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ATOM/064: Aktuelle Entwicklungen im Uranbergbau - Stilllegung wegen zu niedriger Preise (Strahlentelex)


Strahlentelex mit ElektrosmogReport
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Nr. 704-705 / 30. Jahrgang, 5. Mai 2016 - ISSN 0931-4288

Uranbergbau
Stilllegungen wegen zu niedriger Uranpreise
Aktuelle Entwicklungen im Uranbergbau

von Thomas Dersee


Im Vergleich zum letzten Jahr ist der Uranpreis noch einmal gesunken. Auch wenn deshalb weiter Bergwerke ganz oder vorläufig geschlossen werden, stirbt die Hoffnung von Atombefürwortern nicht aus, dass sich das wieder ändern wird. Wenige Projekte werden vorangetrieben, darunter vor allem die in chinesischer Hand. Darauf weist die Organisation uranium-network.org in ihrem Rundbrief vom 3. April 2016 hin.

Afrika

Im vorigen Jahr wurden in Afrika die Uranbergwerke Kayalekera in Malawi, Trekoppje in Namibia sowie Imouraren und Azelik in Niger geschlossen. Neu ist, dass nun auch das tansanische Uranprojekt Mkuju River (Uranium One/ARMZ Russland) vorerst pausiert. Die Geschäftsführung möchte mit der Weiterführung warten, bis der Uranpreis um 70 Prozent gestiegen ist. Geschäftsführer Feroz Ashraf ist davon überzeugt, dass, sobald der Preis einmal steigt, er schneller rasante Höhen erreicht, als sich erträumen lasse, berichtet uranium-network.org.

Vielleicht ist das auch die Ansicht von Swakop Uranium, Tochterfirma von China General Nuclear Power Corporation (CGN), die kurz davor ist, ihre Husab-Bergwerke in Namibia fertigzustellen. Der namibische Finanzminister glaubt, dadurch 2017 dreimal so viel Uran zu produzieren wie 2015 und hofft, damit das Land auf Platz drei der weltweit größten Uranproduzenten zu bringen. Allerdings bekommt Swakop Uranium auch Gegenwind: BauarbeiterInnen streikten und jetzt protestieren auch Bauern und Bäuerinnen gegen einen sinkenden Grundwasserpegel des Swakop-Flusses. Während der Aufbauphase darf das Unternehmen Grundwasser des Flusses nutzen.

Nichtsdestotrotz war der malische Präsident, Ibrahim Boubacar Keita, bei einem Besuch in Namibia so begeistert, dass er sich nun ein chinesisches Uranbergwerk für Mali wünscht, berichtet uraniumnetwork.org.

Zunächst aber hatte Mauretanien das Vergnügen: China Energy Engineering Group Guangdong Power Engineering (GPEC) wird nun gemeinsam mit Aura Energy das Tiris-Projekt weiterführen.

Chinas Engagement im Uranbereich weitet sich auch nach Kanada aus: CGN ist nun zu 20 Prozent Anteilseigner von Fission Uranium und hat so als erstes chinesisches Unternehmen in einen kanadischen Urankonzern investiert.

In Südafrika vertreten die AnwohnerInnen nahe des geplanten Karoo-Bergwerks divergierende Ansichten: Die einen empören sich über problematische Folgen für sich und die Umwelt, die anderen hoffen auf Jobs. Ein Umweltgutachten stützt die Empörten, es stuft das Risiko des Uranabbaus als hoch ein und verweist insbesondere auf die Wahrscheinlichkeit der Wasserverseuchung durch radioaktives Material.

Die Pläne von Jacob Zuma, Südafrikas Präsident, sechs neue Atomkraftwerke zu bauen, werden aus mehreren Richtungen kritisiert: Die einen fürchten, dass der Staat die Kosten nicht tragen kann, die anderen fordern ein Umlenken hin zu Erneuerbaren Energien in einem Land, das reich an Wind und Sonne ist. Eine große Debatte wurde losgetreten. Bisher hat Südafrika als einziges afrikanisches Land ein Atomkraftwerk. Ob der Bau der neuen Kraftwerke eine Lizenz der nationalen Atombehörde bekommt, ist noch nicht entschieden.

