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KLIMA/027: Organisierter Zweifel am Klimawandel - Wer steckt dahinter? (BUNDmagazin)


BUNDmagazin - 3/2010
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland - BUND
Friends of the Earth Germany

Organisierter Zweifel am Klimawandel
Wer steckt dahinter?

Von Thorben Becker


Das Heimatland derer, die den menschengemachten Klimawandel leugnen, sind die USA. Doch die Zweifel, die dort mit viel industrieller Unterstützung geschürt werden, sollen den Klimaschutz weltweit in Verruf bringen.

Seit der Veröffentlichung des ersten Berichts des Weltklimarates IPCC streut die Lobby der Öl- und Kohlekonzerne gezielt Zweifel am Klimawandel, um die Politik davon abzubringen, Maßnah men für mehr Klimaschutz durchzusetzen. In dem von Greenpeace veröffentlichten Bericht »Dealing in Doubt: The Climate Denial Industry and Climate Science« wird der Öl-Konzern ExxonMobil als einer der größten Strippenzieher des weit gespannten Netzes von Geldgebern der »Klimaskeptiker« ausgemacht: Seit 1998 hat das Unternehmen demnach Zweifelkampagnen bzw. deren Beteiligte mit über 23 Mio. US-Dollar gefördert. 28 einschlägige Organisationen wurden finanziell unterstützt, darunter »Thinktanks« wie das Heartland-, das Cato- und das American Enterprise-Institut, die in vorderster Reihe wissenschaftliche Erkenntnisse über den Klimawandel in Frage stellen.


Klimarat im Visier der Skeptiker

Hauptziel des organisierten Zweifels ist der Weltklimarat IPCC. Es begann mit seinem ersten Bericht: Je gesicherter die Erkenntnisse der Wissenschaft, umso stärker werden die Bemühungen, diese in Frage zu stellen. Zunächst stuft man die Ergebnisse der Klimaforscher als unglaubwürdig ein. Fruchtet dies nicht, wird argumentiert, es gehe eben um die Anpassung an den Wandel. Dies erinnert stark an Strategien der Tabaklob- by, die über Jahrzehnte versucht hat, die schädlichen Folgen des Rauchens herunterzuspielen.

Zweifel wird gegenwärtig vor allem gesät, worüber sich die Wissenschaft längst einig ist: dass wir Menschen zur Erwärmung des Klimas beitragen. Ein neuer Aspekt kommt hinzu: Die Kampagnen der Skeptiker sind heute koordinierter, breiten sich viral über das Internet aus und sind weitaus immuner gegen rationale Argumente.


Unauffällige Bruderschaft

Ganz besonders tun sich die Brüder David und Charles Koch bei der Förderung von Zweifelkampagnen hervor. Ihr wenig bekanntes Industrie-Konglomerat »Koch Industries« ist das zweitgrößte US-Unternehmen, das nicht an der Börse notiert ist. Weit mehr noch als die Öl-Giganten finanziert es Kampagnen, um global Klimaforscher und die Klimapolitik zu diskreditieren. Der Mischkonzern ist weltweit an Öl-Raffinerien und Pipelines, an Düngemittel-, Papier- und Zellstofffirmen beteiligt und hat zwischen 1997 und 2008 rund 50 Millionen US-Dollar an Skeptiker-Organisationen wie »Americans for Prosperity« fließen lassen. Geschickt bedient man sich dabei liberal und libertär klingender Scheinargumente: Zweifel müssten doch erlaubt sein, und zuviel Staatsintervention - ob über die Wissenschafts förderung oder Umwelt vorschriften - sei doch nicht wünschenswert, oder?

Mittels zahlreicher firmeneigener Stiftungen haben die Koch-Brüder nicht nur versucht, kleine Fehler der Klimaforscher aufzubauschen, oder fragliche Studien mitfinanziert - zuletzt etwa ein Werk zur »Überbewertung« der Windkraft in Dänemark. Auch im zähen Ringen um das US Klimagesetz hatte »Koch Industries« seine Finger im Spiel: 35 Organisationen und 21 Abgeordnete bekamen offenbar direkt oder indirekt Geld von den Brüdern.

