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KLIMA/137: Jamaika - Von Klimakastrophen wachgerüttelt, Regierung ergreift Gegenmaßnahmen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 12. Dezember 2011

Jamaika: Von Klimakastrophen wachgerüttelt - Regierung ergreift Gegenmaßnahmen

von Zadie Neufville


Kingston, 12. Dezember (IPS) - In Jamaika haben die zunehmend heftiger werdenden Wirbelstürme, Überschwemmungen und Dürren die Regierung von der Notwendigkeit überzeugt, Maßnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen. Nun versuchen die Behörden die Zeit aufzuholen, die durch eine langjährige Untätigkeit verloren ging.

So wurden bereits mehrere Projekte in Gang gesetzt, doch fehlt es nach wie vor an einer übergreifenden Koordinierungsstelle. Immerhin arbeiten die zuständigen Institutionen inzwischen enger zusammen, um nachhaltige Klimalösungen auch unter der Berücksichtigung der lokalen Gemeinschaften zu finden.

Die Leiterin der jamaikanischen Forstbehörde, Marilyn Headley, verweist auf eine ganze Reihe von Initiativen, die die Folgen der globalen Erderwärmung abmildern sollen. "Die Hälfte aller Jamaikaner vergißt nur zu leicht, dass sich ohne Wald der Klimawandel kaum bekämpfen lässt", betont sie und verweist auf die besondere Bedeutung der Gebirgswälder.

Seit Projektbeginn hat die Forstbehörde mit der Wiederaufforstung von 300 Hektar eines verödeten Wassereinzugsgebietes begonnen. Darüber hinaus sollen 2.600 Hektar Wald unter Schutz gestellt und Baum- und Obstbaumsetzlinge im Rahmen eines weiteren Wiederaufforstungsprogramms auf einer Fläche von 300.000 Hektar ausgebracht werden. Auch werden lokale Gemeinden darin geschult, Waldbrände zu verhindern beziehungsweise zu kontrollieren.

Ebenso sind Gutachten über das Ausmaß der Entwaldung auf Jamaika in Arbeit. Wie Headley betonte, werden die Wiederaufforstungsmaßnahmen durch die Tatsache erschwert, dass sich gerade einmal ein Drittel der verbliebenen 336.000 Hektar Wald in staatlicher Hand befindet.


Landwirtschaft geschädigt

Die von extremen Niederschlägen und Dürren heimgesuchte Landwirtschaft hat noch nicht von Strategien zur Abmilderung der Folgen des Klimawandels profitiert. Auf Jamaika befinden sich derzeit ganze landwirtschaftliche Sektoren im Niedergang. 2008 konnten keine Bananen exportiert werden, nachdem Stürme die Felder verwüstet hatten. Das Gleiche lässt sich inzwischen auch über die Kaffeeindustrie sagen.

Im zweiten nationalen Informationsaustausch über den Klimawandel, der den Kurs der jamaikanischen Klimapolitik vorgibt, wird die Landwirtschaft als "eine der wichtigsten Wirtschaftszweige Jamaikas" identifiziert. Doch die Veränderungen von Temperaturen{, Niederschlägen und der hohen}[und Niederschlägen sowie die hohe] CO2-Konzentration in der Atmosphäre hätten sich negativ auf die Agrarproduktion ausgewirkt, warnt das Papier.

Jamaikas Anfälligkeit für die negativen Folgen des Klimawandels wird weiter vergrößert, weil dem Land die finanziellen Mittel fehlen, um die grundlegende Infrastruktur aufrecht zu halten. Ein weiteres Problem ist das mangelnde Wissen der Bevölkerung, wie sie auf den Klimawandel reagieren soll. Aufklärungskursen kommt deshalb in den staatlichen Programmen eine Schlüsselrolle zu.

Trotz der Gefahren, die der Klimawandel für die Menschen auf Jamaika bereit erhält, sind 73 Prozent der Bevölkerung nicht gegen Schäden an ihren Häusern versichert, wie eine Studie des Meteorologischen Dienstes herausfand.