Auch wenn die in chinesischer Hand befindlichen Husab-Bergwerke in Namibia die Ausnahme darstellen, die die Regel bestätigt, so deute alles darauf hin, dass die Uranindustrie auf dem afrikanischen Kontinent vorläufig gebremst ist, erklärt uranium-network.org. Als 2007/2008 der Uranpreis in die Höhe schoss, vergaben viele Länder Explorationslizenzen und für Uranunternehmen begann der Traum vom atomaren Zeitalter in Afrika. Die wenigsten Lizenzen mündeten allerdings in Bergwerke - und von den wenigen Bergwerken wurden die meisten wieder stillgelegt oder gestoppt.

Während in Gabun seit 1999 kein Uranbergbau mehr stattfindet, wurde in Niger 2008 das Azelik-Bergwerk vom chinesischen Staatskonzern China National Nuclear Corporation (CNNC) in Betrieb genommen. Doch bereits 2015 wurde aufgrund von Finanzfehlplanungen und Streiks der Arbeitenden zunächst die Produktion gestoppt und dann das Bergwerk eingemottet.

AREVA hatte in den letzten Jahren so einige Herausforderungen in Niger zu erdulden. Der größte Rückschlag war, dass das einst als größtes Uranbergwerk der Welt angekündigte Imouraren-Bergwerk begraben werden musste, als bekannt wurde, dass die Uranvorkommen anscheinend nicht abbaubar sind.

Neben Niger ist Namibia das afrikanische Land mit dem umfangreichsten Uranbergbau. Nur wenige nennenswerte Projekte gingen aus der Hochzeit Ende der 2000er Jahre hervor, zählt uraniumnetwork.org auf:

(a) Langer Heinrich (PALADIN und CNNC); da PALADIN derzeit Finanzschwierigkeiten hat, könnte der chinesische Konzern CNNC das Projekt ganz aufkaufen.

(b) Trekkopje (AREVA), was seit 2012 wieder stillgelegt ist, da der Urangehalt zu gering ist, um Gewinn abzuwerfen.

(c) das Husab-Bergwerk (China General Nuclear Power Company), das in diesem Jahr mit der regulären Produktion beginnen soll. Andere Großprojekte im Land werden wegen des niedrigen Uranpreises derzeit nicht weiterverfolgt.

In Malawi hatte PALADIN mit seinem Kayalekera-Bergwerk wenig Glück. Es ging erst mit steigendem Uranpreis in Produktion, da der Preis dann aber sank, brachte es keine Gewinne ein. Streiks für bessere Bezahlung belasteten das Bergwerk zusätzlich, sodass PALADIN es 2014 stilllegte.

Eine große Anzahl von Explorationslizenzen war auch in Tansania vergeben worden. Am weitesten wurde anschließend das Mkuju River-Projekt vorangetrieben, wofür die Regierung sogar eine Verschiebung der Grenzen des als Weltkulturerbe deklarierten Nationalparks Selous Game Reserve durchsetzte. Wie jetzt bekannt wurde, will der Betreiber Uranium One/ARMZ (Russland) das Projekt aufgrund des geringen Uranpreises vorerst nicht vorantreiben. Kurz darauf verkündete jedoch das Mutterunternehmen ROSATOM, dass "kostengünstigere" Abbaumethoden überlegt würden. Das Vorkommen soll wohlmöglich in einer Kombination aus Tagebau und in-situ-leaching (Laugung) ausgebeutet werden - wofür jedoch nach Ansicht diverser Organisationen (z.B. der Internationalen Union zur Bewahrung der Natur und natürlicher Ressourcen, IUCN) ein neues Umweltgutachten erforderlich wäre, da sich der Laugungsbergbau erheblich vom Tagebau unterscheidet.

Die anderen Uranprojekte in den tansanischen Regionen Bahi und Manyoni werden derzeit kaum weiterverfolgt, was nicht zuletzt auch an den Protesten der Bevölkerung liegt, berichtet uraniumnetwork.org.

Auch wenn außer den Projekten Husab und Langer Heinrich in Namibia sich derzeit keine neuen Bergwerke im Produktionsbetrieb befinden, so bleiben bei vorher bereits in Betrieb genommenen Bergwerken die verheerenden Folgen für die Umwelt und die Menschen vor Ort bestehen. Unsauber durchgeführte Explorationen, jahrelang aufgetürmte radioaktive Tailings (insbesondere in Niger), unbehandelte Gesundheitsprobleme von ArbeiterInnen, aufgebrauchtes oder verseuchtes Grundwasser und nicht zuletzt nicht-sanierte stillgelegte Bergwerke werden noch lange für Probleme sorgen.