Thorben Becker ... leitet das Klima-Team in der Bundesgeschäftsstelle des BUND.


Ein BUND-Hintergrund widerlegt die »Klimaskeptiker«: www.bund.net/klimaschutz

Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:
Gletscherschmelze - kein Problem?


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Quelle:
BUNDmagazin 3/2010, S. 31
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
Friends of the Earth Germany
Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin
Tel. 030/27586-457, Fax. 030/27586-440
Email: redaktion@bund.net
Internet: www.bund.net

Das BUNDmagazin ist die Mitgliederzeitschrift
des BUND und erscheint viermal im Jahr

(BUNDmagazin)

BUNDmagazin - 3/2010
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland - BUND
Friends of the Earth Germany

ZUR ZEIT
Der BUND im Osten (III)
Achtung: Umweltschützer!

Von Severin Zillich

1990 war in Ostdeutschland ein Jahr des Aufbruchs. Auch der BUND Sachsen-Anhalt ist in jenem Jahr gegründet worden - und hat sich zu einem engagierten Anwalt für Umwelt und Natur entwickelt.

Am 4. September hat der BUND in Magdeburg etwas zu feiern. Zum 20. Geburtstag des Landesverbands werden nachmittags einige umweltpolitische Illusionen platzen - in Form beschrifteter Ballons. Abends gibt es ein Fest mit Kabarett, Musik und Reden, der Theaterjugendclub Magdeburg darf sich dazu über die »Ökos« lustig machen. Zudem zeichnet der MDR drei Fachforen zur Agrarpolitik, zu Energie und Klimaschutz sowie zum Naturschutz in Sachsen-Anhalt auf.

Flexible Struktur

Mit etwa 1.000 Mitgliedern und 800 Förderern ist der BUND Sachsen-Anhalt der zweitkleinste Landesverband, kleiner selbst als viele süddeutsche Kreisgruppen. Das Land ist arm und von hoher Arbeitslosigkeit gezeichnet, ein schwieriges Pflaster für Mitgliederverbände. Doch der BUND wächst auch hier, langsam, aber kontinuierlich. Und viele Mitglieder sind jung und engagiert. Zur Unterstützung der ehrenamtlichen Arbeit in den Kreisen hat die Landesgeschäftsstelle ein eigenes Modell entwickelt. Von Magdeburg aus koordiniert sie einige Dutzend Aktionsgruppen und Initiativen, die meist ein konkretes Anliegen verfolgen. Diese Gruppen wählen sich einen Sprecher und werden vom Landesverband logistisch gefördert - auch wenn nicht alle Aktiven von vornherein Mitglied im BUND sind.

Mit dieser flexiblen Struktur und großem Einsatz sei es der Geschäftsstelle in Magdeburg gelungen, in beinahe allen Landkreisen präsent zu sein, so Oliver Wendenkampf, seit 1995 Landesgeschäftsführer des BUND. Bemerkenswert ist, dass sich etliche Gruppen nicht wie üblich im klassischen Naturschutz bewegen, sondern auch kulturell und sozial stark engagieren.

Ein Dauerthema im Agrarland Sachsen-Anhalt ist vielerorts der Kampf gegen riesige Schweinemästereien. Der BUND hat hier früh ein Aktionsbündnis geschaffen, das die Gruppen vor Ort mit Argumenten und Material versorgt und juristisch berät. Nicht von ungefähr gründete sich das vom BUND mit initiierte bundesweite Netzwerk »Bauernhöfe statt Agrarfabriken« im letzten Herbst in der Landeshauptstadt Magdeburg.

Gesellschaftliche Kraft

Dass der BUND Sachsen-Anhalt von vielen jungen Aktiven getragen wird, hat Tradition. Julia Wendenkampf, heute stellvertretende Geschäftsführerin, war bereits mit 19 stellvertretende Landesvorsitzende, die jüngste im ganzen BUND. Sie beschreibt den Landesverband - jenseits von Umwelt- oder Naturschutz - in erster Linie als gesellschaftliche Kraft mit ganzheitlichem Anspruch. Das Leitbild sei die vom BUND herausgegebene Studie »Zukunftsfähiges Deutschland«: »Dem Motto 'Gut leben statt viel haben' kommt in unserer Region eine besondere Bedeutung zu. Um aus der Not eine Tugend zu machen, kooperieren wir viel mit sozialen Trägern.« Eine Ehrenamt-Ausstellung reist derzeit mit dem Vortrag »Ökologischer Wohlstand« landesweit durch Bibliotheken und Rathäuser.