Die Forstbehörde und das Nationale Amt für Umwelt und Planung (NEPA) haben kommunale Gruppen gegründet, die den Erfolg der Programme zur Abmilderung der Auswirkungen der Erderwärmung überprüfen sollen. Von beiden Institutionen wird erwartet, dass sie sich Gedanken etwa über alternative Einkommensquellen machen, sagte der Leiter der NEPA-Abteilung für politische Maßnahmen und Planung, Anthony McKenzie.

Im kommenden Januar will die Forstbehörde zusätzlich zu den bestehenden acht Waldwirtschaftskomitees drei weitere ins Leben rufen. Ihre Aufgabe ist es, für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung und den Schutz der Wälder zu sorgen.

Die Anfälligkeit Jamaikas für extreme Klimaanomalien zeigte sich besonders deutlich Anfang 2011, als einen Tag vor Beginn der Hurrikan-Saison die Straßen den Wassermengen nachgaben, die acht Tage in Form heftiger Regenfälle auf den Inselstaat niedergeprasselt waren. Bereits durch zwölf Klimaanomalien in fünf Jahren angeschlagen, kollabierten Brücken und Straßen. Von Unkraut überwucherte und mit Geröll und Müll verstopfte Wasserkanäle barsten nach Jahrzehnten der Vernachlässigung und verursachten schwere Überschwemmungen.


Geringe Mittel für Präventionsmaßnahmen

Anfang des Jahres fanden die Behörden heraus, dass 310 von 900 untersuchten Dörfern hochgradig anfällig für Naturkatastrophen waren, wie Ronald Jackson, Jamaikas Katastrophenschutzbeauftragter, im Juni erklärte. Als Ursache wurden unzureichende Entwicklungsmaßnahmen identifiziert. Da immer mehr Gelder für Nothilfe und Wiederaufbau erforderlich seien, kämen Präventivmaßnahmen zu kurz, warnte der Leiter der Katastrophenschutzbehörde ODPEM.

NEPA kommt nun die Aufgabe zu, die Küstengebiete und die Artenvielfalt im Lande zu schützen. Der Forstbehörde, die für die staatlich kontrollierten Waldgebiete zuständig ist, obliegt die Aufgabe, die Wassereinzugsgebiete wiederaufzuforsten und für ein nachhaltiges Management und den Schutz der Wälder zu sorgen. In Küstengebieten werden beispielsweise Seegras ausgebracht und Mangroven gepflanzt, die das Schmutzwasser filtern und auch als Kinderstube für Fische, natürliche Wellenbrecher und Deiche eine besondere Rolle spielen.

In Portland Cottage, einem Fischerdorf an Jamaikas Südküste, hat NEPA mit der Karibischen Stiftung für Küstenmanagement mehr als 3.000 Mangrovensetzlinge ausgebraucht. Berichten zufolge rettete der Mangrovenwald der Ortschaft 2004 tausende Menschen vor den Fluten, die Hurrikan Ivan mit sich brachte.

NEPA und das Karibik-Büro des Informationsdienstes 'Panos' arbeiten gemeinsam daran, die Wissenslücken in den Dörfern Portland Cottage und Mocho zu schließen, wie die Panos-Regionaldirektorin Indi Maclymont Lafayette gegenüber IPS berichtete. "Die Politiker geben sich zwar alle Mühe, die Insel vor den Auswirkungen des Klimawandels zu schützen", sagte Maclymont Lafayette. "Dennoch muss mehr getan werden, um die klimaanfälligen Sektoren und Menschen im Lande vor den Auswirkungen der Klimakrise zu schützen."

Hilfe kommt auch von außerhalb. So finanziert die Europäische Union den Wald- und Küstenschutz Jamaikas mit 4,13 Millionen Euro. Das UN-Umweltprogramm UNEP und das Jamaikanische Planungsbüro unterstützen ein auf 30 Monate ausgelegtes Schutzprojekt. (Ende/IPS/kb/2011)


Links:
http://www.nepa.gov.jm/index.asp
http://www.pioj.gov.jm/
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=106170

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Dezember 2011