Europa

Aber auch aus dem europäischen Raum gibt es Nachrichten über Uranbergbau:

Seit Grönland 2013 seinen Bann gegen Uranbergbau aufhob, ebnet die Regierung den Weg zum Abbau. Dazu gehört nun ein Abkommen zwischen Dänemark und Grönland, das die Verantwortlichkeiten der beiden Entitäten beim Abbau und Export von Uran regelt. Das bedeutet nicht zuletzt, dass Grönland das abgebaute Uran nur an Staaten verkaufen darf, die den Atomwaffensperrvertrag unterschrieben haben.

In den kommenden Wochen wird die dänische Regierung dem Parlament nun ein Gesetz zum "sicheren" Uranbergbau vorlegen. Am 16. März 2016 fand eine Anhörung zum geplanten Uranprojekt Kvanefjeld statt. Umweltorganisationen aus Dänemark und Grönland sind überzeugt, dass das Fazit der Anhörung ihre Bedenken zum Uranbergbau bestätigt. Außerdem fordern sie ein Referendum in Grönland zum Uran-Bann.

Bei einem Treffen von tschechischen und polnischen Regierungsmitgliedern verkündete die polnische Seite, dass die Explorationsplanungen von Uran gestoppt wurden, nicht weiter verfolgt werden und derzeit auch keine Unternehmen Interesse an Uranbergbau in Südpolen hätten. Dazu beigetragen hat möglicherweise auch der Protest von 21 tschechischen BürgermeisterInnen nahe der polnischen Grenze. AktivistInnen vor Ort erklärten jedoch, dass das australische Unternehmen European Resources Poland noch in einem ausstehenden Gerichtsprozess stecke, mit dem Ziel, Explorationslizenzen zu erwerben.

Auch aus Deutschland gibt es Neues: Um die ehemalige Uran-Bergwerk AG Wismut in Sachsen und Thüringen anständig zu sanieren, ist bis 2028 um einiges mehr Geld nötig als bislang geplant. Neben den bereits ausgegebenen 6 Milliarden Euro werden voraussichtlich weitere 2,1 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt benötigt. Besonders wichtiger Bestandteil der Sanierung ist die aufwändige Behandlung des kontaminierten Wassers.

Uranium-network.org freut sich besonders darüber, dass 15 Jahre nach der Schließung der Nationalen Uran-Bergwerks in Portugal Familienangehörige der an Krebs gestorbenen Arbeiter staatliche Entschädigung erhalten. Dies beschloss das portugiesische Parlament einstimmig nach langen Jahren des Kampfes: In Zentralportugal starben 115 von 500 ArbeiterInnen an Krebs infolge erhöhter radioaktiver Strahlung. Seit der Schließung der Bergwerke ab 2001 protestierten ehemalige ArbeiterInnen bis jetzt für eine angemessene Entschädigung der Familien ihrer KollegInnen. Dass die Familienangehörigen nun eine finanzielle Entlastung erhalten, erkenne immerhin die gefährlichen Folgen des Uranbergbaus an, meint unraniumnetwork.org.

USA

Gegen die Belastung von Natur und Menschen durch mangelnde Sanierung wurde in den USA die Kampagne "Clean up the Mines!" gestartet, die jetzt an Fahrt gewinnt: Ende Januar demonstrierten in Washington VertreterInnen indigener Organisationen und UnterstützerInnen für eine Sanierung radioaktiver Hinterlassenschaften von 15.000 alten Uranbergwerken. Die Kundgebung fand vor der Umweltschutzbehörde statt, wo die Demonstrierenden neben der Sanierung zudem den Schutz indigener Heiliger Orte vor Uranbergbau, sowie die Säuberung radioaktiv verseuchten Grundwassers in betroffenen Gemeinden forderten.

Besonders problematisch ist die Kontaminierung der Umwelt im Südwesten. In Süd-Dakota, in Arizona und New Mexico war in den 1950er und 60er Jahren sehr viel Uran unter minimalen Sicherheitsvorkehrungen für das US-Atomwaffenprogramm abgebaut worden. Insbesondere die dort lebende indigene Bevölkerung ist stark von den Folgen der fehlenden Sanierung betroffen. Allein in Süd-Dakota gibt es nach Angaben von "Clean up the Mines!" 272 alte Uranbergwerke aus der "wilden Zeit" des Uranbergbaus, von denen nur eine einzige in Ansätzen 'aufgeräumt' wurde.