Seine Umsetzung findet das Leitbild der Nachhaltigkeit wie erwähnt vor allem in der Agrarpolitik - vom Bio-Einkaufsführer über die gemeinsame Regionalvermarktung mit der BioHöfeGemeinschaft bis zum Aktionsbündnis »Keine Gentechnik auf Sachsen-Anhalts Feldern«. Die Lobbyarbeit wird durch die räumliche Nähe zum Agrar- und Umweltministerium erleichtert, das in Sichtweite der BUND-Geschäftsstelle liegt. Mit den Sachbearbeitern des Ministeriums teilt man sich seit Jahren das Straßencafé vor der Tür.

Energiepolitisch von bundesweiter Relevanz ist das Endlager für Atommüll in Morsleben. Der BUND hatte 1998 erfolgreich gegen die weitere Einlagerung radioaktiver Abfälle geklagt. Nun soll das Lager stillgelegt werden. Anlass für den BUND, die langfristige Sicherheit dieses Pilotvorhabens kritisch zu hinterfragen.

Spannende Naturschutzprojekte

Doch zwischen der Altmark im Norden und dem Thüringer Vorland im Süden kommt auch der Naturschutz nicht zu kurz. Der BUND betreut hier einige hochkarätige Schutzgebiete. Über die rasante Entwicklung der Goitzsche-Wildnis bei Bitterfeld berichtet das BUNDmagazin regelmäßig - die BUNDstiftung besitzt hier über 1.300 Hektar im einstigen Braunkohletagebau. Nicht minder spannend: Der BUND will die Dornburger »Alte Elbe« revitalisieren. Der mit 21 km längste noch erhaltene Altarm Deutschlands glänzt durch seinen enormen Artenreichtum. Wie gut, dass der Landesvorsitzende ein international renommierter Gewässerökologe ist: Prof. Volker Lüderitz hat sich die Rettung der Alten Elbe zur persönlichen Aufgabe gemacht.

Für das Grüne Band beschäftigt der BUND SachsenAnhalt einen eigenen Mitarbeiter. Dieter Leupold koordinierte erst jüngst neue Flächenkäufe in der Altmark. Schließlich steuert der kleine Landesverband auch die Kampagne zum Schutz der Alleen, die von BUND-Mitarbeitern in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt umgesetzt wird. Die Naturschutzund Alleenreferentin Melanie Medau-Heine hat mit Aktiven bereits über tausend Bäume gepflanzt. Übrigens deckt ein ausgewachsener Baum täglich den Sauerstoffbedarf von zehn Menschen. So schnell also wird dem BUND in Sachsen-Anhalt nicht die Puste ausgehen.

Sachsen-Anhalt, Tel. (03 91) 5 63 07 80, info@bundsachsen-anhalt.de;
weitere Infos gibt es gedruckt oder als Download unter www.bundsachsen-anhalt.de

Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Überall in Sachsen-Anhalt pflanzt der BUND Alleebäume, gemeinsam mit aktiven Paten von der Schulklasse bis zum Sportverein.
Die Samenbank in Gatersleben bewahrt das Saatgut Tausender Pflanzensorten auf. In direkter Nähe der Erhaltungsfelder wurde Genweizen angebaut, wogegen auch der BUND protestierte.
Gesammelte Materialien für Aktive gibt es beim Landesverband für 5 EUR.

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Quelle:
BUNDmagazin 3/2010, S. 32-33
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
Friends of the Earth Germany
Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin
Tel. 030/27586-457, Fax. 030/27586-440
Email: redaktion@bund.net
Internet: www.bund.net

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des BUND und erscheint viermal im Jahr


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Dezember 2010