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KLIMA/088: Energieeffizienz zahlt sich aus - Interview mit EU-Kommissarin Hedegaard (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 5. Oktober 2011

Klima: Energieeffizienz zahlt sich aus - Interview mit EU-Kommissarin Hedegaard

von Rousbeh Legatis


New York, 5. Oktober (IPS) - Bevor im kommenden Jahr die erste Bindefrist des Kioto-Protokolls endet, will die EU-Kommissarin für Klimaschutz, Connie Hedegaard, weitere Länder dazu bewegen, Verpflichtungen zur Reduzierung der Treibhausgase einzugehen.

Auf der kommenden UN-Klimakonferenz im südafrikanischen Durban vom 28. November bis 9. Dezember wollen die Staats- und Regierungschefs erneut über globale Maßnahmen gegen den Klimawandel beraten.

Nach Ansicht von Hedegaard ist das marktwirtschaftliche System des Emissionshandels der kosteneffizienteste Weg, um Klimaschutzstrategien voranzutreiben. "Als Politiker können wir Ziele setzen. Die Unternehmen müssen dann spezielle Lösungen finden und in die Tat umsetzen", sagte die Dänin, die der Konservativen Volkspartei angehört, im Interview mit IPS.

"Viele Regierungen regeln Dinge, die ihr eigenes Land betreffen. Es ist also nicht so, dass sie das Problem nicht ernst nehmen.", erklärte Hedegaard. "Es gibt allerdings einen Widerspruch zwischen der Dringlichkeit, mit der wir den Klimawandel wahrnehmen, und dem Mangel an ausreichendem Fortschritt bei der internationalen Umsetzung."


USA müssen mit ins Klimaschutzboot

Um die ehrgeizigen Ziele zu erreichen, brauche Europa nicht nur Verpflichtungen seitens der Schwellenländer, sondern auch verbindliche Zusagen der USA, sagte sie. "Europa baut auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten erneuerbare Energien aus. Wir vollziehen den Wandel und sind daher der lebende Beweis dafür, dass es einen Unterschied macht, wenn man größere Verpflichtungen eingeht und Ziele setzt. Deshalb ist es unerlässlich, dass uns diejenigen folgen, die die meisten Treibhausgase produzieren."

Andere Staaten sollten sich der EU auch deshalb anschließen, weil ambitionierte Klimastrategien die Wirtschaft beleben könnten, meinte Hedegaard. Wie man in Europa sehen könne, gehe es auch um die Frage, wer am besten positioniert sei, von den aufstrebenden Zukunftsmärkten - namentlich dem Markt für erneuerbare Energien - zu profitieren. Klimaschutz sei somit kein isoliertes Thema.

"In der europäischen Debatte sind Klima, Energie, Ressourceneffizienz und die Schaffung von Arbeitsplätzen eng miteinander verbunden. Heutzutage findet man in Europa kaum noch Firmenchefs, die nicht einsehen, dass sich mehr Energieeffizienz auszahlt", erklärte Hedegaard. In den europäischen Ländern habe man über einen bestimmten Zeitraum ein Wirtschaftswachstum von mehr als 40 Prozent und eine Industrieproduktion von über 36 Prozent bei gleichzeitiger Reduktion der CO2-Emissionen erzielen können. "Über viele Jahre haben wir also bewiesen, dass wir in Europa Wirtschaftswachstum erleben und dennoch Energieverbrauch und Emissionen verringern können."

Zur künftigen Rolle der Schwellenländer, deren Treibhausgasausstoß rasant gestiegen ist, sagte Hedegaard: "Brasilien, China, Indien und Südafrika haben sich eigene Ziele gesetzt und entwickeln zu Hause Strategien. In einer globalen Welt mit globalen Herausforderungen wie dem Klimawandel brauchen wir aber globale Antworten."


Reicher Teil der Welt soll mehr fürs Klima tun

Im 21. Jahrhundert reiche es nicht aus, wenn nur die EU, die Schweiz, Norwegen und vielleicht noch Neuseeland Verpflichtungen eingingen, meinte die EU-Kommissarin. Diese drei Länder verursachten zusammen etwa 13 bis 14 Prozent aller CO2-Emissionen. Doch die Verursacher der verbleibenden rund 85 Prozent müssten in die Pflicht genommen werden. "Dies bedeutet nicht, dass wir in Europa von Indien das Gleiche erwarten würden wie von uns", betonte Hedegaard. "Im reichen Teil der Erde müssen wir natürlich mehr tun und vor anderen handeln."

Hedegaard zufolge besteht aus Sichtweise der Europäer eine Verbindung zwischen Emissionshandel und Emissionsobergrenze. Andernfalls käme dieser Handel lediglich einer Steuer gleich. "Ein Limit zu setzen, ist notwendig, um Ergebnisse für die Umwelt zu erzielen", sagte sie.

Bis vor sechs Jahren hatte nur Europa ein eigenes Emissionshandelssystem. Inzwischen finden sich immer mehr Nachahmer wie etwa Korea. Ebenfalls in diesem Bereich kommt auch der US-Bundesstaat Kalifornien voran. In Australien findet sich inzwischen eine Mehrheit für ein Gesetz, das den Handel mit CO2-Zertifikaten ab 2015 vorsieht. In Neuseeland ist ein solches Emissionshandelsschema bereits vorhanden. (Ende/IPS/ck/2011)


Links:
http://ec.europa.eu/commission_2010-2014/hedegaard/index_en.htm
http://climate.uu-uno.org/events/view/2138/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=105270

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 5. Oktober 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Oktober 2011