Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INTERNATIONALES

FISCHEREI/001: Pazifikstaaten - Große Fangflotten unterlaufen regionales Thunfisch-Fangverbot (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 22. Dezember 2010

Pazifikstaaten: Große Fangflotten unterlaufen regionales Thunfisch-Fangverbot

Von Christopher Pala

Fischer laden Thunfisch auf ein Kühlschiff - Bild: © Christopher Pala/IPS

Fischer laden Thunfisch auf ein Kühlschiff
Bild: © Christopher Pala/IPS

Honolulu, Hawaii, 22. Dezember (IPS) - Acht pazifische Inselstaaten wollen ihre Verträge mit internationalen Fischereiflotten dazu nutzen, um die weltweit letzten großen Thunfischbestände zu retten. Doch die Staaten, die hinter diesen Flotten stehen, leisten Widerstand.

Nach den Vorstellungen der kleinen Länder sollen ab 1. Januar 2011 erhebliche Einschränkungen für den Fischfang in einem festgelegten Gebiet südlich von Haiwaii gelten. Die ausländischen Flotten beziehen bislang 85 Prozent des regionalen Thunfisches, der später in Dosen verkauft wird, aus einer Exklusiven Wirtschaftszone innerhalb der 200-Meilen-Zone vor den Küsten der Staaten, die das Nauru-Abkommen unterzeichnet haben.

Das geplante Verbot soll zunächst für Schiffe gelten, die mit Ringwadennetzen fischen. In diesen ringförmig um einen Schwarm ausgelegten Netzen können jeweils bis zu 200 Tonnen Fisch aus dem Meer geholt werden. Auf diese Weise wurde etwa drei Viertel des Thunfisches in der Pazifikregion gefangen und an vorwiegend asiatische Konservenfabriken verkauft.

In einigen Jahren soll außerdem die Langleinenfischerei in dem Gebiet namens 'Eastern High Sea pocket' verboten werden. Dadurch soll die weltweit größte fischereifreie Zone in der Größe Indiens entstehen. Wissenschaftler rechnen damit, dass sich Arten, die durch Überfischung gefährdet sind, in diese Zone zurückziehen werden.

Die internationalen Flotten haben ihre Netze und Leinen zunehmend im Pazifikraum ausgeworfen, nachdem die Bestände im Atlantik und im Indischen Ozean weitgehend dezimiert worden waren.


USA wollen sich nicht festlegen

Die USA, die für ihre Fischereipolitik bereits heftig kritisiert wurden, weigerten sich kürzlich auf dem Jahrestreffen der Fischereikommission für den Westlichen und Zentralen Pazifik in Honolulu, die Maßnahme der acht Staaten mitzutragen. Unter Berufung auf einen in zweieinhalb Jahren endenden Vertrag nehmen die USA für sich das Recht in Anspruch, in dem 2,3 Millionen Quadratkilometer großen Gebiet fischen zu dürfen.

Während sich die USA nicht festlegen wollten, äußerten die Europäische Union und Südkorea starke Vorbehalte gegen den Plan. Neuseeland sprach sich dafür aus. Eine Abstimmung über die Maßnahme wurde auf das nächste Jahr verschoben.

"Wir werden sehr enttäuscht sein, wenn die USA nicht mit uns zusammenarbeitet", sagte der Sprecher der pazifischen Staatengruppe, Sylvester Pokajam aus Papua-Neuguinea. Weitere Mitglieder der Gruppe sind Mikronesien, Kiribati, die Marshall-Inseln, Nauru, Palau, die Solomonen und Tuvalu.

Laut Charles Karnella, dem Chefdelegierten des Fischereitreffens in Hawaii, haben die USA noch nicht über ihr Vorgehen entschieden, da sie mit den Inselstaaten über eine Ausweitung des Südpazifischen Thunfisch-Abkommens verhandelten.

Vor zwei Jahren hatten die USA eine von der Nauru-Gruppe vorangetriebene Sperrung von zwei Fangzonen in internationalen Gewässern im Umfang von 1,3 Millionen Quadratkilometern ausdrücklich unterstützt. Für die Maßnahme sprachen sich daraufhin auch Japan, China, Taiwan und Spanien aus. Außerdem befürworteten sie weitere Vorkehrungen zum Schutz der Thunfischbestände im Pazifik.

Fischereiexperten schlugen in diesem Jahr jedoch Alarm, nachdem sich die Lage weiter verschärft hatte. Die Fangmengen in der Region hatten sich um mehr als 30 Prozent erhöht. Vor allem die Bestände von Großaugen-Thunfisch, der bis 2,5 Meter lang und 180 Kilo schwer sein kann, sind ausgedünnt.

Experten schätzen, dass nur noch 17 Prozent der ursprünglichen Population im reproduktionsfähigen Alter erhalten sind. Nach dem ebenfalls selten gewordenen Blauflossen-Thun wird die Großaugen-Spezies von Sushi-Liebhabern wegen des fetten Fleisches besonders geschätzt. Der kleinere Bonito-Thunfisch, der noch reichlicher im Meer anzutreffen ist, landet dagegen vor allem in Konservendosen.


Große Gefahren durch Überfischung

In dem Gebiet, das die Nauru-Vertragsstaaten für den Fischfang sperren wollen, machen Großaugen-Thunfische etwa 30 Prozent der Ringwadenfischerei aus. "Die Sperrung ist die erste Maßnahmen zur Rettung des Fisches", sagte Pokajam. Um die Überfischung einzudämmen, wollen die acht Pazifikstaaten für das kommende Jahr die Ringwadenfischerei in ihren Gewässern um ein Drittel eingeschränkt sehen.

Wissenschaftler warnen, dass der Fang von 80.000 Großaugen-Thunfisch in den Netzen der Flotten die Spezies auszurotten droht. Seit zwei Jahren fordern sie erfolglos eine Reduzierung der gesamten Fangmenge um 30 Prozent.

Die USA halten bislang 36 Schiffe für die Ringwadenfischerei im Pazifik. Etwa ein Dutzend davon befinden sich im mittleren Teil des Ozeans. Die anderen Schiffe kommen aus Taiwan und operieren seit einigen Jahren unter US-Flagge nahe Asien. Dadurch sind sie nicht an die Auflagen der Nauru-Gruppe gebunden.

Die Lizenzgebühren, die die Pazifikstaaten durch den 1997 geschlossenen Vertrag kassieren, kommen größtenteils aus den Taschen der Steuerzahler in den USA. Als Gegenleistung für einen ungehinderten Zugang der etwa 40 Schiffe zu den Fanggründen haben die USA bislang rund 18 Millionen US-Dollar Entwicklungshilfe an 14 pazifische Länder gezahlt. (Ende/IPS/ck/2010)


Links:
http://www.ffa.int/nauru_agreement
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=53927

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH


*


Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 22. Dezember 2010
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Dezember 2010