem dunklen Palmöl-Geschäft mitmischt, ist es doch das selbst erklärte Ziel der Bank, "die Armut mit Leidenschaft und Professionalität dauerhaft zu bekämpfen." Doch Regenwaldrodung und Menschenrechtsverletzungen scheinen jahrzehntelang für die Weltbank mit diesen Zielen vereinbar gewesen zu sein. Seit 1965 hat die Bank zwei Milliarden US-Dollar in über 45 Palmöl-Projekte rund um den Globus investiert. Allein der Wilmar-Konzern wurde in den vergangenen sieben Jahren gleich viermal als förderwürdig eingestuft und erhielt insgesamt 146 Millionen US-Dollar. Finanzierungen mit Mitteln der Weltbank verleihen einem Projekt Seriosität und locken private Geldgeber an. Die Weltbank spielt somit im Palmöl-Geschäft eine nicht zu unterschätzende Rolle. Insgesamt hat sich die Plantagenfläche seit den 60er Jahren weltweit verachtfacht, in Indonesien ist sie sogar 23 Mal so groß geworden.

Kritiker werfen der Weltbank vor, sie wolle mit ihren Fördergeldern nur die Palmöl-Versorgung der Konzerne der großen Industrienationen sicherstellen. Zu ihnen zählt auch Unilever mit Marken wie Rama, Coral oder Dove. Mit 1,6 Millionen Tonnen pro Jahr ist Unilever der größte Palmöl-Abnehmer der Welt und ein guter Kunde von Wilmar. In seinen Produkten setzt der Konzern sehr gern Palmöl ein, um teurere Inhaltsstoffe zu ersetzen. Auf den Verpackungen findet sich in der Regel keinerlei Hinweis. Das enthaltene Palmöl versteckt sich meist hinter solchen Bezeichnungen wie "pflanzliche Fette und Öle".

Palmöl findet sich heute in Schokolade, Eis, Seifen und Crèmes

Wilmar hat ein sehr großes Potenzial, den wachsenden Palmöl-Bedarf auch zukünftig zu bedienen. Das Unternehmen besitzt bereits 235.000 Hektar Ölpalm-Monokulturen in Indonesien und Malaysia. Wann weitere 400.000 Hektar Regenwald, die Wilmar sein Eigen nennt, in Rauch aufgehen, ist nur eine Frage der Zeit - und der zur Verfügung stehenden Gelder. Dass eben diese Investitionen ausbleiben, darin setzen Umweltschützer zurzeit große Hoffnung. Bleiben Kredite und Fördergelder nämlich aus, wird das an-sonsten gut geschmierte Palmöl-System empfindlich gestört. Eine formelle Beschwerde der Wilmar-Opfer bei der Weltbank brachte 2007 einen Stein ins Rollen. Eine Prüfungskommission bestätigte die illegale Rodung von Regenwald, Rechtsverletzungen und den Verstoß gegen inter-ne Vergabekriterien der Weltbank. Weltbankpräsident Robert Zoellick sah sich zum Handeln gezwungen. Im August 2009 setzte er die Finanzierung von Palmöl-Projekten aus und kündigte an, eine umfassende Palmöl-Strategie ausarbeiten zu lassen. Doch nur ein Jahr später lässt die Weltbank bereits erkennen, dass sie so schnell wie möglich wieder in das Palmöl-Geschäft einsteigen möchte. Anfang September fand in Frankfurt am Main die vorerst letzte Konsultationskonferenz der Weltbank statt. Für Rettet den Regenwald saß Waldreferent Klaus Schenck mit am Tisch. "Wir müssen alles dafür tun, dass die Weltbank ein dauerhaftes Finanzierungsverbot verhängt. Eine nachhaltige Produktion, wie sie von der Weltbank ins Spiel gebracht wurde, ist auf den riesigen Monokulturen und angesichts einer Jahresproduktion von über 40 Millionen Tonnen Palmöl nicht möglich", sagt Schenck. Für ihn steht fest, dass auch Zertifizierungssysteme wie der "Runde Tisch für nachhaltiges Palmöl (RSPO)" daran nichts ändern.

Für Monokulturen kann es keine Nachhaltigkeits-Siegel geben

Der RSPO schließt weder die Regenwaldrodung aus, noch halten sich dessen Mitglieder und zertifizierte Betriebe an die aufgestellten Standards. Die Plantagenbetreiber lassen sich alte Flächen zertifizieren und roden an anderer Stelle unvermindert weiter.

Auch die Umweltorganisation Robin Wood hat mit zahlreichen Aktionen gegen die Verwendung von Palmöl durch Unilever protestiert. Ein Bericht über die Plantagen des Wilmar-Konzerns findet sich unter: www.robinwood.de/Hintergrund.412.0.html


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Palmöl-Siegel RSPO

Der 2004 gegründete Runde Tisch für nachhaltiges Palmöl (Roundtable on Sustainable Palm Oil - RSPO) ist ein in der Schweiz registrierter Verein, der sich nach eigenen Worten als Ziel "die Förderung des Wachstums und des Einsatzes von nachhaltigen Palmöl-Produkten" einsetzt. Aktuell hat der RSPO 363 Mitglieder aus allen Bereichen von Industrie, Handel und Finanzsektor. Die IFC (International Finance Corporation, Teil der Weltbank), Wilmar und Unilever sind Vollmitglieder beim RSPO. Präsident des RSPO ist der Unilever-Manager Jan Kees Vis. Umwelt- und Sozialorganisationen sind beim RSPO mit nur 20 Mitgliedern unterrepräsentiert. Die große Mehrheit der unabhängigen Organisationen aus aller Welt lehnt den RSPO als Etikettenschwindel ab.

Unilever-Konzern

Der britisch-niederländische Unilever-Konzern ist einer der weltweit führenden Hersteller von Markenprodukten für den Konsumbereich. Von Margarine, Tütensuppe über Körperpflegeprodukte bis zum Waschmittel stellt der Konzern fast alles her. Bekannte Marken sind: Axe, Becel, Bertolli, Bifi, Coral, Domestos, Dove, Du darfst, Knorr, Langnese, Lätta, Mazola, Mondamin, Pfanni, Rama, Rexona, Signal, und Viss. Unilever ist mit 1,6 Millionen Tonnen der weltweit größte Verbraucher von Palmöl.


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

In keinem Land der Welt wird der Regenwald so schnell zerstört wie in Indonesien: 3,5 Millionen Hektar pro Jahr sind für immer verloren
Ganz links: Regenwaldkämpfer Nordin dokumentiert die Abholzungen des Wilmar Konzerns auf Borneo
Orang-Utans werden von den Plantagen-Betreibern als Schädlinge gejagt, weil sie dort verzweifelt nach Nahrung suchen.
Unten: Palmöl-Plantagen drängen den Regenwald immer weiter zurück

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Quelle:
Regenwald Report Nr. 4/10 - www.regenwald.org
Herausgeber: Reinhard Behrend (v.i.S.d.P.)
Redaktion: Klaus Schenck, Christiane Zander
Rettet den Regenwald e.V. / Rainforest Rescue
Friedhofsweg 28, 22337 Hamburg
Telefon: 040 410 38 04, Fax: 040 450 01 44
E-Mail: info@regenwald.org
Internet: www.regenwald.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Dezember 2010