Die Kampagne "Clean up the Mines!" fordert ein Gesetz, das die Verantwortung für die Sanierung dieser Hinterlassenschaften klärt und die Sanierung regelt. Denn bisher wurde juristisch niemand wirklich dafür verantwortlich gemacht.

Der 2012 von Barack Obama persönlich verfügte Bann auf alle neuen Uran-Vorhaben im Umkreis von tausend Hektar rund um den Grand Canyon wird nun von der Regierung Arizonas und anderen angegriffen.

Grund für den Bann war nicht nur die Attraktion des Grand Canyon, sondern auch der hohe Arsengehalt im Colorado River und andere Umweltprobleme aufgrund des bereits stattfindenden Uranbergbaus (derzeit sind dort elf Bergwerke aktiv). Obamas Entscheidung, den weiteren Uranbergbau für die nächsten 20 Jahre zu stoppen, wurde von Indigenen, Distrikten, Regionalregierungen und Handelskammern, sowie dem Gouverneur von Arizona unterstützt. Der Bann würde ohne zeitlichen Begrenzung in Kraft treten, wenn der Grand Canyon als Nationales Kulturerbe deklariert würde - ein Schritt, den laut Umfragen 80 Prozent der Bevölkerung in Arizona befürworten.

Jetzt jedoch hat Arizonas Regierung zusammen mit Regierungen aus Utah, Nevada und anderen gegen nationale Einflussnahme geklagt, um den Bann zu brechen. Schließlich liegen heißbegehrte Uranvorkommen in dieser Gegend. Arizonas Handelskammer ist ebenfalls gegen einen Bann und steht damit an der Seite der gut organisierten und finanzierten National Mining Association.

Eine Gerichtsentscheidung dazu wird voraussichtlich Ende des Jahres zu erwarten sein. Es liegt aber auch in der Hand des neuen Präsidenten oder der neuen Präsidentin der USA, den Bann aufzuheben, solange der Grand Canyon kein Nationales Kulturerbe ist.

Kanada

Das Uran-Moratorium, das die Regierung Québecs 2013 verhängt hatte, wird von der kanadischen Atomsicherheitskommission kritisiert.

Bei einer Umweltanhörung "BAPE" hatten ein Jahr lang alle Seiten ihre Ansichten zu einem möglichen Uranbergbau in Québec darlegen können. Vorangegangen waren Explorationen in der kanadischen Provinz, welche auf erheblichen Widerstand sowohl seitens der indigenen Bevölkerung als auch von UmweltschützerInnen stießen, die sich als "Québec sans/without Uranium" zusammengeschlossen hatten. Die Proteste waren ausschlaggebend für das Moratorium sowie für die Schließung des letzten Atomkraftwerks in der Provinz.

Aufgrund einer Klage einer Uranfirma berief die Québecer Regierung den Umweltanhörungsausschuss BAPE. Dieser empfahl der Regierung, Uranbergbau in Québec nicht zu erlauben, weil er zu viele Gesundheits- und Umweltrisiken berge. Die eigentlich als neutrale Kontrollinstanz für Atomkraftwerks- und Uran-Bergwerkebetreiber eingerichtete Atomsicherheitskommission (CNSC) stellte sich nun auf die Seite der Uranunternehmen und griff die Empfehlungen des BAPE-Ausschusses massiv an.

Es bleibt abzuwarten, wie die Regierung von Québec auf diese unbotmäßige Einmischung reagiert. Allerdings erhalten die kanadischen Provinzen British Columbia und Nova Scotia seit vielen Jahren unangefochten Moratorien für Uranbergbau aufrecht.


Quelle: uranium-network.org, Rundbrief 1/2016 v. 3.4.2016.
Details zu den diversen unterstützenswerten Initiativen der Organisation finden sich auf deren Website
www.uranium-network.org


Der Artikel ist auf der Website des Strahlentelex zu finden unter
http://www.strahlentelex.de/Stx_16_704-705_S05-07.pdf

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Quelle:
Strahlentelex mit ElektrosmogReport, Mai 2016, Seite 5-7
Herausgeber und Verlag:
Thomas Dersee, Strahlentelex
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Tel.: 030/435 28 40, Fax: 030/64 32 91 67
E-Mail: Strahlentelex@t-online.de
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Juni 2016

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